Language of document : ECLI:EU:C:2024:549

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

27. Juni 2024(*)

Inhaltsverzeichnis



„Rechtsmittel – Wettbewerb – Pharmazeutische Erzeugnisse – Markt für Perindopril – Art. 101 AEUV – Kartelle – Aufteilung der Märkte – Potenzieller Wettbewerb – Bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs – Strategie zur Verzögerung des Markteintritts von Perindopril-Generika – Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits – Patentlizenzvertrag – Vereinbarung über die Übertragung und Lizenzierung von Technologie – Art. 102 AEUV – Relevanter Markt – Missbrauch einer beherrschenden Stellung“

In der Rechtssache C‑176/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Februar 2019,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Castilla Contreras, B. Mongin, J. Norris und C. Vollrath, dann durch F. Castilla Contreras, F. Castillo de la Torre, B. Mongin, J. Norris und C. Vollrath, schließlich durch F. Castilla Contreras, F. Castillo de la Torre, J. Norris und C. Vollrath als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

unterstützt durch:

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, zunächst vertreten durch D. Guðmundsdóttir als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, KC, dann durch L. Baxter, D. Guðmundsdóttir, F. Shibli und J. Simpson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Holmes, KC, und P. Woolfe, Barrister, schließlich durch S. Fuller als Bevollmächtigten im Beistand von J. Holmes, KC, und P. Woolfe, Barrister,

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

andere Parteien des Verfahrens:

Servier SAS mit Sitz in Suresnes (Frankreich),

Servier Laboratories Ltd mit Sitz in Stoke Poges (Vereinigtes Königreich),

Les Laboratoires Servier SAS mit Sitz in Suresnes,

vertreten durch O. de Juvigny, J. Jourdan, T. Reymond und A. Robert, Avocats, J. Killick, Advocaat, und M. I. F. Utges Manley, Solicitor,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) mit Sitz in Genf (Schweiz), vertreten durch F. Carlin, Avocate, und Rechtsanwältin N. Niejahr,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat, und R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. und 21. Oktober 2021,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Juli 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission (T‑691/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:922), mit dem Art. 4, soweit mit ihm die Beteiligung der Servier SAS und der Laboratoires Servier SAS an den in diesem Artikel genannten Zuwiderhandlungen festgestellt wird, Art. 6, Art. 7 Abs. 4 Buchst. b und Art. 7 Abs. 6 des Beschlusses C(2014) 4955 final der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren zur Anwendung der Artikel 101 [AEUV] und 102 [AEUV] (Sache AT.39612 – Perindopril [Servier]) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt wurden.

I.      Rechtlicher Rahmen

2        In den Rn. 13 bis 15, 17 und 24 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) heißt es

„Die Wettbewerbskräfte

13.      D[ie] Wettbewerbskräfte, denen die Unternehmen unterliegen, speisen sich hauptsächlich aus drei Quellen: Nachfragesubstitutierbarkeit, Angebotssubstituierbarkeit und potentieller Wettbewerb. Aus wirtschaftlicher Sicht – im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes – stellt die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt, vor allem was ihre Preisentscheidungen anbetrifft. Ein Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen kann die gegebenen Verkaufsbedingungen – wie z. B. den Preis – nicht erheblich beeinflussen, wenn die Kunden in der Lage sind, ohne Weiteres auf vor Ort verfügbare Substitute oder ortsfremde Anbieter auszuweichen. Die Abgrenzung des relevanten Marktes besteht im Wesentlichen darin, das den Kunden tatsächlich zur Verfügung stehende Alternativangebot zu bestimmen, und zwar sowohl in Bezug auf verfügbare Waren und Dienstleistungen als auch den Standort der Anbieter.

14.      Die Wettbewerbskräfte, die durch die Angebotssubstituierbarkeit – außer was die unter den Randnummern 20 bis 23 genannten Fälle anbetrifft – und den potentiellen Wettbewerb gegeben sind, wirken im Allgemeinen weniger unmittelbar und erfordern auf jeden Fall die Untersuchung weiterer Faktoren. Im Ergebnis werden diese Kräfte im Rahmen der wettbewerblichen Würdigung als Teil der wettbewerblichen Prüfung berücksichtigt.

Nachfragesubstituierbarkeit

15.      Die Beurteilung der Substituierbarkeit der Nachfrage erfordert eine Bestimmung derjenigen Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen werden. Eine Möglichkeit, diese Bestimmung vorzunehmen, lässt sich als ein gedankliches Experiment betrachten, bei dem von einer geringen, nicht vorübergehenden Änderung der relativen Preise ausgegangen und eine Bewertung der wahrscheinlichen Reaktion der Kunden vorgenommen wird. Aus verfahrensmäßigen und praktischen Erwägungen steht bei der Marktabgrenzung der Preis im Mittelpunkt, genauer gesagt die Nachfragesubstitution aufgrund kleiner, dauerhafter Änderungen bei den relativen Preisen. Hieraus lassen sich klare Hinweise in Bezug auf die für die Definition von Märkten relevanten Informationen gewinnen.

17.      Die zu beantwortende Frage lautet, ob die Kunden der Parteien als Reaktion auf eine angenommene kleine, bleibende Erhöhung der relativen Preise (im Bereich zwischen 5 und 10 %) für die betreffenden Produkte und Gebiete auf leicht verfügbare Substitute ausweichen würden. Ist die Substitution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrückgang eine Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werden in den sachlich und räumlich relevanten Markt so lange weitere Produkte und Gebiete einbezogen, bis kleine, dauerhafte Erhöhungen der relativen Preise einen Gewinn einbrächten. …

Potentieller Wettbewerb

24.      Der dritte Faktor, der Wettbewerbsdruck erzeugt, nämlich der potentielle Wettbewerb, wird bei der Marktdefinition nicht herangezogen, da die Voraussetzungen, unter denen potenzieller Wettbewerb eine wirksame Wettbewerbskraft darstellt, von bestimmten Faktoren und Umständen im Zusammenhang mit den Markteintrittsbedingungen abhängt. Sofern erforderlich, wird diese Untersuchung in einer späteren Stufe vorgenommen, wenn die Stellung der beteiligten Unternehmen auf dem relevanten Markt bestimmt worden ist und diese Stellung zu Wettbewerbsbedenken Anlass gibt.“

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

3        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie insbesondere in den Rn. 1 bis 73 des angefochtenen Urteils dargestellt ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

4        Die Servier SAS ist die Muttergesellschaft des Pharmakonzerns Servier mit den Tochtergesellschaften Les Laboratoires Servier SAS und Servier Laboratories Ltd (im Folgenden einzeln oder zusammen: Servier). Die Les Laboratoires Servier SAS ist auf die Entwicklung von Originalpräparaten spezialisiert, ihre Tochtergesellschaft Biogaran SAS auf die Entwicklung von Generika.

A.      Perindopril von Servier

5        Servier entwickelte das Arzneimittel Perindopril, das hauptsächlich zur Behandlung von arterieller Hypertonie und Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Es zählt zu den Hemmern des angiotensinkonvertierenden Enzyms (Angiotensin Converting Enzyme) (im Folgenden: ACE‑Hemmer). Die 16 ACE‑Hemmer, die es seinerzeit gab, waren im anatomisch-therapeutisch-chemischen (Anatomical Therapeutic Chemical, ATC) Klassifikationssystem der Arzneistoffe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowohl auf der dritten (therapeutische Indikationen) als auch auf der vierten Ebene (Wirkmechanismus) allesamt in die Gruppe „ACE‑Hemmer, rein“ eingereiht. Der Wirkstoff von Perindopril liegt in Form eines Salzes vor. Ursprünglich wurde das Salz Erbumin verwendet.

6        Für den Wirkstoff von Perindopril wurde am 29. September 1981 von einer Gesellschaft des Servier-Konzerns beim Europäischen Patentamt (EPA) das Patent EP0049658 angemeldet. Dieses lief eigentlich am 29. September 2001 ab. In mehreren Mitgliedstaaten, u. a. im Vereinigten Königreich, wurde sein Schutz aber bis zum 22. Juni 2003 verlängert. In Frankreich wurde der Schutz des Patents bis zum 22. März 2005, in Italien bis zum 13. Februar 2009 verlängert.

7        Am 16. September 1988 meldete Servier beim EPA mehrere Patente für Verfahren zur Herstellung des Wirkstoffs von Perindopril (EP0308339, EP0308340, EP0308341 und EP0309324) an, die am 16. September 2008 abliefen.

8        Am 6. Juli 2001 meldete Servier beim EPA für die Kristallform Alpha von Erbumin (Perindopril) und das Verfahren zu deren Herstellung das Patent EP1296947 an. Dieses wurde am 4. Februar 2004 erteilt.

9        Servier meldete am 6. Juli 2001 außerdem in mehreren Mitgliedstaaten, die seinerzeit noch nicht dem am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten und am 7. Oktober 1977 in Kraft getreten Europäischen Patentübereinkommen beigetreten waren, nationale Patente an. So meldete Servier etwa in Bulgarien (BG 107 532), in der Tschechischen Republik (PV2003-357), in Estland (P200300001), in Ungarn (HU225340), in Polen (P348492) und in der Slowakei (PP0149-2003) dem Patent EP1296947 entsprechende Patente an. Diese wurden am 16. Mai 2006 (Bulgarien), 17. August 2006 (Ungarn), 23. Januar 2007 (Tschechische Republik), 23. April 2007 (Slowakei) bzw. 24. März 2010 (Polen) erteilt.

B.      Perindopril von Krka

10      Die KRKA, tovarna zdravil, d.d. (im Folgenden: Krka), ein in Slowenien ansässiger Generikahersteller, begann 2003 mit der Entwicklung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Perindopril in Gestalt von Erbumin in der Kristallform Alpha, auf die sich das Patent EP1296947 bezieht (im Folgenden: Perindopril von Krka). 2005 und 2006 wurden Krka mehrere Genehmigungen für das Inverkehrbringen erteilt, und Krka begann damit, ihr Perindopril in mehreren mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten, insbesondere in Ungarn und in Polen, in Verkehr zu bringen. Gleichzeitig traf Krka seinerzeit Vorbereitungen für das Inverkehrbringen des Arzneimittels in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich.

C.      Rechtsstreitigkeiten über Perindopril

11      2003 bis 2009 kam es zwischen Servier und Herstellern, die sich anschickten, ein Perindopril-Generikum in Verkehr zu bringen, zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten.

1.      Entscheidungen des EPA

12      Gegen das Patent EP1296947 legten 2004 zehn Generikahersteller, u. a. die Niche Generics Ltd (im Folgenden: Niche), Krka, die Lupin Ltd und die Norton Healthcare Ltd, eine Tochtergesellschaft von Ivax Europe, die sich in der Folge mit der Teva Pharmaceutical Industries Ltd, der Muttergesellschaft des auf die Herstellung von Generika spezialisierten Teva-Konzerns, zusammenschloss, beim EPA Einspruch ein, um den Widerruf des Patents zu erwirken. Sie machten geltend, dass die Erfindung nicht neu sei und es überhaupt an einer erfinderischen Tätigkeit fehle und dass die Offenbarung der Erfindung ungenügend sei.

13      Die Einspruchsabteilung des EPA erhielt das Patent EP1296947 mit Entscheidung vom 27. Juli 2006 aufrecht (im Folgenden: Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006). Gegen diese Entscheidung wurden bei der Technischen Beschwerdekammer des EPA Beschwerden eingelegt. Nach Abschluss des Vergleichs mit Servier nahm Niche ihren Widerspruch am 9. Februar 2005 zurück. Krka und Lupin nahmen ihre bei der Technischen Beschwerdekammer des EPA eingelegten Beschwerden am 11. Januar 2007 bzw. 5. Februar 2007 zurück.

14      Mit Entscheidung vom 6. Mai 2009 hob die Technische Beschwerdekammer des EPA die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 auf und widerrief das Patent EP1296947. Der von Servier gestellte Antrag auf Überprüfung dieser Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer wurde am 19. März 2010 zurückgewiesen.

2.      Entscheidungen der nationalen Gerichte

15      Bei bestimmten nationalen Gerichten wurden von Generikaherstellern Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents EP1296947 erhoben. Servier erhob gegen die betreffenden Generikahersteller Klagen wegen Patentverletzung und beantragte den Erlass einstweiliger Verfügungen. Wegen der Vergleiche, die Servier 2005 bis 2007 mit Niche, der Matrix Laboratories Ltd (im Folgenden: Matrix), Teva, Krka und Lupin schloss, wurden diese Verfahren größtenteils beendet, noch bevor die angerufenen Gerichte endgültig über die Gültigkeit des Patents EP1296947 befinden konnten.

16      Im Vereinigten Königreich wurde das Patent EP1296947 allein in dem Rechtsstreit zwischen Servier und der Apotex Inc. gerichtlich für nichtig erklärt. Servier hatte gegen Apotex, die damit begonnen hatte, auf dem Markt des Vereinigten Königreichs ein Perindopril-Generikum in Verkehr zu bringen, beim High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (patents court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Chancery-Abteilung [Patentkammer], Vereinigtes Königreich), am 1. August 2006 Klage wegen Verletzung des Patents EP1296947 erhoben. Am 8. August 2006 wurde gegen Apotex eine einstweilige Verfügung erlassen. Am 6. Juli 2007 wurde diese auf eine Widerklage von Apotex hin aufgehoben und das Patent EP1296947 für nichtig erklärt, so dass Apotex auf dem Markt des Vereinigten Königreichs ein Perindopril-Generikum in Verkehr bringen konnte. Die Entscheidung, mit der das Patent EP1296947 für nichtig erklärt wurde, wurde im Berufungsverfahren am 9. Mai 2008 bestätigt.

17      In den Niederlanden erhob die Katwijk Farma BV, eine Tochtergesellschaft von Apotex, bei einem Gericht dieses Mitgliedstaats am 13. November 2007 Klage auf Nichtigerklärung des Patents EP1296947. Servier beantragte bei diesem Gericht den Erlass einstweiliger Verfügungen. Der Antrag wurde am 30. Januar 2008 zurückgewiesen. Mit einer Entscheidung vom 11. Juni 2008, die in einem von der Pharmachemie BV, einer Gesellschaft des Teva-Konzerns, eingeleiteten Verfahren erging, erklärte das betreffende Gericht das Patent EP1296947 für die Niederlande für nichtig. Daraufhin nahmen Servier und Katwijk Farma ihre Klage bzw. ihren Antrag zurück.

18      Auch zwischen Servier und Krka kam es vor den nationalen Gerichten zu mehreren Rechtsstreitigkeiten über Perindopril.

19      Am 30. Mai 2006 beantragte Servier in Ungarn, das Inverkehrbringen des Perindoprils von Krka wegen Verletzung des Patents EP1296947 im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verbieten. Der Antrag wurde im September 2006 zurückgewiesen.

20      Im Vereinigten Königreich erhob Servier gegen Krka beim High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (patents court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Chancery-Abteilung [Patentkammer]), am 28. Juli 2006 Klage wegen Verletzung des Patents EP0308340. Am 2. August 2006 erhob Servier bei diesem Gericht gegen Krka Klage wegen Verletzung des Patents EP1296947 und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Krka erhob am 1. September 2006 eine erste Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents EP1296947, verbunden mit dem Antrag auf Durchführung eines summarischen Verfahrens („motion of summary judgment“), und am 8. September 2006 eine zweite Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents EP0308340. Das betreffende Gericht gab dem Antrag von Servier auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 3. Oktober 2006 statt und wies den von Krka am 1. September 2006 gestellten Antrag auf Durchführung eines summarischen Verfahrens zurück (im Folgenden: Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006). Nachdem die Parteien einen Vergleich geschlossen hatten, wurde das Verfahren am 1. Dezember 2006 für erledigt erklärt und die einstweilige Verfügung aufgehoben.

D.      Vereinbarungen Servier/Krka

21      Servier schloss mit Krka drei Vereinbarungen (im Folgenden: Vereinbarungen Servier/Krka): am 27. Oktober 2006 einen Vergleich (im Folgenden: Vergleich Servier/Krka) und eine Lizenzvereinbarung, die durch einen Zusatz vom 2. November 2006 ergänzt wurde (im Folgenden: Lizenzvereinbarung Servier/Krka, beide Vereinbarungen zusammen: Vergleich und Lizenzvereinbarung Servier/Krka), und am 5. Januar 2007 eine Übertragungs- und Lizenzvereinbarung (im Folgenden: Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka).

22      Der Vergleich Servier/Krka bezog sich auf das Patent EP1296947 und die vergleichbaren nationalen Patente. Mit diesem Vergleich, der mit dem Ablauf oder dem Widerruf des Patents EP1296947 oder des Patents EP0308340 enden sollte, verpflichtete sich Krka, in Bezug auf das Patent EP1296947 weltweit und in Bezug auf das Patent EP0308340 im Vereinigten Königreich keine Ansprüche mehr geltend zu machen und künftig weltweit keines dieser beiden Patente mehr anzufechten. Außerdem war es Krka und ihren Tochtergesellschaften untersagt, während der Laufzeit des Patents EP1296947 in den Ländern, in denen dieses Patent noch gültig war, ohne ausdrückliche Genehmigung durch Servier ein Perindopril-Generikum herauszubringen oder in Verkehr zu bringen, das das Patent verletzt. Ferner war es Krka untersagt, ein solches Generikum ohne ausdrückliche Genehmigung durch Servier an Dritte zu liefern. Im Gegenzug verpflichtete sich Servier, die gegen Krka wegen Verletzung der Patente EP1296947 und EP0308340 erhobenen Klagen und die entsprechenden Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen weltweit zurückzunehmen.

23      Mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, deren Laufzeit der Dauer der Gültigkeit des Patents EP1296947 entsprach, gewährte Servier Krka für die Verwendung, die Herstellung, den Verkauf, das Anbieten zum Verkauf, die Bewerbung und die Einfuhr der eigenen Produkte mit Erbumin in der Kristallform Alpha in der Tschechischen Republik, in Lettland, in Litauen, in Ungarn, in Polen, in Slowenien und in der Slowakei (im Folgenden: Hauptmärkte von Krka) eine ausschließliche und unwiderrufliche Lizenz an dem Patent EP1296947. Im Gegenzug war Krka nach Art. 3 der Vereinbarung verpflichtet, an Servier eine Gebühr in Höhe von 3 % der von ihr in diesen Gebieten erzielten Nettoumsätze abzuführen. Servier durfte das Patent EP1296947 in den betreffenden Staaten unmittelbar oder mittelbar, nämlich für eine ihrer Tochtergesellschaften oder für einen einzigen Dritten je Staat, verwenden.

24      Nach der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka übertrug Krka zwei Patentanmeldungen, die ein Verfahren zur Synthese von Perindopril (WO 2005 113500) bzw. die Zubereitung von Perindopril-Präparaten (WO 2005 094793) betrafen, auf Servier. Die durch diese Patentanmeldungen geschützte Technologie wurde für die Herstellung des Perindoprils von Krka verwendet. Krka verpflichtete sich, die Patente, die auf der Grundlage der betreffenden Anmeldungen erteilt würden, nicht anzufechten. Als Gegenleistung für diese Übertragung zahlte Servier an Krka 30 Mio. Euro.

25      Außerdem gewährte Servier Krka eine nicht ausschließliche, unwiderrufliche, nicht übertragbare und gebührenfreie Lizenz ohne Recht zur Gewährung von Unterlizenzen, außer an ihre Tochtergesellschaften, an den Anmeldungen oder den auf diese hin erteilten Patenten. Diese Lizenz war zeitlich, räumlich und hinsichtlich ihrer möglichen Verwendung unbegrenzt.

III. Streitiger Beschluss

26      Die Kommission erließ am 9. Juli 2014 den streitigen Beschluss.

27      Sie hat festgestellt, dass Servier dadurch, dass sie sich an den Vergleichen Servier/Niche, Servier/Matrix und Servier/Teva, den Vereinbarungen Servier/Krka und dem Vergleich Servier/Lupin beteiligt habe, gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe (streitiger Beschluss, Art. 1 bis 5). Die Vereinbarungen Servier/Krka hätten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dargestellt, die sich mit Ausnahme der Hauptmärkte von Krka auf alle Staaten erstreckt habe, die zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewesen seien. Die Zuwiderhandlung habe – außer im Fall von Bulgarien und Rumänien, wo sie am 1. Januar 2007 begonnen habe, Malta, wo sie am 1. März 2007 begonnen habe, und Italien, wo sie am 13. Februar 2009 begonnen habe – am 27. Oktober 2006 begonnen und – außer im Fall des Vereinigten Königreichs, wo sie am 6. Juli 2007 geendet habe, und der Niederlande, wo sie am 12. Dezember 2007 geendet habe – am 6. Mai 2009 geendet (streitiger Beschluss, Art. 4).

28      Wegen der Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV hat die Kommission gegen Servier Geldbußen in Höhe von insgesamt 289 727 200 Euro verhängt, wovon 37 661 800 Euro auf die Beteiligung an den Vereinbarungen Servier/Krka entfallen (streitiger Beschluss, Art. 7 Abs. 1 bis 5).

29      Außerdem hat die Kommission festgestellt, dass Servier dadurch, dass sie durch einen Technologieerwerb und fünf Vergleiche eine Ausschlussstrategie für den Markt für Perindopril und den Markt für die Technologie zur Herstellung des Wirkstoffs dieses Arzneimittels in Frankreich, in den Niederlanden, in Polen und im Vereinigten Königreich entwickelt und umgesetzt habe, gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe (streitiger Beschluss, Art. 6).

30      Wegen der Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV hat die Kommission gegen Servier eine Geldbuße in Höhe von 41 270 000 Euro verhängt (streitiger Beschluss, Art. 7 Abs. 6).

IV.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

31      Mit Klageschrift, die am 21. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Servier Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, hilfsweise auf Herabsetzung der damit gegen sie verhängten Geldbuße.

32      Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) beantragte mit einem am 2. Februar 2015 eingereichtem Schriftsatz, sie als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Servier zuzulassen. Der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts gab diesem Antrag mit Beschluss vom 14. Oktober 2015 statt.

33      Servier stützte ihren Antrag auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses auf 17 Klagegründe. Davon sind hier sieben relevant, nämlich der vierte, der neunte und der zehnte Klagegrund (Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV durch die Beteiligung an den Vereinbarungen Servier/Krka) und der 14., der 15., der 16. und der 17. Klagegrund (Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV).

34      Das Gericht hat den Klagegründen, mit denen sich Servier gegen die Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV wendete, stattgegeben. Es hat im Wesentlichen angenommen, dass die Kommission weder eine bezweckte noch eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs nachgewiesen habe. Entsprechend hat es Art. 4 des streitigen Beschlusses, mit dem festgestellt wurde, dass Servier durch ihre Beteiligung an den Vereinbarungen Servier/Krka gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe, und Art. 7 Abs. 4 Buchst. b des streitigen Beschlusses, mit dem gegen Servier wegen dieser Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängt wurde, für nichtig erklärt.

35      Das Gericht hat auch den Klagegründen, mit denen sich Servier gegen die Definition des Marktes für Perindopril und die Feststellung eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf diesem Markt und auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril wendete, stattgegeben. Es hat im Wesentlichen angenommen, dass die Definition des Marktes für Perindopril unter Beurteilungsfehlern leide und die Feststellungen, die im streitigen Beschluss zur beherrschenden Stellung von Servier auf den relevanten Märkten getroffen worden seien, deshalb fehlerhaft seien. Entsprechend hat es Art. 6 des streitigen Beschlusses, mit dem der Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch Servier festgestellt wurde, und Art. 7 Abs. 6 des streitigen Beschlusses, mit dem gegen Servier wegen dieser Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängt wurde, für nichtig erklärt.

36      Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen.

V.      Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

37      Mit Schriftsatz, der am 22. Februar 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Kommission das vorliegende Rechtsmittel eingelegt.

38      Mit Schriftsatz, der am 22. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Der Präsident des Gerichtshofs hat diesem Antrag mit Entscheidung vom 19. Juni 2019 stattgegeben.

39      Der Gerichtshof hat die Parteien aufgefordert, bis zum 4. Oktober 2021 schriftlich zu den Urteilen vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, EU:C:2021:243), vom 25. März 2021, Sun Pharmaceutical Industries und Ranbaxy [UK]/Kommission (C‑586/16 P, EU:C:2021:241), vom 25. März 2021, Generics (UK)/Kommission (C‑588/16 P, EU:C:2021:242), vom 25. März 2021, Arrow Group und Arrow Generics/Kommission (C‑601/16 P, EU:C:2021:244), und vom 25. März 2021, Xellia Pharmaceuticals und Alpharma/Kommission (C‑611/16 P, EU:C:2021:245), Stellung zu nehmen. Die Kommission, Servier, die EFPIA und das Vereinigte Königreich haben innerhalb der gesetzten Frist Stellung genommen.

40      Das mündliche Verfahren ist am 14. Juli 2022 nach der Stellung der Schlussanträge der Generalanwältin abgeschlossen worden.

41      Die Kommission beantragt,

–        die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des angefochtenen Urteils, mit denen Art. 4 streitigen Beschluss, soweit darin festgestellt wird, dass sich Servier an den Vereinbarungen Servier/Krka beteiligt habe, Art. 7 Abs. 4 Buchst. b des streitigen Beschluss, mit dem die gegen Servier wegen Abschluss dieser Vereinbarungen verhängte Geldbuße festgesetzt wird, Art. 6 des streitigen Beschlusses, mit dem festgestellt wird, dass Servier gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe, und Art. 7 Abs. 6 des streitigen Beschlusses, mit dem die gegen Servier wegen dieser Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße festgesetzt wird, für nichtig erklärt werden, aufzuheben;

–        das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als die Anlagen A 286 und A 287 der Klageschrift und Anlage C 29 der erstinstanzlichen Erwiderung für zulässig erklärt werden;

–        endgültig über die Klage von Servier auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu entscheiden und den Antrag von Servier auf Nichtigerklärung von Art. 4, Art. 7 Abs. 4 Buchst. b, Art. 6 und Art. 7 Abs. 6. streitigen Beschlusses zurückzuweisen; ihrem Antrag, die Anlagen A 286 und A 287 der Klageschrift und Anlage C 29 der erstinstanzlichen Erwiderung für unzulässig zu erklären, stattzugeben;

–        Servier die gesamten Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

42      Servier beantragt,

–        das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

43      Die EFPIA beantragt,

–        das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

44      Das Vereinigte Königreich beantragt, den Anträgen der Kommission stattzugeben.

VI.    Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

45      Mit Schriftsatz, der am 21. Juli 2022 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Servier die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt. Servier hat dies damit begründet, dass eine hinreichend kontradiktorische Erörterung der wesentlichen Punkte des Sachverhalts der vorliegenden Rechtssache gewährleistet werden müsse. Gleichzeitig wendet sich Servier gegen bestimmte Punkte der Schlussanträge der Generalanwältin. Die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens sei geboten, da die Generalanwältin dem Gerichtshof in ihren Schlussanträgen vorschlage, den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden. Das Gericht habe bestimmte Klagegründe, die komplexe Tatsachenfeststellungen erforderten, aber nicht geprüft und schon gar nicht darüber entschieden.

46      Der Gerichtshof kann jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).

47      Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verfahrensordnung sehen für die Parteien keine Möglichkeit vor, eine Stellungnahme zu den Schlussanträgen des Generalanwalts einzureichen. Nach Art. 252 Abs. 2 AEUV stellt der Generalanwalt öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen, in denen seine Mitwirkung erforderlich ist. Der Gerichtshof ist weder an diese Schlussanträge noch an ihre Begründung durch den Generalanwalt gebunden. Dass eine Partei nicht mit den Schlussanträgen des Generalanwalts einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (Urteil vom 31. Januar 2023, Puig Gordi u. a., C‑158/21, EU:C:2023:57, Rn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Im vorliegenden Fall gelangt der Gerichtshof nach Anhörung der Generalanwältin zu dem Schluss, dass Servier mit ihrem Vorbringen keine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die vom Gerichtshof im vorliegenden Fall zu erlassende Entscheidung wäre, und dass kein zwischen den Parteien oder den Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist. Der Gerichtshof verfügt nach dem Abschluss des schriftlichen und des mündlichen Verfahrens über alle erforderlichen Informationen. Er ist deshalb hinreichend unterrichtet, um über das vorliegende Rechtsmittel entscheiden zu können. Jedenfalls kann er bei einem begründeten Rechtsmittel den Rechtsstreit, wenn dieser gemäß Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Entscheidung reif ist, selbst endgültig entscheiden. Dem Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ist daher nicht stattzugeben.

VII. Zum Rechtsmittel

49      Die Kommission macht elf Rechtsmittelgründe geltend. Sie meint, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Vereinbarungen Servier/Krka keine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellten (erster, zweiter, dritter, vierter, fünfter und sechster Rechtsmittelgrund) und dass sie nicht nachgewiesen habe, dass die Vereinbarungen Servier/Krka eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs darstellten (siebter Rechtsmittelgrund).

50      Außerdem seien dem Gericht im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes für das Arzneimittel Perindopril, wie sie im streitigen Beschluss vorgenommen worden sei, um das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV zu stützen, Rechtsfehler unterlaufen (achter und neunten Rechtsmittelgrund), es habe bestimmte Schriftstücke, die Servier der Klageschrift und der erstinstanzlichen Erwiderung als Anlagen beigefügt habe, rechtsfehlerhaft für zulässig erachtet (zehnter Rechtsmittelgrund), und ihm seien bei der Beurteilung der Frage, ob ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril vorliege, Rechtsfehler unterlaufen (elfter Rechtsmittelgrund).

A.      Zu dem ersten, dem zweiten, dem dritten, dem vierten, dem fünften und dem sechsten Rechtsmittelgrund: Vorliegen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV

51      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht über die Frage, ob eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs vorliege, entschieden habe, ohne zu prüfen, ob Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier sei und ohne auf das Vorbringen von Servier hierzu einzugehen, eine Überschreitung der Grenzen der gerichtlichen Überprüfung, einen Verstoß gegen die Regeln über die Beweiserhebung, eine Verfälschung der Beweise für das Vorliegen eines potenziellen Wettbewerbs zwischen Krka und Servier und eine unzureichende und widersprüchliche Begründung des angefochtenen Urteils.

52      Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht bei der Beurteilung der Frage, ob eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs vorliege, nicht die richtigen rechtlichen Kriterien angewandt habe, eine Verfälschung der Beweise und eine unzureichende und widersprüchliche Begründung des angefochtenen Urteils.

53      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht angenommen habe, dass eine Vereinbarung zur Aufteilung von Märkten nur dann unter das Verbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV falle, wenn sie eine „undurchlässige“ Aufteilung zwischen den Vertragsparteien vorsehe, eine unzutreffende Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel [101] Absatz 3 [AEUV] auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. 2004, L 123, S. 11) und der Bekanntmachung der Kommission „Leitlinien zur Anwendung von Artikel [101 AEUV] auf Technologietransfer-Vereinbarungen“ (ABl. 2004, C 101, S. 2) und eine Verfälschung bestimmter Beweismittel.

54      Mit dem vierten Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht beanstandet habe, dass im streitigen Beschluss eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs festgestellt worden sei, ohne dass geprüft worden sei, welche Absichten die Vertragsparteien gehabt hätten, einen Verstoß gegen die Regeln über die Beweiserhebung und eine unzureichende Begründung.

55      Mit dem fünften Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf den Hauptmärkten von Krka berücksichtigt habe, obwohl im streitigen Beschluss auf diesen Märkten überhaupt keine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei.

56      Mit dem sechstem Rechtsmittelgrund rügt die Kommission einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, der dadurch erfolgt sei, dass das Gericht es aufgrund der mit den ersten fünf Rechtsmittelgründen gerügten Rechtsfehler abgelehnt habe, anzuerkennen, dass die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs dargestellt habe, und eine unzureichende Begründung.

1.      Einschlägige Randnummern des streitigen Beschlusses und des angefochtenen Urteils

a)      Streitiger Beschluss

57      In den Rn. 1670 bis 1859 des streitigen Beschlusses prüft die Kommission die Vereinbarungen Servier/Krka nach Art. 101 AEUV. Sie gelangt aus den in den Rn. 1670 bis 1812 des streitigen Beschlusses dargelegten Gründen zu dem Schluss, dass diese Vereinbarungen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dargestellt hätten, mit der eine Einschränkung des Wettbewerbs durch die Aufteilung der Märkte für Perindopril in der Union unter diesen beiden Unternehmen bezweckt worden sei.

58      Zum einen sei mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Aufteilung und Zuteilung der Unionsmärkte unter Servier und Krka bezweckt worden. Die Lizenzvereinbarung habe es Krka gestattet, im Rahmen eines faktischen Duopols mit Servier auf den Hauptmärkten von Krka weiter oder erstmals ein Perindopril-Generikum in Verkehr zu bringen. Dies sei die Gegenleistung für die Verpflichtung gewesen, die Krka mit dem Vergleich Servier/Krka eingegangen sei, nämlich, mit Servier auf den übrigen nationalen Märkten im Hoheitsgebiet der Union, den Hauptmärkten von Servier (im Folgenden: Hauptmärkte von Servier), nicht in Wettbewerb zu treten. Servier habe mit der Lizenzvereinbarung einen Anreiz für Krka schaffen wollen, die in dem Vergleich Servier/Krka vorgesehenen Einschränkungen hinzunehmen (streitiger Beschluss, Rn. 1701 bis 1763).

59      Zum anderen hätten die Vertragsparteien mit der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka ihre Wettbewerbsposition verstärken können, wie sie sich aus dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ergeben habe, indem Krka daran gehindert worden sei, ihre Technologie für die Herstellung von Perindopril an andere Generikahersteller zu veräußern, die diese hätten verwenden können, um auf den Hauptmärkten von Servier Perindopril-Generika in Verkehr zu bringen. Die 30 Mio. Euro, die Servier gezahlt habe, entsprächen nicht den Einkünften, die Servier mit der Verwertung der von Krka mit der Vereinbarung übertragenen Technologie habe erzielen können oder erwarten können. Mit der Zahlung dieses Betrags seien also die regelmäßigen Erträge aus der Verstärkung der Aufteilung der Märkte unter Servier und Krka aufgeteilt worden (streitiger Beschluss, Rn. 1764 bis 1810).

b)      Angefochtenes Urteil

60      Als Erstes legt das Gericht in den Rn. 255 bis 274 des angefochtenen Urteils dar, unter welchen Voraussetzungen es wettbewerbswidrig ist, wenn in Vergleiche zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten Bestimmungen über die Nichtanfechtung von Patenten und das Nichtinverkehrbringen von Generika aufgenommen werden. Die Aufnahme solcher Bestimmungen in solche Vergleiche sei wettbewerbswidrig, wenn ihr nicht die Anerkennung der Gültigkeit des Patents und des rechtsverletzenden Charakters der betreffenden Generika durch die Vertragsparteien zugrunde liege, sondern eine erhebliche, nicht gerechtfertigte umgekehrte Zahlung des Inhabers des Patents an den Generikahersteller, durch die dieser dazu bewogen werde, die Bestimmungen hinzunehmen. Werde ein solcher Anreiz geschaffen, seien solche Vergleiche als Marktausschlussvereinbarungen anzusehen, mit denen die aus dem Markt ausscheidenden Unternehmen von den dort verbleibenden Unternehmen entschädigt würden (angefochtenes Urteil, Rn. 271).

61      Als Zweites führt das Gericht in den Rn. 797 bis 810 des angefochtenen Urteils aus, dass eine Vertragsgestaltung, bei der ein Vergleich über die gütliche Beilegung einer Patentrechtsstreitigkeit, der Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung enthalte, mit einer üblichen geschäftlichen Vereinbarung verknüpft werde, als wettbewerbswidrig anzusehen sei, wenn der Wert, den der Patentinhaber auf der Grundlage der geschäftlichen Vereinbarung an den Generikahersteller übertrage, den Wert des Gutes, das der Generikahersteller auf der Grundlage der Vereinbarung übertrage, übersteige. Eine solche Vertragsgestaltung sei mithin als wettbewerbswidrig anzusehen, wenn die gewöhnliche geschäftliche Vereinbarung, mit der der Vergleich verknüpft werde, in Wirklichkeit dazu diene, eine Wertübertragung des Patentinhabers auf den Generikahersteller zu verschleiern, für den es keine andere Gegenleistung gebe als die Verpflichtung des Generikaherstellers, keine Konkurrenz zu machen.

62      Als Drittes äußert sich das Gericht in den Rn. 943 bis 1032 des angefochtenen Urteils zu dem Sonderfall der Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenzvereinbarung, wie sie bei dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorliege. Es meint, dass die Ausführungen, die es zu der Verknüpfung eines Vergleichs mit einer gewöhnlichen geschäftlichen Vereinbarung gemacht habe (siehe oben, Rn. 61), in einem solchen Fall nicht gälten. Die Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenzvereinbarung sei ein geeignetes Mittel, um den Rechtsstreit zu beenden, indem dem Generikahersteller der Markteintritt ermöglicht werde und den Ansprüchen beider Vertragsparteien entsprochen werde. Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung seien bei einem Vergleich legitim, wenn diesem die Anerkennung der Gültigkeit des Patents durch die Vertragsparteien zugrunde liege. Dies sei bei einer Lizenzvereinbarung, die nur Sinn ergebe, wenn die Lizenz tatsächlich genutzt werde, aber gerade der Fall (angefochtenes Urteil, Rn. 943 bis 947).

63      Für den Nachweis, dass die Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenzvereinbarung in Wirklichkeit eine umgekehrte Zahlung des Patentinhabers an den Generikahersteller verschleiere, müsse die Kommission dartun, dass die Gebühr, die der Generikahersteller dem Patentinhaber gemäß der Lizenzvereinbarung zahle, anormal niedrig sei (angefochtenes Urteil, Rn. 948 und 952).

64      Bei der Einstufung eines Vergleichs als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs müsse dies umso offenkundiger sein, als der wettbewerbsbeschränkende Charakter der in dem Vergleich enthaltenen Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung durch die wettbewerbsfördernde Wirkung der Lizenzvereinbarung, die den Markteintritt des Generikaherstellers fördere, abgemildert werde (angefochtenes Urteil, Rn. 953 bis 956).

65      Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass „… im Fall eines wirklichen Rechtsstreits zwischen den betreffenden Prozessparteien und einer Lizenzvereinbarung, die in direktem Zusammenhang mit der gütlichen Beilegung dieses Rechtsstreits steht, die Verknüpfung dieser Vereinbarung mit der Vergleichsvereinbarung kein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer umgekehrten Zahlung dar[stellt]. In einem solchen Fall kann die Kommission anhand anderer Indizien dartun, dass die Lizenzvereinbarung keine zu normalen Marktbedingungen abgeschlossene Transaktion darstellt und daher eine umgekehrte Zahlung … verschleiert“ (angefochtenes Urteil, Rn. 963).

66      Nach Maßgabe dieser Erwägungen prüft das Gericht dann in den Rn. 964 bis 1031 des angefochtenen Urteils den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka. Es gelangt zu dem Schluss, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/KRKA „keine so hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lassen, dass die Kommission sie zu Recht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einstufen konnte“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1032).

2.      Zur Zulässigkeit des ersten, des zweiten, des dritten, des vierten, des fünften und des sechsten Rechtsmittelgrundes

67      Servier macht geltend, dass das Rechtsmittel insgesamt und speziell die ersten sechs Rechtsmittelgründe aus mehreren Gründen unzulässig seien.

68      Erstens gehe es der Kommission mit ihrem Vorbringen im Rahmen der ersten vier Rechtsmittelgründe zu einem großen Teil darum, eine erneute Würdigung der Tatsachen durch das Gericht zu erreichen.

69      Hierzu ist festzustellen, dass sich aus Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, dass das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist und dass daher allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Beweiswürdigung zuständig ist. Die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel ist, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge. Eine solche Verfälschung muss sich jedoch offensichtlich aus den Akten ergeben, ohne dass es einer erneuten Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 10. Juli 2019, VG/Kommission, C‑19/18 P, EU:C:2019:578, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Dagegen ist, wenn das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt hat, der Gerichtshof befugt, seine Kontrolle auszuüben, sofern das Gericht diese Tatsachen rechtlich qualifiziert und aus ihnen rechtliche Folgen abgeleitet hat. Die Kontrollbefugnis des Gerichtshofs erstreckt sich insbesondere darauf, ob das Gericht bei seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung die richtigen rechtlichen Kriterien angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Im vorliegenden Fall macht die Kommission mit dem ersten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen geltend, dass das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Erwägungen des streitigen Beschlusses, aufgrund deren festgestellt wurde, dass Krka und Servier potenzielle Wettbewerber seien, nicht das richtige rechtliche Kriterium angewandt habe. Auch sei die Begründung des angefochtenen Urteils ungenügend oder widersprüchlich, und das Gericht habe bestimmte Beweise verfälscht. Das Gericht habe außerdem die Regeln über die Beweiserhebung und den Umfang der gerichtlichen Kontrolle nicht beachtet. Es sei nämlich nicht auf die insbesondere im Rahmen des neunten Klagegrundes erhobenen Rügen betreffend den potenziellen Wettbewerb eingegangen, habe die im streitigen Beschluss zu dem wettbewerbswidrigen Zweck des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka enthaltenen Ausführungen und Beweise nicht in vollem Umfang analysiert und habe die Begründung des streitigen Beschlusses insoweit durch seine eigene Würdigung der Tatsachen ersetzt, als es Krka Gründe für deren Entscheidung, ihr beanstandetes Verhalten nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 fortzusetzen, unterstellt habe, die es lediglich behauptet habe und die auch noch in Widerspruch zu anderen Feststellungen des Gerichts stünden.

72      Mit diesem Vorbringen wendet sich die Kommission mithin gegen die Auslegung und die Anwendung des Begriffs des potenziellen Wettbewerbs und macht einen Verstoß gegen Verfahrensregeln und die Verfälschung von Beweisen geltend. Entgegen dem Vorbringen von Servier fallen solche Rügen nach der oben in den Rn. 69 und 70 dargestellten Rechtsprechung in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels.

73      Mit dem zweiten, dem dritten und dem vierten Rechtsmittelgrund wendet sich die Kommission im Wesentlichen gegen die Ausführungen des Gerichts zu dem mit den Vereinbarungen Servier/Krka verfolgten wettbewerbswidrigen Zweck der Aufteilung der Märkte. Dabei handelt es sich aber ganz klar um eine Rechtsfrage. Es ist insoweit nämlich zu prüfen, ob das Gericht Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt oder nicht richtig angewandt hat.

74      Mit dem fünften Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht rechtsfehlerhaft wettbewerbsfördernde Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf die Hauptmärkte von Krka berücksichtigt habe, obwohl sie auf diesen Märkten überhaupt keine Zuwiderhandlung festgestellt habe, und dass solche Wirkungen eine Einschränkung des Wettbewerbs auf anderen Märkten nicht zu rechtfertigen vermöchten. Dieses Vorbringen bezieht sich auf das rechtliche Kriterium, das das Gericht bei der Beurteilung der Relevanz der von ihm festgestellten wettbewerbsfördernden Wirkungen angewandt hat. Für die Prüfung eines solchen Vorbringens ist der Gerichtshof daher im Rahmen eines Rechtsmittels zuständig.

75      Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht mit der Begründung, dass die Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs auf der unzutreffenden Feststellung einer Aufteilung der Märkte unter Krka und Servier beruhe, zu Unrecht nicht anerkannt habe, dass diese Vereinbarung eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs dargestellt habe. Dieser Rechtsmittelgrund steht und fällt also mit den Rügen, die die Kommission mit den ersten fünf Rechtsmittelgründen vorgebracht hat. Mit diesen Rügen werden aber Rechtsfehler beanstandet. Die Prüfung des sechsten Rechtsmittelgrundes fällt deshalb in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels.

76      Zweitens macht Servier ganz allgemein geltend, dass die Kommission mit ihrem Rechtsmittel lediglich ihr vom Gericht zurückgewiesenes erstinstanzliches Vorbringen wiederhole, ohne darzutun, dass das angefochtene Urteil unter Rechtsfehlern litte oder mit ihm Tatsachen verfälscht würden. Dies gelte für die Ausführungen der Kommission zum ersten Rechtsmittelgrund, insbesondere zu dessen viertem Teil, und zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes.

77      Hierzu ist festzustellen, dass aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Nach ständiger Rechtsprechung entspricht ein Rechtsmittel, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente wiederzugeben, nicht diesem Erfordernis. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (Urteil vom 24. März 2022, Hermann Albers/Kommission, C‑656/20 P, EU:C:2022:222, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Jedoch können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nämlich nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Gründe und Argumente stützen, würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (Urteil vom 24. März 2022, Hermann Albers/Kommission, C‑656/20 P, EU:C:2022:222, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission in der Rechtsmittelschrift in der Tat gewisse Ähnlichkeiten mit deren erstinstanzlichem Vorbringen aufweist. Letzteres wird aber nicht lediglich wiederholt. Vielmehr beanstandet die Kommission konkret die Auslegung und die Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht. Dem Vorbringen von Servier, dass die Kommission ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederhole, kann deshalb nicht gefolgt werden.

80      Drittens macht Servier geltend, dass das Vorbringen der Kommission, insbesondere das Vorbringen im Rahmen der ersten fünf Rechtsmittelgründe, nicht klar genug sei, um zulässig zu sein.

81      Hierzu ist festzustellen, dass die geltend gemachten Rechtsgründe und ‑argumente nach Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die beanstandeten Punkte der Begründung der Entscheidung des Gerichts genau bezeichnen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB, C‑105/15 P bis C‑109/15 P, EU:C:2016:702, Rn. 33 und 34). Dies ist hier der Fall. Die Kommission hat in ihrer Rechtsmittelschrift die beanstandeten Punkte des angefochtenen Urteils und die rechtlichen Argumente, auf die ihr Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestützt ist, ausführlich bezeichnet. Sie hat dabei auch konkret auf die betreffenden Randnummern des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

82      Viertens macht Servier geltend, dass das angefochtene Urteil in der Rechtsmittelschrift lediglich bruchstückhaft und lediglich selektiv wiedergegeben werde und dass das Rechtsmittel auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe.

83      Damit macht Servier aber in Wirklichkeit geltend, dass die Rechtsmittelgründe unbegründet seien. Ein solches Vorbringen gehört zur Würdigung der Begründetheit der Rechtsmittelgründe und kann daher nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führen.

84      Fünftens macht Servier schließlich geltend, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen des ersten, des vierten und des sechsten Rechtsmittelgrundes rüge, dass das Gericht bestimmte Stellen des streitigen Beschlusses und die Beweismittel, die dort angeführt seien, nicht allesamt geprüft habe, eine falsche Vorstellung von der Art der Kontrolle habe, die das Gericht ausübe.

85      Die Allgemeinheit einer solchen Einrede der Unzulässigkeit kann aber nicht zur Unzulässigkeit des ersten, des vierten und des sechsten Rechtsmittelgrundes führen. Auf die von Servier im Einzelnen erhobenen Einreden der Unzulässigkeit wird an geeigneter Stelle im Rahmen der Prüfung der betreffenden Rechtsmittelgründe eingegangen werden.

86      Die Einreden der Unzulässigkeit, die Servier allgemein gegen die ersten sechs Rechtsmittelgründe erhebt, sind somit zurückzuweisen.

3.      Vorbemerkungen zur Prüfung der Begründetheit des ersten, des zweiten, des dritten, des vierten, des fünften und des sechsten Rechtsmittelgrundes

87      Bevor auf die Begründetheit der Rechtsmittelgründe betreffend eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingegangen wird, ist festzustellen, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka im Gegensatz zu den Fällen, um die es in den Rechtssachen ging, in denen der Gerichtshof über die rechtliche Einstufung nach Art. 101 AEUV von Vereinbarungen, nach denen der Hersteller des Originalpräparats einen Generikahersteller wirtschaftlich dafür entschädigt hat, dass er auf den Markteintritt verzichtet, zu entscheiden hatte, insbesondere in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), und vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission (C‑591/16 P, EU:C:2021:243), ergangen sind, und im Gegensatz zu den übrigen Vereinbarungen von Servier, die Gegenstand des streitigen Beschlusses sind, keine Zahlung des Herstellers des Originalpräparats an den Generikahersteller vorsahen. Die Lizenzvereinbarung Servier/Krka sah vielmehr Zahlungen des Generikaherstellers an den Hersteller des Originalpräparats vor.

88      Den Rn. 1731 bis 1749 das streitigen Beschlusses zufolge haben der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka es Servier dafür ermöglicht, den Markteintritt bestimmter von Krka hergestellter Generika zu verzögern. Servier und Krka hätten sich die nationalen Märkte im Hoheitsgebiet der Union in zwei die eigenen Hauptmärkte mit umfassenden Einflusssphären aufgeteilt, innerhalb deren sie hätten mit der Gewissheit tätig sein können, keinem über die dem Vergleich und der Vereinbarung Servier/Krka festgelegten Grenzen hinausgehenden Wettbewerbsdruck (Servier) bzw. nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, von Servier wegen Patentverletzung verklagt zu werden (Krka).

89      Aus diesen Erwägungen des streitigen Beschlusses geht hervor, dass Servier im Rahmen des Vergleichs Servier/Krka an Krka keine umgekehrte Zahlung als solche geleistet hat. Nach Auffassung der Kommission geht aus diesen Erwägungen des streitigen Beschlusses aber auch hervor, dass sich Servier und Krka die verschiedenen nationalen Märkte innerhalb der Union räumlich aufgeteilt haben. Bei der Entscheidung insbesondere über den zweiten und den dritten Rechtsmittelgrund und bei der Prüfung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit das Vorbringen der Kommission begründet ist, mit dem sich diese gegen die rechtlichen Kriterien wendet, auf deren Grundlage das Gericht den Klagegründen stattgegeben hat, mit denen Servier die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angegriffen hatte, werden diese Umstände also zu berücksichtigen sein.

90      Nach Art. 101 Abs. 1 AEUV sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken.

91      Danach fällt das Verhalten von Unternehmen nur dann unter das generelle Verbot von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise, also eine Absprache, vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

92      Letzteres setzt bei Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die auf derselben Ebene der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind, voraus, dass die Absprache zwischen Unternehmen erfolgt, die tatsächliche oder zumindest potenzielle Wettbewerber sind (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 32).

93      Weiter muss – wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV ergibt – nachgewiesen werden, dass das Verhalten entweder eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder eine solche Wirkung hat (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 158). So wie sie vom Gerichtshof ausgelegt wird, unterscheidet diese Vorschrift also klar zwischen dem Begriff der bezweckten und dem der bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs, für die jeweils verschiedene Beweisregeln gelten (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 63).

94      Bei Verhaltensweisen, die als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden, ist daher nicht zu prüfen und schon gar nicht nachzuweisen, welche Wirkungen sie auf den Wettbewerb haben. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 115, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 159).

95      Steht hingegen nicht fest, dass eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise einen wettbewerbswidrigen Zweck hatte, muss, um nachzuweisen, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist, geprüft werden, welche Wirkungen die Vereinbarung, der Beschluss oder die Verhaltensweise gehabt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, Maxima Latvija, C‑345/14, EU:C:2015:784, Rn. 17).

96      Diese Unterscheidung liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können (Urteile vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 17, und vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 35). Der Begriff der bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs ist eng auszulegen und kann nur auf bestimmte Arten von Vereinbarungen zwischen Unternehmen angewandt werden, die den Wettbewerb im Hinblick auf ihren Inhalt, die mit ihnen verfolgten Ziele und den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie stehen, selbst hinreichend beeinträchtigen, um annehmen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 2015, Maxima Latvija, C‑345/14, EU:C:2015:784, Rn. 20, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 161 und 162 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte besonders schwere Beeinträchtigungen des Wettbewerbs darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Gosselin Group/Kommission, C‑429/11 P, EU:C:2013:463, Rn. 50, vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, EU:C:2013:802, Rn. 82, und vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission, C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 26). Solche Vereinbarungen haben als solche eine Einschränkung des Wettbewerbs zum Gegenstand und gehören zu einer Kategorie von Vereinbarungen, die Art. 101 Abs. 1 AEUV ausdrücklich verbietet. Ein solcher Gegenstand kann nicht durch eine Analyse des wirtschaftlichen Kontexts, in dem das fragliche wettbewerbswidrige Verhalten stand, gerechtfertigt werden (Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, EU:C:2013:866, Rn. 218).

98      Bei solchen Vereinbarungen kann nur gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV – sofern die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung allesamt erfüllt sind – eine Ausnahme von dem Verbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV gewährt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 21, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 187).

99      Bei der Anwendung der genannten Grundsätze auf abgestimmte Verhaltensweisen in Form von Vereinbarungen über die horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen – wie die Vereinbarungen Servier/Krka – ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Verhaltensweisen als Einschränkung des Wettbewerbs durch Unternehmen, die zumindest potenziell Wettbewerber sind, einzustufen sind. Wenn ja, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sie im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Merkmale als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen sind.

100    Was die erste Stufe dieser Prüfung angeht, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in dem besonderen Zusammenhang der Öffnung des Marktes für ein Arzneimittel für Generikahersteller bei der Prüfung der Frage, ob einer dieser Generikahersteller, auch wenn er auf einem Markt nicht vertreten ist, mit dem dort bereits vertretenen Hersteller des Originalpräparats in einem Verhältnis des potenziellen Wettbewerbs steht, zu bestimmen ist, ob für den Generikahersteller wirkliche und konkrete Möglichkeiten bestehen, in den Markt einzutreten und dem Hersteller des Originalpräparats Konkurrenz zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Insoweit ist erstens zu prüfen, ob der Generikahersteller zum Zeitpunkt des Abschlusses solcher Vereinbarungen ausreichende Vorbereitungsmaßnahmen getroffen hatte, um innerhalb einer Frist, die geeignet ist, Wettbewerbsdruck auf den Hersteller des Originalpräparats auszuüben, in den betreffenden Markt eintreten zu können. Auf diese Weise lässt sich bei einem Arzneimittel mit einem gemeinfreien Wirkstoff feststellen, ob der Generikahersteller trotz der Verfahrenspatente des Herstellers des Originalpräparats fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten. Zweitens ist zu prüfen, ob der Markteintritt eines solchen Generikaherstellers nicht auf unüberwindliche Marktzutrittsschranken stößt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 43 bis 45).

102    Patente für das Originalpräparat oder ein Verfahren zu dessen Herstellung gehören ohne Frage zum wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld des zwischen ihren Inhabern und den Generikaherstellern bestehenden Wettbewerbsverhältnisses. Bei der Beurteilung der Rechte aus einem Patent ist jedoch nicht zu prüfen, wie stark das Patent ist oder wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass in einem Rechtsstreit zwischen dem Patentinhaber und einem Generikahersteller festgestellt wird, dass das Patent gültig ist und verletzt worden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob für den Generikahersteller zum maßgeblichen Zeitpunkt trotz des Bestehens des Patents reale und konkrete Möglichkeiten bestehen, in den Markt einzutreten (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 50).

103    Die Feststellung, dass ein Generikahersteller und der Hersteller des Originalpräparats potenzielle Wettbewerber sind, kann durch weitere Elemente bestätigt werden, etwa den Abschluss einer Vereinbarung zwischen ihnen, wenn der Generikahersteller auf dem betreffenden Markt nicht vertreten war, oder das Vorliegen von Wertübertragungen an den Generikahersteller als Gegenleistung für die Verschiebung seines Markteintritts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 54 bis 56).

104    In einer zweiten Stufe ist bei der Prüfung der Frage, ob es sich bei der durch einen Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits erfolgten Verschiebung des Markteintritts von Generika als Gegenleistung für Wertübertragungen des Herstellers des Originalpräparats an den Generikahersteller um eine Absprache handelt, die eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstellt, zunächst zu bestimmen, ob sich die Wertübertragungen vollständig durch die Notwendigkeit des Ausgleichs der Kosten oder Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit – wie etwa die Auslagen und Vergütungen der Rechtsanwälte des Generikaherstellers – oder die Notwendigkeit der Vergütung der nachweislichen tatsächlichen Lieferung von Waren oder Dienstleistungen durch den Generikahersteller an den Hersteller des Originalpräparats erklären lassen. Wenn nein, ist zu bestimmen, ob sich die Wertübertragungen allein durch das geschäftliche Interesse des Herstellers des Originalpräparats an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lassen. Hierzu ist im Einzelfall zu prüfen, ob der positive Nettosaldo der Wertübertragungen hoch genug war, um den Generikahersteller tatsächlich dazu zu bewegen, vom Eintritt in den betreffenden Markt abzusehen und somit mit dem Hersteller des Originalpräparats nicht in Leistungswettbewerb zu treten, wobei er nicht unbedingt höher gewesen sein muss als die Gewinne, die der Generikahersteller erzielt hätte, wenn er im Patentrechtsstreit obsiegt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 84 bis 94).

105    In Wirtschaftszweigen, in denen ausschließliche Rechte an Technologien bestehen, gehört die Anfechtung der Gültigkeit und Tragweite eines Patents zum normalen Wettbewerb. Vergleiche, mit denen ein Generikahersteller, der in den Markt eintreten will, die Gültigkeit eines Patents des Herstellers eines Originalpräparats zumindest zeitweilig anerkennt und sich deshalb verpflichtet, das Patent nicht anzufechten und nicht in den Markt einzutreten, können den Wettbewerb daher einschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Demnach hatte das Gericht bei der Entscheidung über das Vorbringen von Servier im Rahmen des neunten Klagegrundes betreffend das Vorliegen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs und somit bei der Entscheidung über die Frage, ob die Kommission im streitigen Beschluss zu Recht festgestellt hat, dass eine solche Einschränkung vorliege, die oben in den Rn. 104 und 105 dargestellten Kriterien anzuwenden.

107    Entsprechend hatte das Gericht, nachdem erwiesen war, dass die Umstände betreffend den potenziellen Wettbewerb, die Gegenstand des ersten Rechtsmittelgrundes sind, vorlagen, in der zweiten Stufe der Prüfung der Frage nachzugehen, ob der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV eine Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte darstellten, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte – eine Art von Vereinbarung, die Art. 101 Abs. 1 AEUV ausdrücklich verbietet. In diesem Zusammenhang hatte das Gericht zu prüfen, welche Ziele mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka verfolgt wurden und welcher wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den beiden Vereinbarung nach dem streitigen Beschluss bestand, insbesondere, ob die mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka erfolgte Wertübertragung von Servier an Krka hoch genug war, um Krka dazu zu bewegen, mit Servier die Märkte aufzuteilen, indem sie als Gegenleistung dafür, sichergehen zu können, ihr Perindopril-Generikum auf ihren eigenen Hauptmärkten in Verkehr bringen zu können, ohne Klagen von Servier wegen Patentverletzung ausgesetzt zu sein, wenn auch nur zeitweilig, von einem Eintritt in die Hauptmärkte von Servier absah.

108    Außerdem hatte das Gericht die Absichten der beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen, um zu prüfen, ob seine im Hinblick auf die in der vorstehenden Randnummer angesprochenen Umstände getroffenen Feststellungen zu den objektiven Zielen, die die Unternehmen in Bezug auf den Wettbewerb erreichen wollten, damit in Einklang stehen. Dabei ist zu beachten, dass der Umstand, dass die Unternehmen ohne die Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, gehandelt haben, und der Umstand, dass sie bestimmte legitime Ziele verfolgt haben, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht entscheidend sind (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung).

4.      Zum ersten Rechtsmittelgrund

a)      Zur Schlüssigkeit des ersten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

109    Servier macht geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund, mit dem die Kommission geltend macht, dass das Gericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass von Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka für sie kein Wettbewerbsdruck ausgegangen sei, ins Leere gehe. Dass das Gericht nicht über den potenziellen Wettbewerb entschieden habe, vermöge dessen Ausführungen zum Fehlen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nicht zu entkräften. Eine Vereinbarung könne nämlich nicht bereits deshalb als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden, weil potenzieller Wettbewerb nachgewiesen sei. Außerdem sei es, da das Gericht angenommen habe, dass die Kommission die Vereinbarung, weil sie sich auf Erwägungen gestützt habe, die nichts mit der Eigenschaft von Krka als potenziellem Wettbewerber zu tun hätten, zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe, nicht erforderlich, zu prüfen, ob Krka potenzieller Wettbewerber gewesen sei. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus Rn. 1234 des angefochtenen Urteils.

110    Nach Auffassung der Kommission geht der erste Rechtsmittelgrund nicht ins Leere.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

111    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht ein Rechtsmittelgrund, mit dem sich der Rechtsmittelführer gegen Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils wendet, die sich nicht auf dessen Tenor auswirken, ins Leere und ist daher zurückzuweisen (Urteil vom 27. April 2023, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission, C‑549/21 P, EU:C:2023:340, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Im Übrigen ist es – sofern die gegebene Begründung den Tenor des angefochtenen Urteils trägt – nicht zu beanstanden, wenn das Gericht, nachdem es dargelegt hat, warum ein Nichtigkeitsgrund begründet ist, aus prozessökonomischen Gründen annimmt, dass es nicht erforderlich sei, auf das gesamte Vorbringen zur Stützung des betreffenden Nichtigkeitsgrundes einzugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 111).

113    Im vorliegenden Fall beruht Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils, mit dem Art. 4 des streitigen Beschlusses für nichtig erklärt wird, mit dem das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV durch die Vereinbarungen Servier/Krka festgestellt wurde, zum einen auf den Ausführungen in Rn. 943 bis 1060 des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht festgestellt hat, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass die Vereinbarungen Servier/Krka eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstellten, und zum anderen auf den Ausführungen in den Rn. 1061 bis 1232 des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht festgestellt hat, dass die Kommission zu Unrecht festgestellt habe, dass eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs vorliege. Das Gericht hat in Rn. 1233 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Servier durch den Abschluss der Vereinbarungen Servier/Krka eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV begangen hätte, um dann in Rn. 1234 des angefochtenen Urteils festzustellen, dass Art. 4 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären sei, „ohne dass die übrigen von [Servier] im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes erhobenen Rügen und der Klagegrund betreffend die Eigenschaft von [Krka] als potenzieller Wettbewerber geprüft zu werden brauchen“.

114    Entgegen dem Vorbringen von Servier bedeutet dies nicht, dass sich die Kommission mit dem ersten Rechtsmittelgrund gegen Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils wendete, die sich nicht auf dessen Tenor auswirkten. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wendet sich die Kommission nämlich gegen die die Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs betreffenden Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils, aufgrund deren das Gericht Art. 4 des streitigen Beschlusses für nichtig erklärt hat. Die Kommission macht mit dem ersten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen geltend, dass das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob die Vereinbarungen Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen seien, berücksichtigt habe, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 angeblich anerkannt habe. Es habe sich dabei u. a. auf ein unzutreffendes rechtliches Kriterium, auf eine partielle, ja selektive Würdigung der in dem streitigen Beschluss enthaltenen Beweise und auf die Verfälschung bestimmter dieser Beweise gestützt. Insbesondere habe das Gericht über die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka nicht befinden dürfen, ohne die Beweise zu untersuchen, die in dem streitigen Beschluss für die Tatsache angeführt worden seien, dass Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier gewesen sei. Diese Beweise bewiesen, dass Krka, die sowohl fest entschlossen als auch aus eigener Kraft in der Lage gewesen sei, in den Markt für Perindopril einzutreten, den Vergleich Servier/Krka nicht geschlossen habe, weil sie von der Gültigkeit des Patents überzeugt gewesen sei, sondern, weil die Lizenzvereinbarung Servier/Krka sie dazu bewogen habe, mit Servier eine Vereinbarung über die räumliche Aufteilung der nationalen Märkte zu schließen, bei der Krka und Servier jeweils darauf verzichtet hätten, mit dem jeweils anderen auf dessen Hauptmärkten in freien Wettbewerb zu treten.

115    Das Gericht hat festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka „übereinstimmende Indizien“ vorgelegen hätten, „aufgrund deren die Parteien annehmen konnten, dass das Patent [EP1296947] gültig war“ (angefochtenes Urteil, Rn. 970) und dass die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006, mit der die Gültigkeit des Patents EP1296947 bestätigt worden sei, „einer der Faktoren, die zu [dem Vergleich] und der Lizenzvereinbarung geführt haben“, gewesen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 971). Es hat daraus gefolgert, dass „die Verknüpfung dieser beiden Vereinbarungen gerechtfertigt und somit kein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer aus der Lizenzvereinbarung folgenden umgekehrten Zahlung durch Servier an Krka war“ (angefochtenes Urteil, Rn. 972).

116    Außerdem hat es festgestellt, dass der Umstand, dass Krka weiter die Patente von Servier angegriffen und ihr Produkt vermarktet habe, obwohl die Gültigkeit des Patents EP1296947 von der Einspruchsabteilung des EPA bestätigt worden sei, kein entscheidender Gesichtspunkt für die Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs sei, da sich eine solche Aufrechterhaltung des Wettbewerbsdrucks auf Servier mit dem Wunsch von Krka erklären lasse, trotz der von ihr vorhergesehenen Prozessrisiken ihre Position in den Verhandlungen zu stärken, in die sie mit Servier treten könnte, um zu einer Vergleichsvereinbarung zu gelangen (angefochtenes Urteil, Rn. 1026).

117    Diese Ausführungen des Gerichts sind aber nur nachvollziehbar, wenn man annimmt, dass das Gericht implizit entschieden hat, dass das Perindopril von Krka, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, nachdem das EPA die Gültigkeit dieses Patents bestätigt hatte, kein Konkurrenzprodukt des Perindoprils von Servier mehr war, so dass Krka und Servier keine potenziellen Wettbewerber mehr waren. So gesehen würde der Vergleich Servier/Krka, mit dem Krka darauf verzichtete, in die Märkte von Servier einzutreten, lediglich die Rechte aus dem Patent EP1296947 widerspiegeln und könnte daher nicht als echte Gegenleistung für die Gewährung einer Lizenz an dieses Patent auf den Hauptmärkten von Krka durch Servier aufgefasst werden. Das Gericht hat in Rn. 1234 des angefochtenen Urteils allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Art. 4 des streitigen Beschlusses für nichtig zu erklären sei, „ohne dass … der Klagegrund betreffend die Eigenschaft von [Krka] als potenzieller Wettbewerber geprüft zu werden brauch[t]“. Aus den Ausführungen, die der Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zugrunde liegen, ergibt sich jedoch, dass das Gericht bestimmte Rügen dieses Klagegrundes und mehrere Randnummern des streitigen Beschlusses, die sich auf die Frage beziehen, ob Krka und Servier potenzielle Wettbewerber waren, durchaus geprüft hat.

118    So ergibt sich aus den Ausführungen insbesondere in den Rn. 943 bis 1032 und 1140 bis 1233 des angefochtenen Urteils, dass es für das Gericht bei der Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka sowohl als bezweckte als auch als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs ausschlaggebend war, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und der des High Court vom 3. Oktober 2006 anerkannt hat. Da das Gericht angenommen hat, dass die Möglichkeit für Krka, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten, um dort mit Servier in Wettbewerb zu treten, in erster Linie von der Frage abgehängt habe, ob Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka anerkannt habe, und Krka nur dann potenzieller Wettbewerber von Servier sein konnte, wenn sie die Möglichkeit hatte, in diese Märkte einzutreten, ist festzustellen, dass zwischen der angeblichen Anerkennung des Patents und der Eigenschaft von Krka als potenzieller Wettbewerber von Servier ein enger Zusammenhang besteht.

119    Dass das Gericht, nachdem es dem Vorbringen von Servier zum Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV gefolgt ist, in Rn. 1234 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass über den „Klagegrund betreffend die Eigenschaft von Krka als potenzieller Wettbewerber“ nicht zu entscheiden sei, bedeutet daher entgegen dem Vorbringen von Servier nicht, dass sich die Kommission mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund gegen Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils wendete, die sich nicht auf dessen Tenor ausgewirkt haben. Denn es ergibt sich insbesondere aus den Rn. 967, 968 und 970 bis 972 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht zwangsläufig bestimmte Rügen, die Servier im ersten Rechtszug im Hinblick auf den potenziellen Wettbewerb erhoben hat, geprüft hat.

120    Der erste Rechtsmittelgrund geht mithin nicht ins Leere.

b)      Zu dem ersten, dem zweiten und dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

121    Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen Rn. 1026 des angefochtenen Urteils. Sie macht geltend, dass das Gericht, als es offenbar angenommen habe, dass Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006, weil für sie kein Anreiz mehr bestanden habe, in den Markt einzutreten, kein potenzieller Wettbewerber mehr gewesen sei, nicht das richtige Kriterium angewandt habe. Insoweit sei zum einen zu prüfen, ob es ohne Vereinbarungen wirkliche und konkrete Möglichkeiten gegeben hätte, in den Markt einzutreten und mit den etablierten Unternehmen in Wettbewerb zu treten. Zum anderen habe das Gericht, indem es entschieden habe, dass Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 allein deshalb weiter Wettbewerbsdruck auf Servier ausgeübt habe, weil sie ihre Verhandlungsposition gegenüber Servier habe stärken wollen, ihre Bewertung durch seine eigene ersetzt. Es habe nicht erläutert, warum Krka ohne die betreffenden Vereinbarungen nicht in der Lage gewesen wäre, in den Markt einzutreten.

122    Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Rn. 970 und 1028 des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe im Wesentlichen angenommen, dass sie nicht nachgewiesen habe, dass Krka den Vergleich Servier/Krka aus anderen Gründen geschlossen habe als dem, dass die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 sie von der Gültigkeit des Patents EP1296947 überzeugt habe. Es habe aber die entgegenstehenden Beweise und Erwägungen, die in den Rn. 1686 bis 1690 des streitigen Beschlusses enthalten seien, nicht geprüft. Das Gericht habe damit gegen die Regeln über die Beweiserhebung verstoßen und den Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle verkannt, die es gemäß Art. 263 AEUV bei Beschlüssen der Kommission über Verfahren der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV vorzunehmen habe.

123    Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass zwischen Rn. 361 und Rn. 970 des angefochtenen Urteils ein Widerspruch bestehe. In Rn. 361 des angefochtenen Urteils werde festgestellt, dass die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 allein nicht genüge, um die Entfaltung eines potenziellen Wettbewerbs zu verhindern, während es in Rn. 970 des angefochtenen Urteils heiße, dass diese Entscheidung des EPA Krka von der Gültigkeit des Patents EP1296947 überzeugt und sie dazu gebracht habe, einen Vergleich mit Servier zu schließen.

124    Servier meint, der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes beruhe auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe überhaupt nicht angenommen, dass Krka kein potenzieller Wettbewerber gewesen sei. Es habe die Beurteilung der Kommission nicht durch seine eigene ersetzt, sondern angenommen, dass es nicht relevant sei, dass Krka die Rechtsstreitigkeiten nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 weiter betrieben habe. Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sei unzulässig. Die Kommission ersuche den Gerichtshof nämlich darum, den Sachverhalt im Hinblick auf die im streitigen Beschluss angeführten Beweise, insbesondere die in den Rn. 1680 bis 1700 genannten, erneut zu untersuchen. Und der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sei unbegründet.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

125    Zunächst ist das Vorbringen von Servier zurückzuweisen, dass das Vorbringen der Kommission im Rahmen der ersten drei Teile des ersten Rechtsmittelgrundes auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. Denn, wie sich oben aus den Rn. 114 bis 119 ergibt, hat das Gericht, indem es insbesondere in Rn. 970 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka übereinstimmende Indizien vorgelegen hätten, aufgrund deren Servier und Krka hätten annehmen können, dass das Patent EP1296947 gültig gewesen sei, aus diesen Indizien abgeleitet, dass ein Wettbewerb zwischen Servier und Krka auf den nationalen Märkten in der Union nun ausgeschlossen sei und zwischen diesen Unternehmen deshalb kein potenzieller Wettbewerb mehr bestehe.

126    Als Erstes ist auf den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes einzugehen, mit dem ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils gerügt wird. Zwischen den Rn. 970 und 1154 des angefochtenen Urteils einerseits und Rn. 361 des angefochtenen Urteils andererseits mag es eine gewisse Spannung geben. Rn. 361 des angefochtenen Urteils ist aber vorsichtig formuliert. Es kann nicht angenommen werden, dass Rn. 361 des angefochtenen Urteils in direktem Widerspruch zu den Rn. 970 und 1154 des angefochtenen Urteils stünde. In Rn. 361 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich festgestellt, dass der Umstand, dass das EPA das Patent EP1296947 mit Entscheidung vom 27. Juli 2006 für gültig erklärt habe, „allein“ nicht genüge, um die Entfaltung eines potenziellen Wettbewerbs zu verhindern. Diese Feststellung ist aber nicht unvereinbar mit der, die sich aus Rn. 970 des angefochtenen Urteils ergibt, nämlich, dass Servier und Krka vor dem Abschluss der Vereinbarungen Servier/Krka insbesondere wegen der „übereinstimmenden Indizien“, aufgrund deren die Vertragsparteien hätten annehmen können, dass das Patent EP1296947 gültig gewesen sei, keine potenziellen Wettbewerber gewesen seien (siehe oben, Rn. 125).

127    Zur Zulässigkeit des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass mit einem Rechtsmittel die Feststellung und die Würdigung von Tatsachen in der angefochtenen Entscheidung angegriffen werden können, soweit geltend gemacht wird, dass das Gericht Feststellungen getroffen habe, deren Unrichtigkeit sich aus den Akten ergebe, oder die ihm vorgelegten Beweise verfälscht habe (Urteil vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 35).

128    Eine solche Verfälschung muss sich in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 43). Sie kann zwar in der Auslegung eines Dokuments entgegen seinem Inhalt bestehen, muss aber offensichtlich aus den Akten hervorgehen und setzt voraus, dass das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung der betreffenden Beweise offensichtlich überschritten hat. Insoweit genügt es nicht, darzutun, dass ein Dokument anders ausgelegt werden könnte als durch das Gericht (Urteil vom 17. Oktober 2019, Alcogroup und Alcodis/Kommission, C‑403/18 P, EU:C:2019:870, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

129    Entgegen dem Vorbringen von Servier geht es der Kommission mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes nicht darum, eine neue Würdigung der Beweise zu erreichen, wozu der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren in der Tat nicht befugt wäre. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass das Gericht dadurch, dass es bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses bei der Prüfung der Frage, ob sie zu Recht angenommen habe, dass die Vereinbarungen Servier/Krka als Einschränkung des Wettbewerbs, wenn auch nur eines potenziellen Wettbewerbs, eingestuft werden könnten, nicht sämtliche Gesichtspunkte berücksichtigt habe, die relevant gewesen seien, Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig angewandt habe. Die Kommission rügt also einen Rechtsfehler, für den der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren zuständig ist.

130    Was die Begründetheit angeht, ist zu dem ersten und dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes festzustellen, dass das Gericht bei der Entscheidung über das Vorbringen von Servier im Rahmen des neunten Klagegrundes betreffend den potenziellen Wettbewerb die oben in den Rn. 100 bis 103 dargestellten Kriterien anzuwenden hatte. Es hatte also zu prüfen, ob die Kommission im streitigen Beschluss zu Recht angenommen hat, dass Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier gewesen sei.

131    Das Gericht hatte also im Hinblick auf die Merkmale der im streitigen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV der Frage nachzugehen, ob die Vereinbarungen Servier/Krka von potenziellen Wettbewerbern geschlossen worden sind und als Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden können. Hierzu hatte das Gericht zu prüfen, ob die Kommission zu Recht angenommen hat, dass Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen aufgrund ausreichender Vorbereitungsmaßnahmen und wegen des Fehlens unüberwindlicher Marktzutrittsschranken wirkliche und konkrete Möglichkeiten hatte, in den relevanten Markt einzutreten und mit Servier in Wettbewerb zu treten, wobei die Feststellung eines potenziellen Wettbewerbs gegebenenfalls durch weitere Gesichtspunkte wie das Vorliegen einer Wertübertragung an Krka als Gegenleistung für die Verschiebung des Markteintritts untermauert werden konnte.

132    Zwar wäre, wenn sämtliche angerufenen Gerichte rechtskräftig festgestellt haben, dass ein Originalpräparat oder ein Verfahren zu seiner Herstellung gültig ist, nur schwer vorstellbar, dass andere Gesichtspunkte des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, die das Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Inhaber der betreffenden Patente und einen Generikahersteller kennzeichnen, den Schluss zuließen, dass diese noch potenzielle Wettbewerber sind. Nach der oben in Rn. 102 dargestellten Rechtsprechung hat die Behörde oder das zuständige Gericht, wenn zwischen dem Inhaber des Patents und dem Generikahersteller noch Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit des betreffenden Patents anhängig sind, bevor sie bzw. es feststellt, dass der Inhaber des Patents und der Generikahersteller keine potenziellen Wettbewerber sind, aber alle relevanten Gesichtspunkte zu prüfen.

133    Das Gericht hat bei der Durchführung der Überprüfungen, die für die Feststellung erforderlich waren, ob Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier war, aber nicht – wie es es hätte tun müssen – die oben in den Rn. 100 bis 103, 131 und 132 dargestellten Kriterien angewandt, sondern sich darauf beschränkt, im Wesentlichen festzustellen, dass die beiden Unternehmen von der Gültigkeit des Patents EP1296947 überzeugt gewesen seien, und – ohne dies eigens zu begründen oder entsprechende Beweise anzuführen – dass sich das Verhalten von Krka, den Wettbewerbsdruck auf Servier aufrechtzuerhalten, mit dem Bestreben von Krka erklären lasse, ihre Position in den Verhandlungen zu stärken, in die sie mit Servier treten könnte, um einen Vergleich mit einer damit verknüpften Lizenzvereinbarung abzuschließen, da sie die Erlangung einer solchen Lizenz inzwischen als die beste geschäftliche Lösung für den Markt für Perindopril angesehen habe (angefochtenes Urteil, Rn. 970, 1026 und 1028).

134    Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher begründet. Das Gericht hat die rechtliche Erheblichkeit der auf den betreffenden Märkten festgestellten Patentsituation und der Absichten der Vertragsparteien nicht richtig eingeschätzt und, indem es bei dem Begriff des potenziellen Wettbewerbs nicht die richtigen Kriterien zugrunde gelegt hat, Art. 101 Abs. 1 AEUV rechtsfehlerhaft nicht richtig angewandt.

135    Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass das Gericht nach den Ausführungen oben in Rn. 132 und nach der oben in Rn. 102 dargestellten Rechtsprechung sämtliche relevanten Umstände zu berücksichtigen hatte, aufgrund deren die Kommission im streitigen Beschluss angenommen hat, dass Krka und Servier potenzielle Wettbewerber gewesen seien. Dadurch, dass es bei der Prüfung der Frage, in welchem Verhältnis Krka und Servier zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka zueinander standen, allein auf die Patentsituation und insbesondere darauf, wie Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 einschätzen konnte, sowie auf die Absichten der Vertragsparteien, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006, abgestellt hat, hat das Gericht aber gegen diese Verpflichtung verstoßen.

136    Dem Gericht ist nämlich nicht nur hinsichtlich der Kontrolle, die es bei Beschlüssen der Kommission über die Verfahren der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV vorzunehmen hat, ein Rechtsfehler unterlaufen. Es ist auch seiner Begründungspflicht gemäß Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Gericht anwendbar ist, nicht nachgekommen. Denn es hat in Rn. 970 des angefochtenen Urteils nicht begründet, warum es dort implizit festgestellt hat, dass Servier und Krka keine potenziellen Wettbewerber mehr gewesen seien, und dies, obwohl mit den insbesondere in den Rn. 1686 bis 1690 des streitigen Beschlusses angeführten Umständen das Gegenteil nachgewiesen werden sollte. Daran ändert auch nichts, dass das Gericht nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, dass es angenommen hat, dass Krka und Servier keine potenziellen Wettbewerber gewesen seien. Denn es kann nicht sein, dass sich das Gericht dadurch, dass es einen wesentlichen Schritt seiner Überlegungen nicht darstellt, seiner Begründungspflicht entzieht und den Gerichtshof damit daran hindert, das Urteil insoweit auf ein Rechtsmittel hin zu überprüfen.

137    Folglich ist dem ersten und dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes stattzugeben. Der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist hingegen zurückzuweisen.

c)      Zu dem vierten, dem fünften und dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

138    Mit dem vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 967, 968 und 970 des angefochtenen Urteils die dort angeführten Beweise betreffend die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 verfälscht habe.

139    Mit dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht die in den Rn. 968, 1017 und 1024 des angefochtenen Urteils angeführten Beweise verfälscht habe, aus denen sich nach Auffassung des Gerichts ergebe, dass die genannten Entscheidungen erheblich den Kontext verändert hätten, in dem der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka geschlossen worden seien, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie Krka und Servier die Gültigkeit des Patents EP1296947 hätten einschätzen können.

140    Wegen dieser Verfälschungen seien die Feststellungen des Gerichts zur Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka (angefochtenes Urteil, Rn. 970, 1025 und 1028) und zu dem Umstand, dass dies erkläre, warum sich Krka anstatt einen „Risikoeintritt“ in die Märkte aller Mitgliedstaaten zu wagen, lieber auf ihre Hauptmärkte beschränkt habe, für die die Lizenzvereinbarung Servier/Krka gegolten habe (angefochtenes Urteil, Rn. 999), nicht gültig. Ihnen stünden auch die in den Rn. 1687, 1693 und 1826 des streitigen Beschlusses angeführten Beweise entgegen, die das Gericht überhaupt nicht geprüft habe. Im Übrigen sei die Begründung des angefochtenen Urteils nicht ausreichend und widersprüchlich.

141    Servier meint, die Rüge der Verfälschung sei zurückzuweisen, da die Kommission kein Beweismittel bezeichnet habe, das verfälscht worden sei. Außerdem gehe die Rüge ins Leere. Sie beziehe sich in Wirklichkeit nämlich lediglich auf die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Anordnungen nichts an der Einschätzung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka geändert hätten, ändere dies nichts daran, dass die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 dies getan habe.

142    Abgesehen davon sei das Vorbringen der Kommission auch unbegründet. Das Gericht habe berücksichtigt, dass Krka ihre Anfechtungen nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006, mit der die Gültigkeit des Patents EP1296947 bestätigt worden sei, aufrechterhalten habe, habe aber angenommen, dass dies nichts daran ändere, dass Krka den Vergleich wegen der Einschätzung geschlossen habe, zu der sie hinsichtlich der Gültigkeit dieses Patents gelangt sei. Im Übrigen beruhe das Vorbringen der Kommission auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils. Es könne keine Rede davon sein, dass die Begründung des angefochtenen Urteils widersprüchlich sei. Das Gericht habe festgestellt, dass Krka aufgrund mehrerer Indizien habe annehmen können, dass das Patent EP1296947 gültig sei, woraufhin sie den Vergleich geschlossen habe, und sei zu dem Schluss gelangt, dass eine Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs sowohl deshalb als auch wegen des Fehlens einer umgekehrten Zahlung nicht in Frage komme. Es habe jedoch nicht ausgeschlossen, dass Krka ein potenzieller Wettbewerber gewesen sei.

143    Was die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 angeht, macht Servier geltend, dass die tatsächliche Feststellung des Gerichts, dass die Anordnung dazu beigetragen habe, dass sich der Kontext geändert habe, in dem der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka geschlossen worden seien, nicht deshalb unrichtig sei, weil eine Anordnung vorläufig ergehe. Im Übrigen hätten die betreffenden Anordnungen den Kontext der Vereinbarungen durchaus verändert.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

144    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es, auch wenn den ersten beiden Teilen des ersten Rechtsmittelgrundes stattgegeben wurde, mit der Folge, dass festgestellt wurde, dass die Ausführungen des Gerichts zum potenziellen Wettbewerb rechtsfehlerhaft sind, zweckmäßig ist, die übrigen Teile des ersten Rechtsmittelgrundes zu prüfen, um festzustellen, ob – unabhängig davon, dass das Gericht nicht die richtigen rechtlichen Kriterien angewandt hat und nicht alle relevanten Beweise berücksichtigt hat – die Auslegung der tatsächlich untersuchten Beweise rechtswidrig ist, insbesondere ob diese verfälscht worden sind, wie die Kommission behauptet.

145    Das Gericht hat geprüft, ob zwischen Servier und Krka wirkliche Rechtsstreitigkeiten bestanden und ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka einen hinreichend direkten Zusammenhang mit deren gütlicher Beilegung aufwies, um die Verknüpfung des Vergleichs Servier/Krka mit ihr rechtfertigen zu können (angefochtenes Urteil, Rn. 965). Es hat festgestellt, dass es Rechtsstreitigkeiten zwischen Servier und Krka gegeben habe, die zu der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 bzw. zu der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 geführt hätten (angefochtenes Urteil, Rn. 967 und 968), und dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichs- und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka „übereinstimmende Indizien“ vorgelegen hätten, „aufgrund deren die Parteien annehmen konnten, dass das Patent [EP1296947] gültig war“ (angefochtenes Urteil, Rn. 970, mit Verweis auf die Rn. 967 und 968).

146    Bei der Beurteilung der Frage, ob das Gericht die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 und die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 verfälscht hat, beschränkt sich die Überprüfung des Gerichtshofs auf die Frage, ob das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung dieser Beweise überschritten hat. Der Gerichtshof hat nicht selbständig zu prüfen, ob die Kommission hinsichtlich des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs ihrer Nachweispflicht nachgekommen ist, sondern zu ermitteln, ob das Gericht für seinen Schluss, dass sie dies nicht getan habe, diese Beweise in einer Weise ausgelegt hat, die offensichtlich deren Wortlaut widerspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 10. Februar 2011, Activision Blizzard Germany/Kommission, C‑260/09 P, EU:C:2011:62, Rn. 57).

147    Die Rügen einer Verfälschung, die von der Kommission erhoben werden, sind nach Maßgabe dieser Erwägungen zu prüfen.

i)      Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006

148    Rn. 968 des angefochtenen Urteils lautet:

„… Am 1. September 2006 erhob Krka eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents [EP1296947] und am 8. September 2006 eine weitere Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents [EP0308340]. Am 3. Oktober 2006 gab der [High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (patents court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Chancery-Abteilung [Patentkammer])] dem Antrag von Servier auf einstweilige Verfügung statt und wies den von Krka am 1. September 2006 gestellten Antrag … zurück. Nachdem die Parteien einen Vergleich geschlossen hatten, wurde das laufende Verfahren am 1. Dezember 2006 für erledigt erklärt, und die einstweilige Verfügung wurde aufgehoben.“

149    Nach dem Wortlaut der Rn. 968 des angefochtenen Urteils ist mit der Zurückweisung des „von Krka am 1. September 2006 gestellten Antrag[s]“ die Abweisung der Widerklage von Krka durch die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 gemeint.

150    In dieser Entscheidung (Anlage A.174 der Klageschrift) heißt es aber zum einen, dass dem Antrag von Servier auf einstweilige Verfügung stattgegeben werde, und zum anderen, dass der Antrag von Krka, über ihre Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents EP1296947 im summarischen Verfahren zu entscheiden, zurückgewiesen werde, und nicht, dass die Widerklage abgewiesen würde.

151    Folglich hat das Gericht den eindeutigen und bestimmten Wortlaut der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006, obwohl es ihn in den Rn. 23 und 1196 des angefochtenen Urteils getreu wiedergegeben hat, in Rn. 968 des angefochtenen Urteils verfälscht.

152    Aufgrund dieser Verfälschung hat es festgestellt, dass „… zum Zeitpunkt des Abschlusses [des Vergleichs- und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka] übereinstimmende Indizien vor[lagen], aufgrund deren die Parteien annehmen konnten, dass das Patent [EP1296947] gültig war“ (angefochtenes Urteil, Rn. 970), und dass die beiden Ereignisse der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 „… erheblich den Kontext [veränderten], in dem die Vereinbarungen geschlossen wurden, insbesondere hinsichtlich der Wahrnehmung, die Krka, aber auch Servier in der Frage der Gültigkeit des Patents [EP1296947] haben konnten“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1017). Schließlich hat es auf der Grundlage dieser letztgenannten Feststellung angenommen, dass die beiden Ereignisse die Relevanz eines Dokuments von Servier über die Strategie gegenüber Krka „erheblich einschränkt“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1024). Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass Krka den Vergleich Servier/Krka nicht wegen der durch die Lizenzvereinbarung Servier/Krka erzielten Gewinne geschlossen habe, sondern weil sie „die Gültigkeit des Patents [EP1296947] anerkannte“, was insoweit ein „ausschlaggebender Gesichtspunkt“ gewesen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 999).

153    Wegen ihrer Vorläufigkeit und des Erlasses im Vorverfahren griff die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 der endgültigen Entscheidung über den Rechtsstreit aber nicht vor, wie das Gericht im Übrigen im Wesentlichen in den Rn. 367 und 368 des angefochtenen Urteils festgestellt hat. Vielmehr hat das nationale Gericht nach Maßgabe der Kriterien für den Erlass einer Entscheidung im summarischen Verfahren lediglich festgestellt, dass die Widerklage von Krka nicht offensichtlich unbegründet sei und insoweit in Rn. 70 der Entscheidung ausgeführt, dass es „… keinen Zweifel daran [hat], dass Krka hat dartun können, dass es eine ernsthafte Frage gibt, über die zu entscheiden ist, nämlich die Frage, ob der Verkauf der Tabletten [mit dem Perindopril von Servier] vor dem Zeitpunkt der Priorität dem Patent [EP1296947] seine Neuheit nimmt“, allerdings gleichzeitig darauf hingewiesen, dass es nicht „… davon überzeugt [ist], dass Servier keine realen Aussichten auf Verteidigung des Patents [EP1296947] gegen einen solchen Angriff hätte“.

154    Die Rn. 968, 970, 999, 1017 und 1024 des angefochtenen Urteils sind wegen dieser Verfälschung des eindeutigen und bestimmten Wortlauts der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 rechtswidrig.

ii)    Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006

155    Rn. 967 des angefochtenen Urteils lautet:

„Zehn Generikahersteller, unter ihnen Krka, hatten … 2004 beim EPA Einspruch gegen das Patent [EP1296947] eingelegt, um dessen vollständigen Widerruf zu erwirken, wobei sie das Fehlen von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit sowie unzureichende Offenbarung der Erfindung geltend machten. Am 27. Juli 2006 bestätigte die Einspruchsabteilung des EPA nach kleineren Änderungen der ursprünglichen Patentansprüche von Servier die Gültigkeit dieses Patents. Sieben Gesellschaften legten Beschwerde gegen die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 ein. Krka zog sich gemäß der mit Servier geschlossenen Vergleichsvereinbarung am 11. Januar 2007 vom Einspruchsverfahren zurück.“

156    Das Gericht hat den Inhalt der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 so richtig wiedergegeben.

157    Die Feststellung in Rn. 970 des angefochtenen Urteils, dass „… zum Zeitpunkt des Abschlusses [des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka] übereinstimmende Indizien vor[lagen], aufgrund deren die Parteien annehmen konnten, dass das Patent [EP1296947] gültig war“, beruht aber zumindest teilweise auf der Verfälschung der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006, auf die sich das Gericht auch in den Rn. 1017 und 1024 des angefochtenen Urteils gestützt hat.

158    Außerdem hat das Gericht bei dieser Feststellung mehrere weitere Beweise nicht berücksichtigt, die im streitigen Beschluss angeführt werden und nach Auffassung der Kommission beweisen, dass auch wenn die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 für Krka einen Rückschlag bedeutet habe, keine Rede davon sein könne, dass Krka aufgegeben und die Gültigkeit des Patents EP1296947 anerkannt hätte. Im streitigen Beschluss wird insbesondere in den Rn. 1687 bis 1689 darauf hingewiesen, dass Krka, die gegen die Entscheidung des EPA Beschwerde eingelegt habe, das Patent EP1296947 auch weiter angegriffen habe, indem sie gegen Servier im Vereinigten Königreich am 1. September 2006 eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents erhoben habe. In der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 wird hervorgehoben, dass Krka eine „solide Grundlage“ habe, um das Patent EP1296947 anzugreifen. Im streitigen Beschluss wird auch auf Reaktionen von Mitarbeitern von Krka auf die genannte Entscheidung hingewiesen, die ein Nachgeben im Hinblick auf die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 widerlegten, und auf den Umstand, dass Krka im September 2006 erreicht habe, dass die Klage wegen Verletzung des Patents EP1296947, die Servier in Ungarn erhoben habe, abgewiesen worden sei, und das Inverkehrbringen ihres Generikums von Perindopril auf dem Markt dieses Mitgliedstaats vorangetrieben habe.

159    Aufgrund dieser Beweise wurde im streitigen Beschluss in Rn. 1690 zur Position von Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 festgestellt:

„Die Bewertung der Patentsituation durch Krka wurde sicher durch die Entscheidung über den Einspruch und den Erlass einstweiliger Anordnungen gegen Krka und Apotex im Vereinigten Königreich beeinflusst. Die vorstehenden Erwägungen sprechen aber ganz klar dafür, dass ex ante betrachtet nichts einer wirklichen und konkreten Möglichkeit für Krka, im Verfahren in der Hauptsache die Nichtigerklärung des Patents EP1296947 zu erwirken, entgegengestanden hat.“

160    Dies zeigt, dass der streitige Beschluss insgesamt betrachtet darauf angelegt war, auf der Grundlage eines Bündels übereinstimmender Indizien darzutun, dass Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 trotz der Zweifel, den diese Entscheidung hinsichtlich der Chancen, den Widerruf des Patents erreichen zu können, hatte wecken können, nicht aufgegeben und die Gültigkeit des Patents EP1296947 nicht anerkannt hatte. In Rn. 970 des angefochtenen Urteils hat das Gericht aber ohne angemessene Begründung – es ist nicht auf alle Beweise eingegangen, die insoweit im streitigen Beschluss herangezogen wurden – festgestellt, dass „zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichs- und der Lizenzvereinbarung übereinstimmende Indizien vor[lagen], aufgrund deren die Parteien annehmen konnten, dass das Patent [EP1296947] gültig war“. Wie die Generalanwältin in Nr. 105 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat das Gericht die oben in den Rn. 158 und 159 genannten Beweise also nicht nur nicht berücksichtigt, sondern auch nicht erläutert, warum es dies nicht getan hat. Dabei lässt sich die Frage, ob eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt, nur dann richtig beantworten, wenn die im streitigen Beschluss angeführten Indizien nicht einzeln, sondern unter Berücksichtigung der Besonderheiten des relevanten Produktmarkts in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden (Urteil vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, EU:C:1972:70, Rn. 68).

161    Das Gericht hat somit den Sinn und die Tragweite des streitigen Beschlusses verfälscht, soweit sich dieser auf die Auswirkungen der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 auf die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka bezieht (vgl. entsprechend Urteil vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C‑197/99 P, EU:C:2003:444, Rn. 66 und 67). Außerdem ist es seiner Begründungspflicht gemäß Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Gericht anwendbar ist, nicht nachgekommen, indem es in Rn. 970 des angefochtenen Urteils die Gründe, von denen es sich hat leiten lassen, nicht in einer Weise angegeben hat, die genügt hätte, um es den Betroffenen zu ermöglichen, diese Gründe zu erfahren, und dem Gerichtshof, über die zur Ausübung seiner Kontrolle im Rahmen eines Rechtsmittels erforderlichen Angaben zu verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2020, Kommission/GEA Group, C‑823/18 P, EU:C:2020:955, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162    Rn. 970 des angefochtenen Urteils beruht daher nicht nur auf der oben in Rn. 154 festgestellten Verfälschung der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006, sondern auch auf einer Verfälschung des streitigen Beschlusses und leidet unter einem Begründungsmangel.

163    Dem vierten und dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist deshalb stattzugeben.

d)      Zum fünften Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

164    Mit dem fünften Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in Rn. 1000 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass die Tatsache, dass Krka die Opportunitätskosten einer Entscheidung gegen den Abschluss eines Vergleichs mit Servier auf über 10 Mio. Euro in drei Jahren geschätzt habe, ein Indiz dafür darstelle, dass Krka das Patent EP1296947 anerkannt habe. Erstens sei diese Schätzung während der Untersuchung vorgelegt worden, so dass sie nicht rückwirkend als Beweis dafür herangezogen werden könne, wie Krka die Lage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka eingeschätzt habe. Zweitens seien die von Krka geschätzten Gewinne einer der Gründe gewesen, warum aufgrund der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein Anreiz bestanden habe, den Vergleich zu schließen. Drittens gebe es für die Feststellung des Gerichts in Rn. 1000 des angefochtenen Urteils, dass es wenig wahrscheinlich gewesen sei, dass sich Krka dazu entschließe, „auf Risiko“ in ihre Hauptmärkte einzutreten, für die die Lizenzvereinbarung Servier/Krka gegolten habe, keine Stütze. Hingegen seien in Rn. 1675 des streitigen Beschlusses handfeste Beweise für eine entsprechende Absicht von Krka angeführt.

165    Servier meint, der fünfte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sei unzulässig. Die Kommission habe keine Verfälschung geltend gemacht.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

166    Die Kommission macht mit dem fünften Teil des ersten Rechtsmittelgrundes keine Verfälschung geltend. Es geht ihr vielmehr darum, eine neue Würdigung der Beweise zu erreichen, wozu der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren nicht befugt ist.

167    Der fünfte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

e)      Ergebnis zum ersten Rechtsmittelgrund

168    Nach alledem sind der dritte und der fünfte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen und ist dem ersten, dem zweiten, dem vierten und dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

5.      Zum zweiten Rechtsmittelgrund

a)      Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

169    Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 963 und 965 bis 972 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass die Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenzvereinbarung, sofern es wirklich einen Patentrechtsstreit gebe, kein gewichtiges Indiz für eine umgekehrte Zahlung sei. Dieser formalistische Ansatz sei nicht mit der Rechtsprechung zu vereinbaren, insbesondere nicht mit dem Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 136), wonach bei der Feststellung einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs der Inhalt, das Ziel und der wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhang der betreffenden Vereinbarungen zu berücksichtigen seien.

170    Servier weist darauf hin, dass sich die Kommission nicht gegen die in den Rn. 943 bis 963 des angefochtenen Urteils dargestellten rechtlichen Kriterien für die Prüfung eines mit einer Lizenz für das betreffende Patent verknüpften Vergleichs zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits wende, sondern gegen die Anwendung dieser Grundsätze und gegen die Tatsachenfeststellungen, die das Gericht in den Rn. 964 bis 1032 des angefochtenen Urteils vorgenommen habe.

171    Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei nicht klar und offensichtlich unbegründet. Anders als die Kommission behaupte, werde in Rn. 972 des angefochtenen Urteils nicht allein auf die Form der betreffenden Vereinbarungen abgestellt, sondern auch auf deren Kontext, der in den Rn. 967, 968, 970 und 971 des angefochtenen Urteils dargestellt werde. Im Übrigen habe das Gericht auch die Annahme der Kommission, dass mit der Vereinbarung die Aufteilung der Märkte bezweckt worden sei, zurückgewiesen.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

172    Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes betrifft die Kriterien, nach denen das Gericht zu beurteilen hatte, ob eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs vorliegt. Es bietet sich deshalb an, ihn als Erstes zu prüfen.

173    Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die in Rn. 963 des angefochtenen Urteils dargestellten rechtlichen Kriterien und die auf deren Grundlage in den Rn. 965 bis 972 des angefochtenen Urteils vorgenommene Beurteilung. Sie macht insbesondere geltend, dass diese Beurteilung „allein auf der Form der betreffenden Vereinbarungen“ beruhe und „in der Rechtsprechung keine Stütze findet“. Es geht somit bereits aus dem Wortlaut des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes hervor, dass sich die Kommission damit u. a. gegen die in den Rn. 943 bis 963 des angefochtenen Urteils dargestellten rechtlichen Kriterien wendet. Das einleitende Vorbringen von Servier beruht mithin auf einem unrichtigen Verständnis der Rechtsmittelschrift.

174    Soweit die Kommission Rn. 963 des angefochtenen Urteils angreift, ist festzustellen, dass das Gericht dort angenommen hat, dass im Fall eines wirklichen Patentrechtsstreits und einer Lizenzvereinbarung, die in direktem Zusammenhang mit der gütlichen Beilegung dieses Rechtsstreits stehe, ein Vergleich zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits mit den Wettbewerb einschränkenden Bestimmungen wie Bestimmungen über die Nichtanfechtung und das Nichtinverkehrbringen, mit dem eine Lizenzvereinbarung betreffend das Patent verknüpft sei, nur dann als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden könne, wenn die Kommission dartue, dass die Lizenzvereinbarung keine zu normalen Marktbedingungen abgeschlossene Transaktion darstelle und daher eine umgekehrte Zahlung verschleiere.

175    Die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, die mit dem streitigen Beschluss festgestellt wurde, bestand bei Servier und Krka in der Aufteilung der Märkte in zwei Zonen, wobei sich die Zuwiderhandlung nur auf eine dieser beiden Zonen erstreckte. Dennoch hat das Gericht in den Rn. 963 bis 965 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dass es lediglich prüfen werde, ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka durch den Vergleich Servier/Krka gerechtfertigt werden könne oder ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka in Wirklichkeit vielmehr eine umgekehrte Zahlung verschleiere, mit der für Krka ein Anreiz geschaffen worden sei, die in dem Vergleich enthaltenen Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung hinzunehmen. Das Gericht lässt dabei zum einen außer Acht, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka Märkte betrifft, auf die sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV überhaupt nicht erstreckt hat, und zum anderen das Wesen der Zuwiderhandlung, die nicht lediglich in einem Vergleich über die gütliche Beilegung eines Patentrechtsstreits gegen eine umgekehrte Zahlung bestand, sondern in einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte.

176    In den Rn. 963 bis 965 des angefochtenen Urteils werden mithin Kriterien für die Beurteilung des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs aufgestellt, die nicht mit den oben in den Rn. 99 bis 105 dargestellten vereinbar sind und auf einem unrichtigen Verständnis von Art. 101 Abs. 1 AEUV beruhen. Die Unterschiede, die zwischen den rechtlichen Kriterien, die das Gericht angewandt hat, und den oben in den Rn. 99 bis 105 dargestellten Kriterien bestehen, sind nicht rein sprachlicher Natur. Sie führen vielmehr zu Ergebnissen, die sich grundlegend unterscheiden.

177    Außerdem hat das Gericht in Rn. 972 des angefochtenen Urteils angenommen, dass „… in Anbetracht der Tragweite [des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka] sowie des Kontexts, in dem diese Vereinbarungen geschlossen wurden, festzustellen [ist], dass die Verknüpfung dieser beiden Vereinbarungen gerechtfertigt und somit kein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer aus der Lizenzvereinbarung folgenden umgekehrten Zahlung durch Servier an Krka war“, und insoweit auf Rn. 948 des angefochtenen Urteils verwiesen.

178    Dass Unternehmen einen Vergleich über die gütliche Beilegung eines Patentrechtsstreits schließen, mit dem eine Vereinbarung über die Erteilung einer Lizenz an dem betreffenden Patent verknüpft ist, stellt an sich kein den Wettbewerb einschränkendes Verhalten dar. Je nach ihrem Inhalt und ihrem wirtschaftlichen Kontext können solche Vereinbarungen jedoch als Mittel dienen, das geschäftliche Verhalten der betreffenden Unternehmen so zu beeinflussen, dass der Wettbewerb auf dem Markt, auf dem sie ihre Geschäftstätigkeit entfalten, eingeschränkt oder verfälscht wird (vgl. entsprechend Urteil vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, EU:C:1987:490, Rn. 37).

179    Eine geheime Absprache ist nur dann nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten, wenn sie verschiedene Tatbestandsmerkmale erfüllt, die nicht ihre Rechtsnatur oder die Rechtsinstrumente, mit denen sie umgesetzt wird, betreffen, sondern ihr Verhältnis zum Wettbewerb. Da seine Anwendung eine Beurteilung der wirtschaftlichen Wirkungen der betreffenden Verhaltensweise voraussetzt, kann Art. 101 AEUV nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er bestimmte, durch ihre Rechtsnatur gekennzeichnete Arten von Vereinbarungen ausnahmslos erfasste oder nicht erfasste. Jede Vereinbarung ist anhand ihres konkreten Inhalts in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang und insbesondere unter Berücksichtigung der Situation auf dem relevanten Markt zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 302, und vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, EU:C:1987:490, Rn. 40). Wie die Generalanwältin insbesondere in Nr. 127 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, wäre die Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts der Union schwerwiegend beeinträchtigt, wenn die Vertragsparteien wettbewerbswidriger Vereinbarungen sich der Anwendung von Art. 101 AEUV einfach dadurch entziehen könnten, dass sie diesen Vereinbarungen eine bestimmte Form geben.

180    Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka für verschiedene Märkte gelten und sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV nicht auf die Märkte erstreckt, für die die Lizenzvereinbarung Servier/Krka gilt, ist festzustellen, dass, auch wenn der Abschluss eines Vergleichs zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits mit einem Generikahersteller, dem eine Patentverletzung vorgeworfen wird, eine Ausprägung der Rechte des geistigen Eigentums des Inhabers des Patents darstellt und dazu insbesondere das Recht gehört, sich gegen jegliche Verletzung des Patents zur Wehr zu setzen, das Patent seinem Inhaber nicht das Recht gewährt, Verträge abzuschließen, die gegen Art. 101 AEUV verstoßen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 97).

181    Für die Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs ist weder die Form der Verträge oder anderen Rechtsinstrumente, mit denen eine solche geheime Absprache umgesetzt wird, maßgeblich, noch, wie die Parteien des Rechtsstreits über die Gültigkeit eines Patents dessen Ausgang subjektiv einschätzen.

182    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 108), sind der Umstand, dass die Unternehmen, deren Verhalten möglicherweise als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen ist, ohne die Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, gehandelt haben, und der Umstand, dass sie bestimmte legitime Ziele verfolgt haben, für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht entscheidend (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung). Maßgeblich ist allein, inwieweit die Verhaltensweise den Wettbewerb auf dem betreffenden Markt wirtschaftlich beeinträchtigt. Dies ist objektiv zu beurteilen, wozu eine eingehende Untersuchung der Verhaltensweise, ihrer Ziele sowie ihres wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs erforderlich sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 84 und 85, und vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission, C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 131).

183    Bei der Prüfung der Frage, ob eine geheime Absprache als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden kann, sind demnach ihr Inhalt, ihre Entstehungsgeschichte und ihr rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, insbesondere die besonderen Merkmale des Marktes, auf dem sie konkret ihre Wirkungen entfaltet, zu untersuchen. Dass aus dem Wortlaut einer Vereinbarung, die dazu dient, die Verhaltensweise umzusetzen, nicht hervorgeht, dass ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, ist allein nicht ausschlaggebend (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. November 1983, IAZ International Belgium u. a./Kommission, 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, EU:C:1983:310, Rn. 23 bis 25, und vom 28. März 1984, Compagnie royale asturienne des mines und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, EU:C:1984:130, Rn. 26).

184    Anstatt bei der geheimen Absprache, die mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka umgesetzt wurde, eine solche Beurteilung nach dem konkreten Inhalt und den wirtschaftlichen Wirkungen vorzunehmen, hat das Gericht in den Rn. 943 bis 963 des angefochtenen Urteils Kriterien aufgestellt, mit denen allgemein und abstrakt bestimmt werden soll, unter welchen Voraussetzungen ein Vergleich zur gütlichen Beilegung einer Patentrechtsstreitigkeit und eine damit verknüpfte Vereinbarung über die Erteilung einer Lizenz an dem betreffenden Patent allein aufgrund ihrer rechtlichen Merkmale als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen werden können. Indem es diese Kriterien auf den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka angewandt hat, hat sich das Gericht bei seiner Prüfung auf die rechtliche Form und die rechtlichen Merkmale dieser Vereinbarungen konzentriert, anstatt deren konkretes Verhältnis zum Wettbewerb zu untersuchen. Es hat auf diese Weise gegen die für die Anwendung und Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV geltenden Grundsätze (siehe oben, Rn. 179 und 183) verstoßen. Die Rn. 943 bis 972 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

185    Folglich ist dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

b)      Zu dem ersten, dem dritten und dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

186    Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass die Ausführungen des Gerichts widersprüchlich seien. In Rn. 1029 des angefochtenen Urteils habe das Gericht anerkannt, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Bedingung dafür gewesen sei, dass Krka die Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung hingenommen habe, die, wie das Gericht in Rn. 273 des angefochtenen Urteils hervorgehoben habe, „per se wettbewerbsbeschränkend“ seien. Es habe es aber abgelehnt, daraus zu folgern, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka für Krka einen Anreiz dargestellt habe, die Rechtsstreitigkeiten über das Patent EP1296947 gütlich beizulegen. Es habe dies zu Unrecht mit der Einschätzung der Gültigkeit des Patents durch die Vertragsparteien und dem Umstand, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu normalen Marktbedingungen geschlossen worden sei, begründet. Indem es sich auf die Fiktion eines auf der Stärke des Patents EP1296947 beruhenden Vergleichs und einer nach Marktbedingungen vergebenen Lizenz an dem Patent gestützt habe, habe das Gericht bei der rechtlichen Einstufung der Vereinbarungen als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs, also dem Ziel, das mit den Vereinbarungen verfolgt worden sei, nicht genug Bedeutung beigemessen. Außerdem habe es die Aussagen ignoriert, mit denen Krka eingeräumt habe, dass sie ihren Eintritt in die Hauptmärkte von Servier „geopfert“ habe, um weiter auf ihren eigenen sieben Hauptmärkten vertreten sein zu können.

187    Mit dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Rn. 806, 963, 975 bis 984 und 1029 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht angenommen hat, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu Marktbedingungen geschlossen worden sei. Sie meint, dass es darauf überhaupt nicht ankomme. Entscheidend sei, dass dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka nicht die jeweilige Einschätzung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch die beiden Vertragsparteien zugrunde gelegen habe, sondern das gemeinsame Ziel, sich durch die Vereinbarungen Servier/Krka, die in ihrer Gesamtheit zu betrachten seien, die Märkte zum Nachteil der Verbraucher untereinander aufzuteilen.

188    Mit dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 806 und 977 bis 982 des angefochtenen Urteils bei der Frage, ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka einen Anreiz dargestellt habe, zu Unrecht lediglich geprüft habe, ob die in der Vereinbarung vorgesehene Vergütung ungewöhnlich niedrig gewesen sei. Es hätte die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zusammen mit dem Vergleich Servier/Krka untersuchen und der Frage nachgehen müssen, welche Wirkung die Vereinbarungen auf den Anreiz der Vertragsparteien, miteinander in Wettbewerb zu treten, gehabt hätten und auf welchen Gewinn – schätzungsweise mehr als 25 Mio. Euro – Servier mit dem Abschluss der Lizenzvereinbarung Servier/Krka verzichtet habe.

189    Servier hält den ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes für unbegründet. Die Ausführungen, gegen die sich die Kommission wende, seien nicht widersprüchlich. Außerdem habe das Gericht den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka durchaus in ihrer Gesamtheit geprüft und zum Sachverhalt festgestellt, dass Krka den Vergleich wegen der Stärke des Patents EP1296947 geschlossen habe. Das Vorbringen der Kommission beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass Krka in ihre Hauptmärkte hätte eintreten können. Krka sei daran aber durch die Gültigkeit des Patents EP1296947 gehindert gewesen.

190    Mit dem dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes würden Tatsachenfeststellungen angegriffen. Er sei daher unzulässig.

191    Der vierte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei offensichtlich unbegründet. Das Gericht habe die Patentsituation, den Zusammenhang, der zwischen dem Vergleich Servier/Krka und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka bestanden habe, und den Wert, den Krka der Lizenz beigemessen habe, durchaus berücksichtigt. Der Gewinn, auf den sie verzichtet habe, indem sie Krka eine Lizenz erteilt habe, sei rechtlich nicht relevant. Mit jedem Vergleich gehe ein solcher Verzicht einher. Abgesehen davon sei der Gewinn, auf den sie angeblich verzichtet habe, nicht richtig berechnet worden.

192    Nach Auffassung der EFPIA hätte das Gericht wegen der Theorie der akzessorischen Einschränkungen feststellen müssen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV unanwendbar sei. Mit dem Vergleich Servier/Krka sei nämlich ein legitimes Ziel verfolgt worden, und die Bestimmungen des Vergleichs seien objektiv erforderlich gewesen. Jedenfalls habe das Gericht im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenz keine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstelle.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

193    Zunächst ist festzustellen, dass der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zulässig ist. Denn die Kommission greift mit ihrem Vorbringen keine tatsächlichen Feststellungen an, sondern meint, dass das Gericht bei der Beurteilung der Frage, inwieweit für Krka ein Anreiz bestanden habe, die Rechtsstreitigkeiten über das Patent EP1296947 durch den Vergleich beizulegen, nicht das richtige Kriterium angewandt habe.

194    Es bietet sich an, den ersten, den dritten und den vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zusammen zu prüfen. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass Krka nicht durch die Lizenzvereinbarung Servier/Krka dazu bewogen worden sei, den Vergleich Servier/Krka zu schließen. Das Gericht habe den Inhalt, die Ziele und den wirtschaftlichen Kontext der Zuwiderhandlung, die diese Vereinbarungen dargestellt hätten, nur eingeschränkt geprüft und dabei Vereinfachungen vorgenommen.

195    Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass Rn. 1029 des angefochtenen Urteils widersprüchlich ist, wie die Kommission geltend macht. Danach war der Abschluss der Lizenzvereinbarung Servier/Krka nämlich die „Bedingung“, d. h. der Anreiz für die Hinnahme der in dem Vergleich Servier/Krka enthaltenen Bedingungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung durch Krka. Unabhängig von der Frage, ob der in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorgesehene Gebührensatz im Hinblick auf die Marktbedingungen angemessen war, war es also der Zugang zu ihren Hauptmärkten ohne das Risiko einer Patentverletzung, der Krka dazu bewogen hat, darauf zu verzichten, ihr Perindopril auf den Hauptmärkten von Servier zu verkaufen. Deshalb konnte das Gericht in Rn. 1029 – ohne sich zu widersprechen – nicht annehmen, dass die Kommission nicht dargetan habe, dass der Gebührensatz „nicht aufgrund geschäftlicher Erwägungen gewählt wurde, sondern als Anreiz für Krka, die [genannten Bestimmungen] zu akzeptieren“.

196    In Anbetracht der Merkmale der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlung (siehe oben, Rn. 57 und 58) hatte das Gericht bei der Entscheidung über das Vorbringen von Servier im Rahmen des neunten Klagegrundes betreffend das Vorliegen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs auf die Zuwiderhandlung, die der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka darstellten, die oben in den Rn. 94, 96 bis 99, 104, 105 und 107 genannten Kriterien anzuwenden. Es hatte also zu bestimmen, inwieweit die Verhaltensweise den Wettbewerb beeinträchtigte, und dabei eingehend die Merkmale, die Ziele und den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext der Verhaltensweise zu untersuchen.

197    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 174), hat das Gericht in Rn. 963 des angefochtenen Urteils aber im Wesentlichen angenommen, dass die Verknüpfung eines Vergleichs mit einer Lizenzvereinbarung im Fall eines wirklichen Rechtsstreits kein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer umgekehrten Zahlung darstelle und die Kommission „dartun“ müsse, „dass die Lizenzvereinbarung keine zu normalen Marktbedingungen abgeschlossene Transaktion darstellt“, weshalb sie im vorliegenden Fall keine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs habe feststellen können.

198    Indem es sich bei seiner Prüfung auf die Lizenzvereinbarung Servier/Krka konzentriert hat, obwohl es die von der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung, wie sie sich aus der Verknüpfung des Vergleichs Servier/Krka mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ergab, in ihrer Gesamtheit hätte prüfen müssen, hat das Gericht also Art. 101 AEUV rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt. Entsprechend hat es sich bei der Prüfung der Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs dann auf die Frage beschränkt, ob die Kommission dargetan hat, dass der in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorgesehene Gebührensatz ungewöhnlich niedrig gewesen sei.

199    Wie die Generalanwältin in Nr. 168 ausgeführt hat, hat das Gericht, indem es sich aus den in den Rn. 973 bis 984 des angefochtenen Urteils genannten Gründen auf die Feststellung beschränkt hat, dass die Kommission nicht dargetan habe, dass Servier Krka eine ungewöhnlich günstige Lizenz erteilt habe, die wesentlichen Merkmale der Zuwiderhandlung (siehe oben, Rn. 57 und 58) außer Acht gelassen und nicht anhand der wechselseitigen Verpflichtungen und Anreize der Vertragsparteien geprüft, ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka Krka hat dazu bewegen können, darauf zu verzichten, mit Servier in Wettbewerb zu treten.

200    Indem es darauf abgestellt hat, dass der in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorgesehene Gebührensatz nicht ungewöhnlich niedrig gewesen sei, ohne im Hinblick auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext, der wegen der Verknüpfung des Vergleichs Servier/Krka mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu einer Aufteilung des Marktes geführt hat, zu prüfen, ob die Wertübertragung, die dadurch erfolgte, dass Krka aufgrund der Lizenzvereinbarung Servier/Krka in der Lage war, ihre Produkte auf ihren Hauptmärkten ohne das Risiko einer Patentverletzung in Verkehr zu bringen, hoch genug war, um Krka tatsächlich zu einem Verzicht auf den Eintritt in die Hauptmärkte von Servier bewegen zu können, hat das Gericht also Art. 101 Abs. 1 AEUV rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt. Die Ausführungen in den Rn. 963, 973 bis 984 und 1029 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

201    Folglich ist dem ersten, dem dritten und dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

c)      Zu dem fünften, dem sechsten, dem siebten und dem achten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

202    Mit dem fünften Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass die Ausführungen in den Rn. 975 bis 984 des angefochtenen Urteils auf der Verfälschung mehrerer Beweise beruhten. Erstens habe sie, anders als es das Gericht in Rn. 978 des angefochtenen Urteils dargestellt habe, nicht angenommen, dass der in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorgesehene Gebührensatz weit unter dem Betriebsergebnis von Servier gelegen habe, sondern, dass der Verlust von Servier eine Nettowertübertragung an Krka dargestellt habe. Zweitens habe das Gericht in Rn. 979 des angefochtenen Urteils den Umstand verfälscht, dass die Gebühr einen geringen Anteil an den Gewinnen ausgemacht habe, die Krka auf den Märkten, für die die Lizenzvereinbarung gegolten habe, erzielt habe. Drittens habe die Krka erteilte Lizenz, anders als es das Gericht in Rn. 981 des angefochtenen Urteils dargestellt habe, nicht deshalb keinen hinreichenden Anreiz dargestellt, weil es sich bei ihr um eine nicht ausschließliche Lizenz gehandelt habe. Sie habe für Krka auf ihren Hauptmärkten nämlich die Perspektive eröffnet, mit Servier ein faktisches Duopol zu bilden.

203    Mit dem sechsten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 994 bis 998 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass es paradox wäre, anzunehmen, dass der Anreiz, einen Vergleich mit den Wettbewerb einschränkenden Bestimmungen zu schließen, umso größer und die Einstufung einer solchen Vereinbarung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs umso leichter wäre, je umfassender eine Lizenz an einem Patent sei. Diese Annahme beruhe auf einem unrichtigen Verständnis des streitigen Beschlusses, aus dem sich ergebe, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka dazu gedient habe, Krka zu einem Verzicht auf den Eintritt in die Hauptmärkte von Servier zu bewegen, für die die Lizenzvereinbarung Servier/Krka nicht gegolten habe.

204    Mit dem siebten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission insoweit gegen Rn. 997 des angefochtenen Urteils, als dort angenommen wird, dass der Inhaber eines Patents durch den streitigen Beschluss verpflichtet werde, eine Lizenz für das gesamte Gebiet zu erteilen, für das ein Vergleich gelte. Sie meint, der streitige Beschluss begründe keine solche Verpflichtung.

205    Mit dem achten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in Rn. 998 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass eine Vereinbarung nur dann als „Anreiz“ für eine Vertragspartei angesehen werden könne, wenn sie dieser einen Ausgleich für den Verlust biete, der ihr durch die Bestimmungen, mit der ihr der Eintritt in bestimmte Märkte verboten werde, entstehe. Erstens sei diese Annahme nicht mit der Rechtsprechung zu vereinbaren, wonach eine Wertübertragung lediglich hoch genug sein müsse, um einen Generikahersteller zu einem Verzicht auf den Markteintritt zu bewegen. Zweitens verfälsche sie die in Fn. 2348 des streitigen Beschlusses genannten Beweise, auf deren Grundlage sie angenommen habe, dass die Gewinne, die Krka meinte, auf ihren Hauptmärkten aufgrund der Lizenzvereinbarung Servier/Krka erzielen zu können, hoch genug gewesen seien, um sie dazu bewegen zu können, von einem Eintritt in die Hauptmärkte von Servier abzusehen.

206    Servier meint, die im Rahmen des fünften Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes geltend gemachten Verfälschungen lägen nicht vor.

207    Der sechste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes gehe ins Leere. Er beziehe sich auf eine Hilfserwägung des angefochtenen Urteils. Jedenfalls sei er aber nicht begründet, da das Gericht die Rechtsprechung angewandt habe, nach der nur Vereinbarungen, die den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigten, als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs angesehen werden könnten.

208    Auch der siebte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei gegen eine Hilfserwägung des angefochtenen Urteils gerichtet und gehe mithin ins Leere. Soweit versucht werde, bestimmte Formen von Lizenzen vorzuschreiben, sei das Vorbringen der Kommission nicht mit dem Gestaltungsspielraum vereinbar, über den sowohl der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums bei der Erteilung einer Lizenz an einen Dritten als auch die Parteien eines Rechtsstreits bei dessen gütlicher Beilegung verfügten.

209    Der achte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes beruhe auf einer Verfälschung von Rn. 998 des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe nicht angenommen, dass eine asymmetrische Lizenz deshalb keinen Anreiz darstelle, weil mit ihr die verlorenen Gewinne nicht ausgeglichen würden, sondern zu Recht entschieden, dass ein Unternehmen, das die Gültigkeit eines Patents nicht anerkenne, sich nachvollziehbar dazu veranlasst sehe, als Gegenleistung für seinen Verzicht auf den Markteintritt zu verlangen, dass zumindest der sichere Verlust der erwarteten Gewinne ausgeglichen werde. Anders als die Kommission behaupte, habe das Gericht angenommen, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka, da sie zu Marktbedingungen geschlossen worden sei, nicht als umgekehrte Zahlung angesehen werden könne. Ausschlaggebend für die Annahme der Bestimmungen des Vergleichs durch Krka sei die Gültigkeit des Patents EP1296947 gewesen.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

210    Mit dem fünften Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht im Rahmen seiner Ausführungen in den Rn. 975 bis 984 des angefochtenen Urteils zur Höhe des in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka festgelegten Gebührensatzes bei der Prüfung der Frage, ob die Vereinbarung Krka zu einem Verzicht auf den Eintritt in die Hauptmärkte von Servier habe bewegen können, mehrere Beweise verfälscht habe. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 198 bis 200), beruhen diese Ausführungen des Gerichts auf der Anwendung eines unrichtigen rechtlichen Kriteriums, nämlich des Kriteriums, ob die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu normalen Marktbedingungen geschlossen worden ist. Da die Rn. 975 bis 984 des angefochtenen Urteils wegen dieses Rechtsfehlers rechtswidrig sind, braucht über den fünften Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes nicht entschieden zu werden.

211    Mit dem sechsten, dem siebten und dem achten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Ausführungen in den Rn. 992 bis 998 des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht die Annahme der Kommission, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka für Krka einen Anreiz dargestellt habe, ihren Eintritt in die Hauptmärkte von Servier aufzuschieben, im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass der Geltungsbereich der in dem Vergleich Servier/Krka enthaltenen Bestimmungen über das Nichtinverkehrbringen und die Nichtanfechtung weiter gewesen sei als der der Lizenzvereinbarung Servier/Krka. Diese Ausführungen des Gerichts beruhen jedoch auf der Annahme, dass eine Lizenzvereinbarung, die zu normalen Marktbedingungen geschlossen wurde, aus diesem Grund das vom Gericht in Rn. 963 des angefochtenen Urteils definierte Kriterium erfülle und deshalb keinen Anreiz für den Abschluss eines den Wettbewerb einschränkende Bestimmungen enthaltenden Vergleichs zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über das betreffende Patent darstellen könne. Da dieses Kriterium rechtlich nicht richtig ist, beruhen die Ausführungen in den Rn. 994 bis 998 des angefochtenen Urteils auf einer Annahme, die selbst nicht richtig ist, und sind daher rechtswidrig. Folglich ist die von Servier erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen und dem sechsten, dem siebten und dem achten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

212    Dem zweiten Rechtsmittelgrund ist somit stattzugeben.

6.      Zum dritten Rechtsmittelgrund

a)      Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

213    Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen Rn. 1006 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht angenommen hat, dass eine Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte eine „undurchlässige“ Aufteilung der Märkte zwischen den Vertragsparteien voraussetze. Sie meint, diese Annahme des Gerichts sei nicht mit Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV zu vereinbaren, der eine solche Voraussetzung, wie sich aus dem Urteil vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission (T‑49/02 bis T‑51/02, EU:T:2005:298, Rn. 156), bzw. dem Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 28), ergebe, weder für die Einstufung als Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte noch für die Einstufung einer solchen Vereinbarung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs aufstelle.

214    Servier vertritt die Auffassung, dass dieses Vorbringen auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. Das Gericht habe keine „undurchlässige“ Teilung der Märkte verlangt, sondern festgestellt, dass Krka kein Teil des Marktes vorbehalten gewesen sei. Die Urteile des Gerichtshofs und des Gerichts, auf die sich die Kommission berufe, seien nicht einschlägig. Der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka hätten nämlich nicht auf die Aufteilung der Kunden oder die Verhinderung des Markteintritts ausländischer Wettbewerber abgezielt, sondern auf der Anerkennung des Patents EP1296947 beruht.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

215    Nachdem es in Rn. 985 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen zu dem Schluss gelangt ist, dass die Kommission den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft hat, hat das Gericht angenommen, dass dieses Ergebnis durch die übrigen im streitigen Beschluss herangezogenen Gesichtspunkte nicht in Frage gestellt werden könne. So hat es aus den in den Rn. 1003 bis 1014 des angefochtenen Urteils genannten Gründen festgestellt, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Aufteilung der Märkte unter Servier und Krka dargestellt hätten. Insbesondere hat es festgestellt, dass Servier nicht von den Hauptmärkten von Krka ausgeschlossen gewesen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 1005), und daraus gefolgert, dass „Krka aufgrund der Vereinbarungen kein Teil des Marktes vorbehalten [war] [und daher] … nicht auf das Vorliegen einer Marktaufteilung im Sinne einer undurchlässigen Aufteilung dieses Teils des Marktes zwischen den Parteien der Vereinbarung geschlossen werden“ könne (angefochtenes Urteil, Rn. 1006).

216    Wie die Generalanwältin in den Nrn. 182 bis 194 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, steht der Umstand, dass eine Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte nicht „undurchlässig“ ist, ihrer Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs jedoch in keiner Weise entgegen. Denn Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte sind nach Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV ausdrücklich verboten. Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit betreffend die Aufteilung der Märkte sind nach der oben in Rn. 97 dargestellten Rechtsprechung, weil es sich bei ihnen um einen besonders schweren Verstoß handelt, als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs einzustufen.

217    Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV enthält insoweit keine besondere Voraussetzung, nach der das aufgestellte Verbot nur für Vereinbarungen gälte, mit denen die Märkte „undurchlässig“ aufgeteilt würden, etwa durch Vorschriften, mit denen der Zugang zu bestimmten der betreffenden Märkte einem der betreffenden Unternehmen unter Ausschluss des anderen vorbehalten würde oder Ausfuhren von einem Markt in den anderen verboten würden. Da es insoweit keine spezielle Vorschrift gibt, ist bei Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte also nicht nach einer Voraussetzung zu unterscheiden, die Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht vorsieht und die im Hinblick auf das Ziel und die Systematik der Vorschrift auch nicht in Betracht kommt.

218    Im Übrigen würde die vom Gericht vorgenommene Auslegung darauf hinauslaufen, dass Vereinbarungen über eine Aufteilung der Märkte, die insbesondere dadurch erfolgt, dass einem Unternehmen bestimmte Märkte vorbehalten werden, und zwar als Gegenleistung für die einem anderen, auf derselben Stufe der Produktions- oder Vertriebskette tätigen Unternehmen erteilte Lizenz an einem Patent, aufgrund deren dieses ohne das Risiko einer Patentverletzung in andere Märkte eintreten kann, nicht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen wären. Dadurch würde die volle Wirksamkeit des in Art. 101 Abs. 1 Buchst. c AEUV aufgestellten Verbots geschmälert und die Durchführung des Wettbewerbsrechts der Union schwer beeinträchtigt. Solche Vereinbarungen sind nämlich ganz klar wettbewerbswidrig.

219    Mit der Annahme in Rn. 1006 des angefochtenen Urteils, dass Krka aufgrund des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka kein Teil des Marktes vorbehalten gewesen sei und „[d]aher … nicht auf das Vorliegen einer Marktaufteilung im Sinne einer undurchlässigen Aufteilung dieses Teils des Marktes zwischen den Parteien [dieser Vereinbarungen] geschlossen werden [kann]“, hat das Gericht mithin Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt. Rn. 1006 des angefochtenen Urteils ist deshalb rechtswidrig.

220    Folglich ist dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

b)      Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

221    Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen Rn. 1012 des angefochtenen Urteils, in der es heiße, dass ein Vertragswerk, dem die Anerkennung der Gültigkeit des betreffenden Patents durch die Vertragsparteien zugrunde liege, nicht als Marktausschlussvereinbarung eingestuft werden könne. Das Gericht habe den eindeutigen Sinn der Beweise über die Einschätzung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch die Vertragsparteien verfälscht. Auch wenn er auf der Anerkennung der Gültigkeit des betreffenden Patents durch die Vertragsparteien beruht habe, falle der Vergleich Servier/Krka, da er eine Aufteilung des Marktes bezweckt habe, unter das Verbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV.

222    Servier meint, dass die Rüge der Verfälschung zurückzuweisen sei. Die Kommission habe nicht dargetan, dass dem Gericht bei der Würdigung der Beweise irgendein Fehler unterlaufen wäre. Das Gericht habe, ohne sich über die Rechtsprechung hinwegzusetzen, auf die sich die Kommission berufe, festgestellt, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf der Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch die Vertragsparteien beruht hätten.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

223    Das Gericht hat in Rn. 1012 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „sich, da das Bestehen eines Anreizes nicht dargetan ist …, die Vermarktungsverbots- und die Nichtangriffsklausel aus einer legitimen Vereinbarung zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits ergeben, mit der eine Lizenzvereinbarung verbunden ist“, und dass „ein solches Vertragswerk, dem die Anerkennung der Gültigkeit des Patents zugrunde liegt, … somit nicht als Marktausschlussvereinbarung eingestuft werden [kann]“.

224    Auch wenn die Anerkennung der Gültigkeit eines Patents, das Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen den Vertragsparteien ist, bei der Beurteilung der Frage, ob die durch einen Vergleich zur gütlichen Beilegung dieses Rechtsstreits bedingten Einschränkungen des Wettbewerbs auf ein und demselben Markt dadurch gemildert oder sogar neutralisiert werden können, dass die Vertragsparteien eine Lizenzvereinbarung schließen, ein relevanter Gesichtspunkt sein kann, ist sie für die Beurteilung der Frage, ob eine Absprache wie die, die Servier und Krka mit dem streitigen Beschluss zugerechnet wird und die darin besteht, dass durch einen Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits, der u. a. Märkte betrifft, die in den räumlichen Anwendungsbereich der Zuwiderhandlung fallen, und eine Vereinbarung über die Erteilung einer Lizenz an dem Patent, die sich auf Märkte erstreckt, die nicht in den räumlichen Anwendungsbereich der Zuwiderhandlung fallen, Märkte aufgeteilt werden, als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden kann, für sich genommen nicht ausschlaggebend, ja nicht einmal relevant (siehe oben, Rn. 102 und 132).

225    Nach den Ausführungen oben in den Rn. 102, 132, 178 bis 184 und 224 hat das Gericht dadurch, dass es bei der Feststellung, dass die Kommission den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe, zum einen auf die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka abgestellt hat, obwohl dieser Gesichtspunkt für sich genommen nicht ausschlaggebend ist, und zum anderen auf den Inhalt und die Form des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, anstatt anhand des Kontexts dieser Vereinbarungen konkret zu prüfen, wie schädlich sie für den Wettbewerb waren, einen Rechtsfehler begangen.

226    Soweit sonst keine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV vorliegt, kann ein legitimes Ziel verfolgt werden und kann es völlig rechtmäßig sein, wenn auf der Grundlage der Anerkennung der Gültigkeit des Patents durch die Vertragsparteien ein Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits und eine Vereinbarung zur Erteilung einer Lizenz an dem Patent geschlossen werden. Dass mit solchen Vereinbarungen ein legitimes Ziel verfolgt wird, bedeutet aber nicht, dass deshalb, wenn sich herausstellt, dass mit ihnen auch das Ziel verfolgt wird, die Märkte aufzuteilen oder andere Einschränkungen des Wettbewerbs vorzunehmen, Art. 101 AEUV nicht anwendbar wäre (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 1985, BAT Cigaretten-Fabriken/Kommission, 35/83, EU:C:1985:32, Rn. 33, und vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 70).

227    Dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher stattzugeben.

c)      Zum dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

228    Mit dem dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 987 und 988 des angefochtenen Urteils den Wortlaut der Lizenzvereinbarung Servier/Krka verfälscht habe. Das Gericht habe festgestellt, dass sich die etwaige Errichtung eines faktischen Duopols in den sieben Mitgliedstaaten, für die die Lizenzvereinbarung Servier/Krka gegolten habe – den Hauptmärkten von Krka –, nicht aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergeben habe, sondern aus Entscheidungen, die Servier und Krka in der Folge jeweils für sich getroffen hätten. Diese Feststellung sei aber nicht mit Art. 2 Abs. 2 der Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu vereinbaren, mit dem sich Servier verpflichtet habe, auf diesen sieben nationalen Märkten keinem dritten Wirtschaftsteilnehmer die Benutzung des Patents EP1296947 zu gestatten.

229    Servier bestreitet, dass durch die Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein faktisches Duopol errichtet worden sei. Zum einen sei sie nach dieser Vereinbarung befugt gewesen, dritten Wirtschaftsteilnehmern weitere Lizenzen zu erteilen. Zum anderen habe die Kommission das Vorliegen eines gewissen Grades an Wettbewerb zwischen ihr und Krka, wie er in Rn. 991 des angefochtenen Urteils festgestellt worden sei, nicht bestritten. Ihr Vorbringen gehe daher ins Leere.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

230    In Rn. 987 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass, auch wenn die Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Errichtung eines für Servier und Krka „günstigen Duopols“ erlaubt habe, „… sich … ein solches Duopol nicht aus der Vereinbarung selbst [ergab], sondern aus nach deren Abschluss von Servier und Krka getroffenen Entscheidungen, nämlich der Entscheidung von Servier, keinem anderen Generikahersteller eine Lizenz zu erteilen oder nicht selbst eine generische Version ihres eigenen Perindoprils zu einem niedrigen Preis zu vermarkten, und der Entscheidung von Krka, nicht in einen aggressiven Preiskampf einzutreten“.

231    Art. 2 der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, die in Rn. 46 des angefochtenen Urteils angesprochen wird und der Klageschrift als Anlage A.176 beigefügt ist, lautet:

„Hiermit erteilt Servier Krka eine ausschließliche und unwiderrufliche Lizenz an dem Patent [EP1296947] und Krka nimmt sie an, um Produkte von Krka, die die alpha-kristalline Form des Tertiärbutylamin-Salzes von Perindopril enthalten, während der Dauer der Vereinbarung in dem Gebiet zu verwenden, herzustellen, zu verkaufen, zum Kauf anzubieten, zu bewerben und einzuführen.

Unbeschadet dessen behält sich Servier das Recht vor, das Patent EP1296947 in dem Gebiet unmittelbar oder über ihre Tochtergesellschaften oder einen einzigen Dritten pro Land zur Durchführung der oben genannten Vorgänge zu benutzen.

Mit Ausnahme der Unterlizenzen, die sie ihren Tochtergesellschaften erteilt, ist Krka nicht befugt, ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Servier Unterlizenzen zu erteilen.“

232    Aus diesem eindeutigen und bestimmten Wortlaut ergibt sich, dass Servier Krka die ausschließliche und unwiderrufliche Lizenz an dem Patent EP1296947 erteilt hat, sich dabei aber das Recht vorbehalten hat, das Patent „unmittelbar über eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen einzigen Dritten pro Land“ zu benutzen. Dieser Vorbehalt mag einer der Gründe gewesen sein, warum die Kommission sich vorsichtig ausgedrückt hat. In den Rn. 1728, 1734 und 1742 des streitigen Beschlusses ist lediglich von einem „faktischen“ Duopol auf den Hauptmärkten von Krka die Rede. Angesichts der Ausschließlichkeit und der Unwiderruflichkeit der Krka erteilten Lizenz kann der Vorbehalt aber nicht dahin verstanden werden, dass es Servier gestattet würde, einem anderen Generikahersteller eine Lizenz an dem Patent zu erteilen, der unabhängig von ihr agierend mit Krka in Wettbewerb treten könnte. Mit der Feststellung, dass sich das Duopol von Servier und Krka nicht aus den Bestimmungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ergeben habe, sondern aus der später erfolgten Entscheidung von Servier, „keinem anderen Generikahersteller eine Lizenz zu erteilen“ (angefochtenes Urteil, Rn. 987), hat das Gericht die Vereinbarung somit auf eine Weise aufgefasst, die nicht mit deren Wortlaut vereinbar ist. Rn. 987 des angefochtenen Urteils ist wegen dieser Verfälschung des Sinns der Lizenzvereinbarung Servier/Krka rechtswidrig.

233    Folglich ist dem dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

d)      Zum vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

234    Mit dem vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 989 und 990 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass sie bei der Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nicht auf die Errichtung eines Duopols von Servier und Krka habe abstellen können, ohne die potenziellen Wirkungen des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu untersuchen. Mit diesen Vereinbarungen sei nämlich das Ziel verfolgt worden, die Struktur der Hauptmärkte von Servier erheblich zu verändern, indem Krka als Gegenleistung für den Verzicht auf den Eintritt in diese Märkte eine Lizenz erteilt worden sei. Deshalb sei es nicht erforderlich gewesen, zu untersuchen, welche Wirkungen diese Vereinbarungen gehabt hätten. Im streitigen Beschluss sei auf diese Frage lediglich der Vollständigkeit halber eingegangen worden.

235    Servier vertritt die Auffassung, dass dieses Vorbringen auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

236    Nach der oben in Rn. 96 dargestellten Rechtsprechung kann der Begriff der bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nur auf bestimmte Arten von Vereinbarungen zwischen Unternehmen angewandt werden, die den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um annehmen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht erforderlich ist.

237    Bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen eine solche hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, ist auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53).

238    Wie die Kommission zu Recht geltend macht, ist bei als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs eingestuften Verhaltensweisen aber nicht zu prüfen und schon gar nicht nachzuweisen, welche Wirkungen sie auf den Wettbewerb haben (siehe oben, Rn. 93 und 94). Denn erfahrungsgemäß sind bestimmte Verhaltensweisen an sich geeignet, negative Wirkungen auf die Märkte zu haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, -EU:C:2014:2204, Rn. 51, und vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 162). Nach der oben in Rn. 97 dargestellten Rechtsprechung haben Vereinbarungen, mit denen die Aufteilung der Märkte bezweckt wird, für sich genommen ein den Wettbewerb einschränkendes Ziel und fallen unter eine Kategorie von Vereinbarungen, die Art. 101 Abs. 1 AEUV ausdrücklich verbietet. Dieses Verbot kann nicht durch eine Analyse des wirtschaftlichen Kontexts des betreffenden wettbewerbswidrigen Verhaltens außer Kraft gesetzt werden.

239    Wie das Gericht selbst in den Rn. 221 und 989 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, darf bei der Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nach der oben in den Rn. 236 bis 238 dargestellten Rechtsprechung deshalb nicht etwa im Rahmen der Untersuchung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts der betreffenden Vereinbarung geprüft werden, welche Wirkungen diese hatte. Sonst hätte die Unterscheidung zwischen den Wettbewerb einschränkenden Zwecken und den Wettbewerb einschränkenden Wirkungen, wie sie in Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgenommen wird, keine praktische Wirksamkeit. Das Gericht hat in Rn. 989 des angefochtenen Urteils, in der auf die in Rn. 304 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung verwiesen wird, aber auch festgestellt, dass die Kommission und die Unionsgerichte bei der Prüfung der Frage, ob mit einer Vereinbarung ein Zweck verfolgt werde, der den Wettbewerb einschränke, deren potenzielle Wirkungen insbesondere im Rahmen der Berücksichtigung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts der Vereinbarung nicht völlig außer Betracht lassen dürften. Entsprechend hat es in Rn. 990 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „… die vermeintlichen potenziellen Wirkungen, d. h. das von der Kommission angeführte Duopol, auf hypothetischen und somit bei Abschluss der Vereinbarung nicht objektiv vorhersehbaren Umständen [beruhen]“.

240    Rn. 989 des angefochtenen Urteils ist in sich widersprüchlich. Danach soll bei der Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs nicht geprüft werden dürfen, welche Wirkungen diese hat. Gleichzeitig sollen bei der Prüfung der Frage, ob mit einer Vereinbarung ein den Wettbewerb einschränkender Zweck verfolgt wird, deren Wirkungen nicht völlig außer Betracht gelassen werden dürfen. Diese beiden Aussagen sind nicht miteinander vereinbar.

241    Darüber hinaus hat das Gericht in den Rn. 304 und 989 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Kommission und die Unionsgerichte bei der Prüfung der Frage, ob mit einer Vereinbarung ein den Wettbewerb einschränkender Zweck verfolgt werde, die potenziellen Wirkungen der Vereinbarung nicht völlig außer Betracht lassen dürften. Denn diese Feststellung, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Stütze findet, steht in direktem Widerspruch zu der oben in den Rn. 236 bis 238 dargestellten Rechtsprechung, wonach bei einer als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuften Verhaltensweise nicht zu prüfen und schon gar nicht nachzuweisen ist, welche Wirkungen sie auf den Wettbewerb hat.

242    Im Übrigen hat das Gericht bei dieser unzutreffenden Erwägung die Prüfung der Frage, ob ein Verhalten bereits aufgrund seiner Art geeignet ist, den Wettbewerb aufgrund seiner eigenen Merkmale systematisch zu beeinträchtigen, und damit den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden zu können, mit der Prüfung der Frage, welche tatsächlichen oder potenziellen Wirkungen ein bestimmtes Verhalten in einem bestimmten Fall hat, verwechselt, auf die es lediglich bei der Feststellung einer etwaigen bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs ankommt.

243    Um festzustellen, ob ein Verhalten den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden zu können, ist nämlich nicht zu prüfen – und schon gar nicht nachzuweisen –, welche realen oder potenziellen, negativen oder positiven Auswirkungen das Verhalten auf den Wettbewerb hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 159, 162 und 166 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

244    Im Hinblick auf die oben in den Rn. 236 bis 238 und 243 dargestellte Rechtsprechung, nach der die Wirkungen einer Vereinbarung oder Verhaltensweise nicht zu berücksichtigen sind, hat das Gericht in Rn. 990 des angefochtenen Urteils im Rahmen seiner Ausführungen zu der im streitigen Beschluss wegen der durch den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka erfolgten Aufteilung der räumlichen Märkte in der Union festgestellten bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs rechtsfehlerhaft Erwägungen dazu angestellt, dass die potenziellen Wirkungen der Vereinbarungen hypothetisch gewesen seien. Die Kommission hatte solche Erwägungen in diesem Zusammenhang jedoch überhaupt nicht zu berücksichtigen.

245    Dem vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher stattzugeben.

e)      Zum fünften Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

246    Mit dem fünften Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in Rn. 1023 des angefochtenen Urteils die in Rn. 1730 des streitigen Beschlusses angesprochene Aussage von Lupin, dass „die Rechtfertigung [des Vergleichs Servier/Krka] … aus der Sicht von Servier anscheinend der Schutz der Hauptmärkte [ist], auf denen ein anhaltend hohes Niveau von Substitution und/oder [Freinamen‑]Verschreibung festzustellen ist“, zu Unrecht mit der Begründung für unerheblich erachtet habe, dass diese Aussage nicht beweise, dass Servier die Absicht gehabt hätte, Marktaufteilungs- oder ‑ausschlussvereinbarungen mit Krka zu schließen. Diese Aussage habe aber nicht dazu gedient, die Absicht von Servier nachzuweisen, sondern dazu, eine spätere Aussage von Krka zu untermauern, die beweise, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Art der Aufteilung der Märkte ermöglicht hätten, und damit zu dem Beweis beitrage, dass mit den Vereinbarungen ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt worden sei.

247    Servier meint, der fünfte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes sei unzulässig, weil mit ihm die vom Gericht vorgenommene Beweiswürdigung angegriffen werde.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

248    Es ergibt sich aus Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist und dass daher allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Beweiswürdigung zuständig ist. Die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel ist, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (Urteil vom 16. Februar 2023, Kommission/Italien, C‑623/20 P, EU:C:2023:97, Rn. 116 und die dort angeführte Rechtsprechung).

249    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission keine Verfälschung geltend macht. Der fünfte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist deshalb unzulässig.

f)      Zum sechsten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

250    Mit dem sechsten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 248, 958 und 965 des angefochtenen Urteils die Verordnung Nr. 772/2004 und die Leitlinien zur Anwendung von Artikel [101 AEUV] auf Technologietransfer-Vereinbarungen (siehe oben, Rn. 53) nicht richtig ausgelegt habe.

251    Servier meint, dem Gericht seien bei der Anwendung des Begriffs der bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs keinerlei Rechtsfehler unterlaufen.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

252    Rn. 248 des angefochtenen Urteils, in der im Wesentlichen lediglich bestimmte Randnummern der oben in Rn. 250 genannten Leitlinien dargestellt und erläutert werden, gehört zu den Vorbemerkungen, im Anschluss an die das Gericht dann in Rn. 252 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt ist, dass „ein Ausgleich zu finden ist zwischen einerseits der Notwendigkeit, den Unternehmen den Abschluss von für die Allgemeinheit günstigen Vergleichen zu ermöglichen, und andererseits der Notwendigkeit, der Gefahr eines zweckwidrigen, dem Wettbewerbsrecht zuwiderlaufenden Einsatzes von Vergleichsvereinbarungen vorzubeugen, der zur Aufrechterhaltung von ungültigen Patenten und insbesondere im Arzneimittelsektor zu einer nicht gerechtfertigten finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte führt“. Wegen ihrer Allgemeinheit haben sich diese Vorbemerkungen aber nicht auf den Tenor des angefochtenen Urteils ausgewirkt. Die gegen Rn. 248 des angefochtenen Urteils gerichtete Rüge geht daher ins Leere. Und die Rn. 943 bis 972 des angefochtenen Urteils sind nach den oben in den Rn. 179 bis 184 zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes angestellten Ausführungen rechtswidrig. Auf die Rügen, mit denen die Rn. 958 und 965 des angefochtenen Urteils angegriffen werden, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

253    Dem dritten Rechtsmittelgrund ist, da sein erster, sein zweiter, sein dritter, sein vierter und sein sechster Teil begründet sind, stattzugeben.

7.      Zum vierten Rechtsmittelgrund

254    Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wendet sich die Kommission gegen die Ausführungen des Gerichts zu der Absicht der Vertragsparteien der Vereinbarungen Servier/Krka. Der vierte Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen.

a)      Zum ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

255    Mit dem ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in Rn. 1015 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt habe, dass sie im streitigen Beschluss nicht nachgewiesen habe, dass Servier oder Krka die Absicht gehabt hätten, wettbewerbswidrige Vereinbarungen zu schließen. Da es sich bei der Zuwiderhandlung, die diesen Unternehmen zur Last gelegt worden sei, um eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs handele, sei ein solcher Nachweis nicht erforderlich. Auch wenn die betreffenden Unternehmen nicht die Absicht gehabt haben sollten, den Wettbewerb einzuschränken, ändere dies nichts daran, dass die Vereinbarungen Servier/Krka den Wettbewerb auf den Hauptmärkten von Servier hinreichend beeinträchtigt hätten, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden zu können.

256    Servier meint, für die Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs sei der Nachweis der Absicht der Vertragsparteien überhaupt nicht erforderlich. Der vierte Rechtsmittelgrund sei mithin insgesamt gegen eine Hilfserwägung des angefochtenen Urteils gerichtet und gehe daher ins Leere.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

257    Nachdem es in Rn. 985 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, dass die Kommission den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka nicht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs habe einstufen können, hat das Gericht angenommen, dass dieses Ergebnis durch die übrigen Gesichtspunkte, die im streitigen Beschluss herangezogen worden seien, nicht in Frage gestellt werden könne. Insoweit heißt es in Rn. 1015 des angefochtenen Urteils, dass „… die Kommission nicht dargetan [hat], dass Servier oder Krka die Absicht hatten, eine Marktausschluss- oder eine Marktaufteilungsvereinbarung zu schließen, oder dass Servier Krka dazu anreizen wollte, nicht mit ihr in Wettbewerb zu treten, oder dass Krka beabsichtigte, im Gegenzug zu einem als Anreiz wirkenden Vorteil davon abzusehen, Wettbewerbsdruck auf Servier auszuüben“. Sodann hat das Gericht bestimmte Beweise, die im streitigen Beschluss für die Absicht der Vertragsparteien der Vereinbarungen Servier/Krka angeführt werden, aus den in den Rn. 1016 bis 1024 des angefochtenen Urteils genannten Gründen als nicht stichhaltig angesehen und in Rn. 1025 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission jedenfalls kein Bündel von relevanten und übereinstimmenden Indizien vorgelegt habe, die das Ergebnis, zu dem es in Rn. 985 des angefochtenen Urteils gelangt sei, in Frage zu stellen vermöchten.

258    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 108 und 182), sind der Umstand, dass die Unternehmen, deren Verhalten möglicherweise als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs einzustufen ist, ohne die Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, gehandelt haben, und der Umstand, dass sie bestimmte legitime Ziele verfolgt haben, für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht entscheidend (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zwar können Beweise für die Absichten der Vertragsparteien einer Vereinbarung unter Umständen zu der Feststellung der objektiven Ziele beitragen, die mit der Vereinbarung in Bezug auf den Wettbewerb erreicht werden sollen. Nach der genannten Rechtsprechung hat das Gericht aber rechtsfehlerhaft beanstandet, dass die Kommission im Wesentlichen nicht nachgewiesen habe, dass Servier und Krka die Absicht gehabt hätten, den Wettbewerb zwischen ihnen einzuschränken. Für die Feststellung einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs war dies nicht erforderlich. Rn. 251 des angefochtenen Urteils ist deshalb rechtswidrig.

259    Dem ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist deshalb stattzugeben.

b)      Zum zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

260    Mit dem zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht, indem es in den Rn. 1016 bis 1024 des angefochtenen Urteils über die Absicht von Servier und Krka, sich die Märkte aufzuteilen, entschieden habe, Fehler bei der Auslegung der für die Beweiswürdigung geltenden Grundsätze begangen habe. Die Kommission erhebt insoweit vier Rügen.

261    Erstens habe sich das Gericht, was die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Servier und Krka angehe, in den Rn. 1017 bis 1024 des angefochtenen Urteils darauf beschränkt, bestimmte Beweismittel zu untersuchen, die im streitigen Beschluss angeführt seien. Es hätte aber prüfen müssen, ob nach dem erforderlichen Beweismaß sämtliche schriftlichen Beweise insgesamt betrachtet eine Zuwiderhandlung bewiesen. Das Gericht habe auf diese Weise die in den Rn. 873, 874 und 1759 des streitigen Beschlusses genannten Dokumente nicht berücksichtigt.

262    Zweitens habe das Gericht, was die Bedeutung angehe, die dem Inhalt des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka in Rn. 1016 des angefochtenen Urteils beigemessen worden sei, im Grunde einen Umkehrschluss vorgenommen und die durch das Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 57), begründete Rechtsprechung betreffend die Schlüsse, die in Fällen, in denen die Vertragsparteien keine schriftlichen Beweise für den Inhalt ihrer Vereinbarung aufbewahrt hätten, aus Indizien gezogen werden könnten, nicht richtig aufgefasst. Es habe aus dieser Rechtsprechung nämlich abgeleitet, dass die Verfügbarkeit des Inhalts einer Vereinbarung die Relevanz der übrigen schriftlichen Beweismittel relativiere. Hätte es diesen Rechtsfehler nicht begangen, hätte das Gericht eine E‑Mail von Krka vom 29. September 2005, mit der die verfolgte wettbewerbswidrige Strategie identifiziert werde, und die in den Rn. 1730 und 1748 des streitigen Beschlusses angesprochene Aussage von Lupin, die bestätige, dass es eine solche Strategie gegeben habe, berücksichtigen müssen.

263    Drittens habe das Gericht in Rn. 1016 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es allgemein und abstrakt festgestellt habe, dass Dokumente aus der Zeit von Vereinbarungen „… nicht ohne Weiteres eine Schlussfolgerung in Frage stellen [können], die auf den Inhalt dieser Vereinbarungen selbst gestützt ist“. Eine solche Rangfolge gebe es bei der Beweiserhebung nicht. Das Gericht habe die Hauptfunktion des Beweises verkannt, nämlich überzeugend darzutun, dass ein Vorbringen zutrifft, und dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es nicht bei allen Beweisen, die in den Rn. 1758 bis 1760 des streitigen Beschlusses angeführt seien, geprüft habe, ob sie überzeugend seien.

264    Viertens macht die Kommission geltend, dass Rn. 1019 des angefochtenen Urteils nicht hinreichend begründet sei. Insbesondere werde im angefochtenen Urteil nicht erläutert, warum die in den Rn. 1758 bis 1760 in Verbindung mit den Rn. 1687 bis 1690 des streitigen Beschlusses genannten Beweise noch nicht bewiesen, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 nicht anerkannt habe.

265    Servier meint, das Gericht habe dargelegt, warum der Umstand, dass Krka die Gerichtsverfahren weiterbetrieben habe, nichts daran ändere, dass Krka die Gültigkeit des Patents 947 anerkannt habe. Es habe weder gegen seine Verpflichtung, sämtliche relevanten Beweise zu untersuchen, noch gegen seine Begründungspflicht verstoßen. Zu der zweiten und der dritten Rüge macht Servier geltend, dass die Vereinbarungen Servier/Krka veröffentlicht worden seien. Das Gericht habe deshalb zu Recht zwischen diesen Vereinbarungen und geheimen Kartellabsprachen unterschieden.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

266    Das Vorbringen der Kommission im Rahmen der ersten Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes überschneidet sich mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes. Es bietet sich daher an, auf dieses Vorbringen im Rahmen der Ausführungen zum vierten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes einzugehen.

267    Zu der vierten Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes, mit der ein Begründungsmangel gerügt wird, ist festzustellen, dass aus der Begründung eines Urteils nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen müssen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann (Urteil vom 9. März 2023, Les Mousquetaires und ITM Entreprises/Kommission, C‑682/20 P, EU:C:2023:170, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

268    In Rn. 1019 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die in den Rn. 849 bis 854 und 1758 bis 1760 des streitigen Beschlusses angeführten Beweise mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie „zu fragmentarisch oder zu wenig eindeutig“ seien, um seine Feststellung entkräften zu können, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 am Ende anerkannt habe. Diese Begründung mag knapp sein, genügt aber in Verbindung mit Rn. 1016 des angefochtenen Urteils, um zu verstehen, dass das Gericht die betreffenden Beweismittel auf diese Weise zurückgewiesen hat. Die vierte Rüge ist deshalb unbegründet. Sie ist zurückzuweisen.

269    Es bietet sich an, die zweite und die dritte Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes zusammen zu prüfen. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass das Gericht in Rn. 1016 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass Dokumente aus der Zeit von Vereinbarungen nicht ohne Weiteres eine Schlussfolgerung in Frage stellen könnten, die auf den Inhalt der Vereinbarungen selbst gestützt sei.

270    In Rn. 1016 des angefochtenen Urteils hat das Gericht unter Bezugnahme auf das Urteil vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission (C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 51), zu Recht darauf hingewiesen, dass, selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, es sich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege handelt, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren, dann aber angenommen, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka „… echte Verträge [sind], die zudem weithin bekannt gemacht worden sind (Rn. 915 des [streitigen] Beschlusses)“, dass, „[d]a die Kommission problemlos über den vollständigen Inhalt dieser Vereinbarungen verfügen konnte, … die Übertragbarkeit der vorstehend angeführten Rechtsprechung weniger offensichtlich [ist]“ und dass „[d]aher … zum Nachweis der Absichten der Parteien Ableitungen aus Auszügen aus Schreiben oder anderen Dokumenten nicht ohne Weiteres eine Schlussfolgerung in Frage stellen [können], die auf den Inhalt dieser Vereinbarungen selbst gestützt ist, d. h. auf die rechtlichen Bindungen, die die Parteien zueinander begründen wollten“.

271    Insoweit ist festzustellen, dass im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt und das alleinige Kriterium für die Beurteilung von Beweismitteln deren Glaubhaftigkeit ist (Urteile vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, EU:C:2007:53, Rn. 49 und 63, und vom 27. April 2017, FSL u. a./Kommission, C‑469/15 P, EU:C:2017:308, Rn. 38).

272    Um ihrer Verpflichtung zum Nachweis nachzukommen, muss die Kommission Beweise beibringen, die hinreichend ernsthaft, eindeutig und übereinstimmend sind, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die zur Last gelegte Zuwiderhandlung begangen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. März 1984, Compagnie royale asturienne des mines und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, EU:C:1984:130, Rn. 20, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 42 und 45).

273    Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien zwingend hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, wenn das von der Kommission angeführte Bündel von Indizien dieser Anforderung insgesamt betrachtet genügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 513 bis 523, und vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltungs und NKT/Kommission, C‑607/18 P, EU:C:2020:385, Rn. 180).

274    Wie die Generalanwältin in den Nrn. 97 und 220 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, gelten diese Grundsätze der Beweiswürdigung nicht nur in Fällen, in denen die Kommission aus fragmentarischen und verstreuten Beweismitteln ableiten muss, dass überhaupt eine Absprache vorliegt, sondern auch in Fällen, in denen die Kommission über den Inhalt von Vereinbarungen zur Durchführung einer solchen Verhaltensweise verfügt. In solchen Fällen lässt sich nämlich allein anhand des Inhalts der Vereinbarungen nicht unbedingt erkennen, ob die Vereinbarung zu einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise gehört, und schon gar nicht, ob sie den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden zu können.

275    Dass aus dem Wortlaut von Vereinbarungen, die dazu dienen, die Verhaltensweise umzusetzen, nicht hervorgeht, dass mit den Vereinbarungen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, ist, wie bereits zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ausgeführt (siehe oben, Rn. 183), allein aber nicht ausschlaggebend. Deshalb ist nicht nur der Inhalt der Vereinbarungen zu berücksichtigen, sondern auch die Ziele, die mit ihnen verfolgt werden, und der wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhang, in dem sie stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 2015, Maxima Latvija, C‑345/14, EU:C:2015:784, Rn. 20, und vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 78 und 79). Insoweit ist es den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Union nicht verwehrt, die Absicht der Beteiligten zu berücksichtigen, auch wenn diese kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen den Wettbewerb einschränkt (Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung), insbesondere, um in Anbetracht des Kontexts, in dem die Vereinbarung geschlossen wurde, zu verstehen, welches Ziel mit der Vereinbarung wirklich verfolgt wurde (siehe oben, Rn. 258).

276    Daher hat das Gericht erstens gegen den im Unionsrecht geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen, indem es in Rn. 1016 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass, was die Berücksichtigung lückenhafter und vereinzelter Belege bei der Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung angehe, rechtlich danach zu unterscheiden sei, ob die Kommission über den Inhalt wettbewerbswidriger Vereinbarungen verfüge oder nicht. Zweitens hat das Gericht in Rn. 1016 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass „… zum Nachweis der Absichten der Parteien Ableitungen aus Auszügen aus Schreiben oder anderen Dokumenten nicht ohne Weiteres eine Schlussfolgerung in Frage stellen [können], die auf den Inhalt dieser Vereinbarungen selbst gestützt ist, d. h. auf die rechtlichen Bindungen, die die Parteien zueinander begründen wollten“. Die Rn. 1016 bis 1025 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

277    Der zweiten und der dritten Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes ist folglich stattzugeben.

c)      Zum dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

278    Mit dem dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass die Rn. 1017 und 1024 des angefochtenen Urteils aus den im Rahmen des sechsten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft seien.

279    Servier meint, der dritte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes sei aus denselben Gründen zurückzuweisen wie denen, wegen deren der sechste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen sei.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

280    Da dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes oben in Rn. 163 stattgegeben wurde, ist über den dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes nicht eigens zu entscheiden.

d)      Zum vierten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes

1)      Vorbringen der Parteien

281    Mit dem vierten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 999, 1000, 1010 und 1026 des angefochtenen Urteils gegen die Grundsätze verstoßen habe, nach denen es verpflichtet sei, sämtliche Beweise umfassend und unparteiisch zu würdigen. Das Gericht habe subjektiven Beweisen aus der Zeit nach dem Abschluss des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka gegenüber den Beweisen aus der Zeit der Zuwiderhandlung, auf die in den Rn. 1015 bis 1024 des angefochtenen Urteils eingegangen werde, „den Vorzug gegeben“, obwohl anhand Letzterer hätte überprüft werden können, ob Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 tatsächlich anerkannt habe. Krka habe zwar behauptet, dass sie aufgrund der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 zu der Einschätzung gelangt sei, dass das Patent EP1296947 gültig sei. Diese Behauptung halte einer umfassenden und unparteiischen Würdigung sämtlicher Beweise aber nicht stand. Das Gericht habe dadurch, dass es nicht sämtliche Beweise untersucht habe, die in Abschnitt 5.5 des streitigen Beschlusses angeführt seien, einen Rechtsfehler begangen.

282    Servier meint, der vierte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes beruhe auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe sowohl die Beweise aus der Zeit nach dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als auch die Beweise aus der Zeit, zu der diese Vereinbarungen geschlossen worden seien, untersucht. Jedenfalls hätten Letztere, da sie aus der Zeit nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 stammten, keinen Beweiswert gehabt. Im Übrigen könne die Kommission dem Gericht nicht vorwerfen, nicht alle der in Abschnitt 5.5 des streitigen Beschlusses angeführten Beweise untersucht zu haben. Insbesondere sei diese Rüge unzulässig, da die Kommission nicht eindeutig angebe, welche Beweise genau das Gericht in diesem Abschnitt, der 55 Seiten zähle, hätte untersuchen sollen. Es sei nicht Sache des Gerichts, den streitigen Beschluss über die Beweise hinaus, die die Kommission im gerichtlichen Verfahren beigebracht habe, zu überprüfen. Im Übrigen sei der Gerichtshof nicht befugt, die vom Gericht vorgenommene Würdigung durch seine eigene zu ersetzen.

2)      Würdigung durch den Gerichtshof

283    Mit der ersten Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes und dessen viertem Teil macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es auf der Grundlage einer unvollständigen und selektiven Würdigung der Beweise für die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka und die Absichten der Vertragsparteien der Vereinbarungen Servier/Krka über das Vorliegen einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs entschieden habe.

284    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 160 bis 162), hat das Gericht die oben in den Rn. 158 und 159 genannten Beweise betreffend die Einschätzung der Gültigkeit des Patents EP1296947 nicht berücksichtigt und nicht erläutert, warum es dies nicht getan hat. Dabei lässt sich die Frage, ob eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt, nur dann richtig beantworten, wenn die im streitigen Beschluss angeführten Indizien in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden. Das Gericht hat somit den streitigen Beschluss verfälscht. Das angefochtene Urteil ist insoweit auch nicht hinreichend begründet. Der ersten Rüge des zweiten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes und dessen viertem Teil ist daher stattzugeben.

285    Folglich ist dem ersten Teil, der ersten, der zweiten und der dritten Rüge des zweiten Teils und dem vierten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

8.      Zum fünften Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

286    Mit dem fünften Rechtsmittelgrund wendet sich die Kommission gegen die Rn. 1007 bis 1009 und 1031 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht die positiven Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf den Hauptmärkten von Krka berücksichtigt hat. Sie meint, dem Gericht seien dabei drei Fehler unterlaufen. Erstens sei auf diesen Märkten überhaupt keine Zuwiderhandlung festgestellt worden, weshalb die behaupteten positiven Wirkungen die Einschränkung des Wettbewerbs auf den übrigen Märkten nicht rechtfertigten. Zweitens habe das Gericht das Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, EU:C:1966:41), nicht berücksichtigt, nach dem eine Vereinbarung über den ausschließlichen Vertrieb, mit der ein absoluter räumlicher Schutz geschaffen werde, eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstelle. Drittens habe das Gericht die ständige Rechtsprechung nicht beachtet, wonach eine Abwägung der positiven und negativen Wirkungen einer Vereinbarung auf den Wettbewerb nur im Rahmen von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfolgen dürfe.

287    Servier tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie meint, der vorliegende Fall sei mit der Rechtssache, in der das Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, EU:C:1966:41), ergangen sei und in der es nicht um die gütliche Beilegung eines Patentrechtsstreits gegangen sei, in keiner Weise vergleichbar. Die Vereinbarungen Servier/Krka gewährten keinen absoluten räumlichen Schutz. Es sei ihr unbenommen gewesen, Produkte auf den Hauptmärkten von Krka zu verkaufen, und Krka sei es unbenommen gewesen, in den übrigen Mitgliedstaaten der Union ein nicht patentverletzendes Produkt zu entwickeln. Die Behauptung, dass der potenzielle Wettbewerb auf diesen Märkten ausgeschaltet worden sei, treffe nicht zu, da der Vergleich Servier/Krka Krka lediglich die Verletzung des Patents EP1296947 verbiete, dessen Gültigkeit kurz zuvor bestätigt worden sei. Im Übrigen habe Krka aktiv daran gearbeitet, eine nicht patentverletzende Form von Perindopril zu entwickeln. Jedenfalls habe das Gericht in den Rn. 304 und 996 des angefochtenen Urteils die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als Gesichtspunkte des Kontexts berücksichtigen dürfen, um die Einstufung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs abzulehnen.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

288    Um festzustellen, ob ein Verhalten den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV eingestuft werden zu können, ist, wie der Gerichtshof entschieden hat, nicht zu prüfen – und schon gar nicht nachzuweisen –, welche realen oder potenziellen, negativen oder positiven Wirkungen das Verhalten auf den Wettbewerb hat (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 159 und 166 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verhalten als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV einzustufen ist, können die positiven oder wettbewerbsfördernden Wirkungen, die es möglicherweise hat, mithin nicht berücksichtigt werden, und zwar auch nicht im Rahmen einer etwaigen Prüfung der Frage, ob das Verhalten den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV eingestuft werden zu können.

289    Jedenfalls bezieht sich die Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf Märkte, auf die sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV räumlich nicht erstreckt (siehe oben, Rn. 175). Die etwaigen wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf diesen Märkten sind daher – unterstellt, es gebe sie – für die Frage, ob im vorliegenden Fall die festgestellte Zuwiderhandlung auf den Hauptmärkten von Servier vorliegt, rein logisch überhaupt nicht von Belang.

290    Indem es in Rn. 1031 des angefochtenen Urteils und in Rn. 1032 des angefochtenen Urteils, wo die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen werden, auf die wettbewerbsfördernden Wirklungen auf den Märkten von Servier abgestellt hat, die es in den Rn. 1007 bis 1009 des angefochtenen Urteils festgestellt hatte, hat das Gericht mithin Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt. Die genannten Randnummern des angefochtenen Urteils sind daher allesamt rechtswidrig.

291    Folglich ist dem fünften Rechtsmittelgrund stattzugeben.

9.      Zwischenergebnis zu dem ersten, dem zweiten, dem dritten, dem vierten und dem fünften Rechtsmittelgrund

292    Im angefochtenen Urteil hat das Gericht im Wesentlichen angenommen, dass die Kommission bei der Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs nachzuweisen habe, dass zwischen den beiden Vereinbarungen ein Zusammenhang bestehe, der hinreichend direkt sei, um ihre Verknüpfung rechtfertigen zu können, und dass die Kommission, wenn es einen solchen Zusammenhang nicht gebe, nachzuweisen habe, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka nicht zu normalen Marktbedingungen geschlossen worden sei, sondern eine umgekehrte Zahlung von Servier an Krka verschleiere, die dazu gedient habe, den Eintritt von Krka in die Hauptmärkte von Servier zu verzögern.

293    Das Gericht hat aber das Wesen der Servier und Krka zur Last gelegten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV nicht berücksichtigt, die sich nicht auf einen Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits gegen eine umgekehrte Zahlung beschränkte, sondern mit der darüber hinaus das weiter gehende Ziel der Aufteilung der Märkte unter diesen Unternehmen verfolgt wurde (siehe oben, Rn. 133 bis 135 und 179 bis 184). Es hat außerdem nicht berücksichtigt, auf welches räumliche Gebiet sich die Zuwiderhandlung erstreckte. Die Zuwiderhandlung erstreckte sich nämlich nicht auf die Hauptmärkte von Krka.

294    Wegen dieses Fehlers hat das Gericht die Einstufung der Servier und Krka zur Last gelegten Zuwiderhandlung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs anhand der Form und der rechtlichen Merkmale der Vereinbarungen zur Durchführung dieser Verhaltensweise anstatt anhand der wirtschaftlichen Wirkungen der Verhaltensweise überprüft (siehe oben, Rn. 178 bis 184). Aufgrund dieser unrichtigen Kriterien hat das Gericht maßgeblich darauf abgestellt, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 anerkannt habe und darauf, ob die in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vereinbarten Gebühren den normalen Marktbedingungen entsprachen. Diese Gesichtspunkte waren jedoch als solche nicht entscheidend (siehe oben, Rn. 196 bis 200 und 223 bis 226).

295    Als es auf der Grundlage dieser Rechtsfehler dann geprüft hat, ob der Abschluss des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka dadurch gerechtfertigt war, dass Krka nach zwei Niederlagen vor Gericht nicht mehr von der Ungültigkeit des Patents EP1296947 überzeugt war, hat das Gericht bei der einen den eindeutigen und bestimmten Sinn der betreffenden Gerichtsentscheidung verfälscht. Bei der anderen hat es den streitigen Beschluss verfälscht und ist seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen (siehe oben, Rn. 145 bis 162).

296    Außerdem hat das Gericht, um das – mit den gerade zusammengefassten Rechtsfehlern behaftete – Ergebnis zu stützen, dass die Kommission den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe, sieben Umstände zurückgewiesen, die dem streitigen Beschluss zufolge beweisen, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Gegenleistung dafür war, dass Krka darauf verzichtete, mit Servier auf deren Hauptmärkten in Wettbewerb zu treten.

297    Erstens hat das Gericht die Perspektive der Errichtung eines faktischen Duopols von Servier und Krka auf den Hauptmärkten von Krka mit der Begründung zurückgewiesen, dass sich dieses Duopol nicht aus der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, sondern aus später erfolgten Entscheidungen der Parteien dieser Vereinbarung ergebe (angefochtenes Urteil, Rn. 987 bis 991). Diese Feststellung beruht aber auf der Prüfung allein des Inhalts der Bestimmungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka unter Ausblendung des wirtschaftlichen Kontexts und auf einer Verfälschung des Wortlauts einer Bestimmung der Vereinbarung (siehe oben, Rn. 178 bis 184 und 230 bis 232).

298    Zweitens hat das Gericht die Möglichkeit, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Gegenleistung für den Vergleich Servier/Krka habe darstellen können, mit der Begründung zurückgewiesen, dass für die Entscheidung von Krka, den Vergleich zu schließen, die Gültigkeit des Patents EP1296947 ausschlaggebend gewesen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 992 bis 999). Diese Feststellung beruht aber zum einen auf dem oben in den Rn. 223 bis 226 festgestellten Rechtsfehler betreffend die Maßgeblichkeit der Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 und zum anderen auf den Verfälschungen und dem Begründungsmangel, die bzw. der oben in den Rn. 145 bis 162 und 283 bis 285 festgestellt wurden bzw. wurde.

299    Drittens hat das Gericht festgestellt, dass die von Krka vorgenommene Schätzung der Opportunitätskosten des Vergleichs Servier/Krka nicht beweise, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Gegenleistung für den Vergleich Servier/Krka gewesen sei, sondern vielmehr bestätige, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 anerkannt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1000 bis 1002). Dieser Umstand ist für sich genommen aber nicht ausschlaggebend (siehe oben, Rn. 223 bis 226).

300    Viertens hat das Gericht festgestellt, dass, die Kommission, da Krka keine Märkte vorbehalten worden seien, keine „undurchlässige“ Aufteilung der Märkte nachgewiesen habe, dass die Lizenz wettbewerbsfördernde Wirkungen auf die Hauptmärkte von Krka gehabt habe und dass kein Teil des Marktes rechtswidrig Servier vorbehalten worden sei (angefochtenes Urteil, Rn. 1003 bis 1014). Diese Feststellungen beruhen aber zum einen darauf, dass bei dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka nicht konkret geprüft wurde, inwieweit sie den Wettbewerb beeinträchtigen, sondern eine formalistische Prüfung vorgenommen wurde, und zum anderen, da das Verbot von Vereinbarungen zur Aufteilung der Märkte nicht nur für Vereinbarungen gilt, mit denen eine undurchlässige Aufteilung der Märkte vorgenommen wird, auf einer unrichtigen Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV (siehe oben, Rn. 216 bis 219, 225 und 226).

301    Fünftens hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Servier und Krka die Absicht gehabt hätten, eine Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte zu schließen (angefochtenes Urteil, Rn. 1015 bis 1025). Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 258), war die Kommission aber gar nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass Servier und Krka die Absicht hatten, den Wettbewerb zwischen ihnen einzuschränken. Außerdem beruht die Feststellung des Gerichts auf der Verfälschung des streitigen Beschlusses und der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 und auf einem Verstoß gegen die Begründungspflicht und einer unrichtigen Anwendung der Grundsätze der Beweiswürdigung (siehe oben, Rn. 145 bis 162 und 269 bis 276).

302    Sechstens hat das Gericht festgestellt, dass der Umstand, dass Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 die Patente von Servier weiter angefochten habe, nicht bedeute, dass diese Entscheidung keine entscheidenden Auswirkungen auf die Einschätzung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka gehabt hätte, und dass Krka weiter Wettbewerbsdruck auf Servier ausgeübt habe. Die Fortsetzung der Gerichtsverfahren könne darauf zurückzuführen sein, dass Krka ihre Verhandlungsposition gegenüber Servier habe verstärken wollen und das Risiko, dass gegen sie Patentverletzungsklagen erhoben würden, gering eingeschätzt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1026 bis 1028). Diese Feststellung des Gerichts beruht aber auf der unzutreffenden Annahme, dass die Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka entscheidend gewesen sei, die auf der Verfälschung eines Beweismittels und des streitigen Beschlusses als solchem und auf einem Mangel der Begründung des angefochtenen Urteils beruht (siehe oben, Rn. 130 bis 137 und 145 bis 162).

303    Siebtens hat das Gericht in den Rn. 1029 bis 1031 des angefochtenen Urteils seine Auffassung wiederholt, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf der Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 durch Krka beruhe und dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass diese Vereinbarung nicht zu normalen Marktbedingungen geschlossen worden wäre. Diese Erwägungen beruhen aber auf der Anwendung von rechtlich unzutreffenden Kriterien (siehe oben, Rn. 90 bis 104, 131 bis 134 und 196 bis 200).

304    Nach alledem ist in Anbetracht des Umfangs, der Art und der Tragweite der bei der Prüfung des ersten, des zweiten, des dritten, des vierten und des fünften Rechtsmittelgrundes festgestellten Rechtsfehler des Gerichts festzustellen, dass diese auf die gesamten Ausführungen des Gerichts betreffend die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs (angefochtenes Urteil, Rn. 943 bis 1032) durchschlagen.

10.    Zum sechsten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

305    Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht die Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbes in den Rn. 1041 bis 1060 des angefochtenen Urteils mit der Begründung, dass sie auf der unzutreffenden Feststellung beruhe, dass sich Krka und Servier den Markt aufgeteilt hätten, zu Unrecht nicht gebilligt habe. Diese Beurteilung beruhe auf einer unzutreffenden Annahme und könne deshalb nicht bestehen bleiben. Das Gericht habe seine Beurteilung auch nicht hinreichend begründet.

306    Servier meint, der sechste Rechtsmittelgrund beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass die ersten fünf Rechtsmittelgründe begründet seien.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

307    In den Rn. 1053, 1054 und 1059 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka im streitigen Beschluss aufgrund der Feststellung des Vorliegens einer durch den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka erfolgten Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe. Da es diese Feststellung für ungültig erklärt hat, hat das Gericht angenommen, dass allein deshalb auch die Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs zurückgewiesen werden müsse.

308    Wie die Prüfung der ersten fünf Rechtsmittelgründe ergeben hat, sind die Ausführungen des Gerichts zur Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka (Rn. 943 bis 1032 des angefochtenen Urteils) aber insgesamt rechtswidrig. Die Annahme, von der das Gericht bei der Ablehnung der Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs ausgegangen ist, war also unzutreffend, so dass dem sechsten Rechtsmittelgrund stattzugeben ist.

B.      Zum siebten Rechtsmittelgrund: Vorliegen einer bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV

1.      Einschlägige Randnummern des streitigen Beschlusses und des angefochtenen Urteils

a)      Streitiger Beschluss

309    Die Kommission nimmt im streitigen Beschluss an, dass bei der Bestimmung der wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Vereinbarung die konkreten Umstände zu berücksichtigen seien, unter denen sich diese Wirkungen entfalteten, und zwar nicht nur im Hinblick auf den tatsächlichen Wettbewerb, sondern auch im Hinblick auf den potenziellen Wettbewerb (streitiger Beschluss, Rn. 1214 bis 1218). Dabei sei der Sachverhalt zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung zugrunde zu legen. Gleichzeitig sei die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung zu berücksichtigen (streitiger Beschluss, Rn. 1219 und 1220).

310    Die Wirkungen einer Vereinbarung seien zu vergleichen mit dem, was ohne die Vereinbarung geschehen wäre, insbesondere was den potenziellen Wettbewerb angehe (streitiger Beschluss, Rn. 1221 bis 1227). Der Wettbewerbsdruck auf dem Markt für Perindopril sei hauptsächlich von dem Markteintritt entsprechender Generika ausgegangen, ohne den Servier ihre Preise auf einem höheren Niveau als dem Wettbewerbspreis habe halten können. Die Vergleiche, die Servier mit Generikaherstellern geschlossen habe, hätten daher unmittelbar wettbewerbswidrige Wirkungen gehabt (streitiger Beschluss, Rn. 1228 bis 1243). Nach dem Abschluss von Vergleichen mit Niche, Matrix, Teva, Krka und Lupin habe lediglich bei zwei Generikaherstellern – Apotex und Sandoz – die erhebliche Gefahr des Eintritts in die Hauptmärkte von Servier bestanden, was zeige, dass bei einer geringen Zahl potenzieller Wettbewerber die Ausschaltung eines Wettbewerbers genüge, um die Wahrscheinlichkeit des Markteintritts erheblich zu senken (streitiger Beschluss, Rn. 1244 bis 1269).

311    Speziell zur Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs auf den Märkten in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich, auf die bei der Feststellung der Zuwiderhandlung allein abgestellt worden ist, stellt die Kommission fest, dass Krka auf diesen Märkten ein potenzieller Wettbewerber von Servier gewesen sei und über wirkliche und konkrete Möglichkeiten verfügt habe, kurzfristig in die betreffenden Märkte einzutreten. Krka habe im Vereinigten Königreich Klagen erhoben und ihren Eintritt in diese Märkte vorbereitet. Die Vereinbarungen Servier/Krka hätten Krka dazu bewogen, dieses Vorhaben aufzugeben, und somit dazu geführt, dass eine Quelle potenziellen Wettbewerbs ausgeschaltet worden sei (streitiger Beschluss, Rn. 1813 bis 1850).

312    Hinzu komme, dass die Gefahr des Eintritts anderer Generikahersteller, denen Krka Produkte auf der Basis von Perindopril hätte liefern können, durch die Vereinbarungen Servier/Krka erheblich gesenkt worden sei. Die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Vereinbarungen Servier/Krka eine spürbare Einschränkung des potenziellen Wettbewerbs bewirkt hätten (streitiger Beschluss, Rn. 1813 bis 1850). Sie weist insoweit darauf hin, dass die Vereinbarungen Servier/Krka „… erheblich die Wahrscheinlichkeit erhöht [haben], dass die Ausschließlichkeit von Servier auf dem Markt länger unangefochten bleibt und dass den Verbrauchern eine erhebliche Preissenkung vorenthalten bleibt, wie es sie gegeben hätte, wenn beizeiten ein wirksamer Markteintritt von Generika erfolgt wäre“ (streitiger Beschluss, Rn. 1850).

b)      Angefochtenes Urteil

313    Das Gericht hat dem zweiten Klagegrund, mit dem sich Servier gegen die Einstufung der Vereinbarung Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs auf den drei betreffenden räumlichen Märkten wandte, aus den in den Rn. 1075 bis 1234 des angefochtenen Urteils dargelegten Gründen stattgegeben.

314    Als Erstes stellt es, nachdem es dargelegt hat, wie die Kommission zu diesem Schluss gelangt ist (angefochtenes Urteil, Rn. 1078 bis 1104), fest, dass die Rechtsprechung betreffend die Berücksichtigung der potenziellen Wirkungen einer Vereinbarung, insbesondere die Urteile vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a. (C‑215/96 und C‑216/96, EU:C:1999:12, Rn. 34), vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 50), vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas (C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 71), und vom 26. November 2015, Maxima Latvija (C‑345/14, EU:C:2015:784, Rn. 30), da die Vereinbarung bereits durchgeführt worden sei, nicht einschlägig sei. Die Kommission könne eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs nicht allein auf der Grundlage einer Beschränkung oder gar Beseitigung einer Quelle potenziellen Wettbewerbs feststellen. Damit eine realitätsnahe Betrachtung gewährleistet sei, müssten beim Nachweis solcher Wirkungen sämtliche relevanten tatsächlichen Entwicklungen, insbesondere die, die nach Abschluss der Vereinbarung eingetreten seien, berücksichtigt werden (angefochtenes Urteil, Rn. 1107 bis 1139).

315    Als Zweites stellt das Gericht fest, dass die Kommission den Vergleich Servier/Krka und die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka, indem sie allein auf eine Einschränkung des potenziellen Wettbewerbs und hypothetische Erwägungen abgestellt habe, zu Unrecht als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1140 bis 1217).

316    Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass Krka ohne die in dem Vergleich Servier/Krka enthaltene Bestimmung über das Nichtinverkehrbringen wahrscheinlich in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich eingetreten wäre. Sie habe außer Acht gelassen, dass Krka die Gültigkeit des Patents EP1296947 anerkannt habe, und nicht nachgewiesen, dass der Wettbewerb ohne den Vergleich Servier/Krka wahrscheinlich offener gewesen wäre. Sie habe nämlich nicht erläutert, welche Auswirkungen dies wahrscheinlich auf die Preise, die Produktion oder die Innovation gehabt hätte (angefochtenes Urteil, Rn. 1142 bis 1187).

317    Außerdem habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass das Patent EP1296947 ohne die in dem Vergleich Servier/Krka enthaltene Bestimmung über die Nichtanfechtung bei Fortsetzung der es betreffenden Rechtsstreitigkeiten wahrscheinlich, ja höchstwahrscheinlich schneller oder umfassender für nichtig erklärt worden wäre. Die Kommission habe mithin nicht nachgewiesen, dass die Bestimmung über die Nichtanfechtung eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirkt hätte (angefochtenes Urteil, Rn. 1188 bis 1213).

318    Schließlich habe die Kommission auch nicht nachgewiesen, dass die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirkt hätte. Diese Vereinbarung sehe nämlich keine Ausschlussmaßnahme vor, die einer Bestimmung über das Nichtinverkehrbringen entspräche (angefochtenes Urteil, Rn. 1214 und 1215).

319    Als Drittes prüft das Gericht, nachdem es dem Klagegrund betreffend das Fehlen wettbewerbswidriger Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka stattgegeben hat (angefochtenes Urteil, Rn. 1216 und 1217), „ob die Kommission im [streitigen] Beschluss darüber hinaus Rechtsfehler begangen hat“. Hierzu stellt es fest, dass die Kommission die Prüfung der Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka auf den Wettbewerb, indem sie nicht den tatsächlichen Geschehensablauf berücksichtigt habe, wie er sich zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses dargestellt habe, und indem sie den Wettbewerb ohne die Vereinbarungen Servier/Krka anhand hypothetischer Erwägungen geprüft habe, sowohl nach der Rechtsprechung über die Berücksichtigung der potenziellen Wirkungen auf den Wettbewerb als auch nach der Rechtsprechung über die Ausschaltung potenziellen Wettbewerbs zu Unrecht beschränkt habe. Eine derart unvollständige Prüfung sei nicht mit der Unterscheidung vereinbar, die Art. 101 Abs. 1 AEUV zwischen bezweckten und bewirkten Einschränkungen des Wettbewerbs vornehme (angefochtenes Urteil, Rn. 1219 bis 1232).

2.      Vorbringen der Parteien

320    Der siebte Rechtsmittelgrund besteht aus sieben Teilen.

321    Mit dem ersten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1128, 1178, 1179 und 1227 bis 1231 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass die Wirkung der Einschränkung des potenziellen Wettbewerbs, auch wenn sie tatsächlich vorhanden sei, nicht für die Feststellung einer bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs genüge.

322    Mit dem zweiten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht dadurch, dass es in den Rn. 1107 bis 1128 und 1225 des angefochtenen Urteils angenommen habe, dass es für den Nachweis der Wirkungen einer Absprache, die bereits durchgeführt worden sei, nicht genüge, die potenziellen Wirkungen zu berücksichtigen, Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt und nicht richtig angewandt habe.

323    Mit dem dritten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Rn. 399, 1160, 1165, 1168, 1169, 1173, 1174, 1178, 1204, 1206, 1207, 1209, 1221 und 1223 des angefochtenen Urteils. Sie meint, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass sie nachzuweisen habe, dass Krka, wenn die Vereinbarungen Servier/Krka nicht geschlossen worden wären, in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich wahrscheinlich in den Markt für Perindopril eingetreten wäre, und hierzu Spekulationen über den Ausgang der Rechtsstreitigkeiten über das Patent EP1296947 anzustellen habe.

324    Mit dem vierten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission, unterstützt durch das Vereinigte Königreich, gegen die Rn. 1089 bis 1092, 1130 bis 1133, 1151, 1170, 1181, 1210 und 1219 des angefochtenen Urteils. Insbesondere habe das Gericht in Rn. 1130 des angefochtenen Urteils angenommen, dass sie tatsächliche Entwicklungen, die nach Abschluss der Vereinbarungen eingetreten seien, zu berücksichtigen habe. Für die Prüfung einer Vereinbarung sei aber der Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung maßgeblich. Es sei darauf abzustellen, wie sich der Markt ohne die Vereinbarung wahrscheinlich entwickelt hätte.

325    Mit dem fünften Teil des sieben Rechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1148 bis 1151 und 1154 des angefochtenen Urteils mit seiner Annahme, dass sie im streitigen Beschluss die Auswirkungen des Patents EP1296947 und die Anerkennung der Gültigkeit des Patents durch Krka nicht berücksichtigt habe, den streitigen Beschluss verfälscht habe.

326    Mit dem sechsten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes rügt die Kommission, dass das Gericht die im streitigen Beschluss enthaltenen Feststellungen durch seine eigene Würdigung der Tatsachen ersetzt habe und damit die Grenzen der Rechtmäßigkeitskontrolle überschritten habe. So habe das Gericht in den Rn. 1162 bis 1170 des angefochtenen Urteils zum einen, ohne hierfür über einen Beweis aus der Zeit der zur Last gelegten Zuwiderhandlung zu verfügen, angenommen, dass die Entscheidung von Krka, das Patent EP1296947 nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 weiter anzugreifen, eine reines Täuschungsmanöver gewesen sei, das dazu bestimmt gewesen sei, ihre Position in den Verhandlungen mit Servier zu stärken, und zum anderen, dass Krka wahrscheinlich nicht in die Hauptmärkte von Servier eingetreten wäre.

327    Mit dem siebten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission gegen die Rn. 1198 bis 1207 des angefochtenen Urteils. Sie meint, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass sie nachzuweisen habe, dass das Patent EP1296947, wenn Krka die Rechtsstreitigkeiten über die Patente weiter betrieben hätte, schneller oder vollständiger hätte für nichtig erklärt werden können.

328    Zum ersten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes macht Servier geltend, dass die Beseitigung einer potenziellen Quelle von Wettbewerb für den Nachweis negativer Wirkungen auf den Wettbewerb genügen könne. Insoweit vertreten Servier und die EFPIA die Auffassung, dass das Gericht den Wettbewerb in dem tatsächlichen Rahmen untersucht habe, in dem er stattgefunden hätte, wenn der Vergleich Servier/Krka nicht geschlossen worden wäre.

329    Zum zweiten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes macht Servier geltend, dass es richtig sei, bei Vereinbarungen danach zu unterscheiden, ob sie durchgeführt worden seien oder nicht. Um die durch die bereits durchgeführten Vereinbarungen hervorgerufene Struktur des Wettbewerbs mit der vergleichen zu können, die ohne die Vereinbarung vorgelegen hätte, sei es erforderlich, Umstände aus der Zeit nach dem Abschluss der Vereinbarung zu berücksichtigen. Diese Unterscheidung – die nach Auffassung der EFPIA nicht neu ist – stehe im Einklang mit Ziff. 29 der Bekanntmachung der Kommission „Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel [101 AEUV] auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit“ (ABl. 2001, C 3, S. 2). Der zweite Teil des siebten Rechtsmittelgrundes sei deshalb nicht begründet.

330    Zum dritten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes machen Servier und die EFPIA geltend, dass das Gericht nicht den Nachweis eines wahrscheinlichen Markteintritts von Krka verlangt habe, sondern lediglich festgestellt habe, dass eine im streitigen Beschluss enthaltene Erwägung nicht zutreffe. Jedenfalls würde die Kommission durch ein solches Erfordernis nicht gezwungen, über den Ausgang eines Patentrechtsstreits zu spekulieren. Denn ein sogenannter Risikoeintritt in die Hauptmärkte von Servier bedeute begriffsnotwendig, dass Krka mit dem Markteintritt nicht warte, bis der Rechtsstreits entschieden sei. Die Prüfung des kontrafaktischen Szenarios dürfe nicht auf reinen Spekulationen basieren, sondern müsse auf handfesten Beweisen beruhen. Dass Art. 101 AEUV den Wettbewerb als solchen schütze, enthebe die Kommission nicht von der Verpflichtung, konkrete Wirkungen auf den Wettbewerb nachzuweisen.

331    Zum vierten Teil des siebten Rechtsmittelgrundes macht Servier geltend, dass sich die Kommission mit dem Vorbringen, dass im angefochtenen Urteil Wirkungen berücksichtigt worden seien, die nach dem Abschluss der Vereinbarungen Servier/Krka eingetreten seien, gegen eine Tatsachenfeststellung des Gerichts wende. Das Vorbringen der Kommission sei daher unzulässig.

332    Was die Begründetheit angeht, macht Servier geltend, dass das Vorbringen der Kommission widersprüchlich sei. Auf der einen Seite kritisiere die Kommission, dass Ereignisse, die nach den Vereinbarungen Servier/Krka eingetreten seien, berücksichtigt worden seien, auf der anderen Seite behaupte sie, dass sie solche Ereignisse dennoch berücksichtigt habe, weil sie rational vorhersehbar gewesen seien.

333    Dem Gericht sei bei dem Vergleich zwischen der durch die Vereinbarung Servier/Krka entstandenen Lage und dem kontrafaktischen Szenario kein Rechtsfehler unterlaufen. Die Berücksichtigung wahrscheinlicher Entwicklungen betreffe das kontrafaktische Szenario. Im streitigen Beschluss habe sich die Kommission bei der Beschreibung der durch die Vereinbarung Servier/Krka entstandenen Lage aber ausschließlich auf hypothetische Erwägungen gestützt.

334    Servier und die EFPIA machen geltend, dass der fünfte Teil des siebten Rechtsmittelgrundes, mit dem eine Verfälschung geltend gemacht werde, unzulässig sei, da sich die Kommission darauf beschränke, auf zahlreiche Randnummern des streitigen Beschlusses zu verweisen.

335    Nach Auffassung von Servier und der EFPIA ist der sechste Teil des siebten Rechtsmittelgrundes unzulässig. Die Kommission greife nämlich eine Tatsachenfeststellung des Gerichts an. Abgesehen davon sei das Vorbringen der Kommission unklar, und es werde nicht angegeben, welcher Rechtsfehler genau dem Gericht unterlaufen sein soll. Es werde lediglich wiederholt, dass der streitige Beschluss begründet sei. Im Übrigen gehe der sechste Teil des siebten Rechtsmittelgrundes, da er nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könne, ins Leere. Jedenfalls sei er nicht begründet. Im streitigen Beschluss werde nämlich nicht ausgeschlossen, dass Krka möglicherweise aus taktischen Gründen gehandelt habe. Es sei keine Überschreitung der Grenzen der gerichtlichen Kontrolle festzustellen.

336    Der siebte Teil des siebten Rechtsmittelgrundes beruhe auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils. Die Kommission verwechsele die Prüfung der durch die Vereinbarung Servier/Krka entstandenen Lage mit der Prüfung des kontrafaktischen Szenarios. Die Nichtigerklärung des Patents EP1296947, die Apotex erwirkt habe, sei keine kontrafaktische Hypothese, sondern eine Tatsache. Die Kommission habe ein wahrscheinliches kontrafaktisches Szenario darzustellen, das durch mehr Wettbewerb gekennzeichnet sei als die durch die Vereinbarung Servier/Krka entstandene Lage.

3.      Würdigung durch den Gerichtshof

337    Mit dem siebten Rechtsmittelgrund macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sie im streitigen Beschluss, da sie nicht nachgewiesen habe, dass Krka, wenn die Vereinbarungen Servier/Krka nicht geschlossen worden wären, in die Hauptmärkte von Servier eingetreten wäre, nicht den Nachweis erbracht habe, dass diese Vereinbarungen eine Einschränkung des potenziellen Wettbewerbs bewirkt hätten.

338    Wie die Generalanwältin in Nr. 292 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann eine Vereinbarung zwischen Unternehmen nicht nur wegen ihres Zwecks, sondern auch wegen der Wirkungen, die sie auf den Wettbewerb hat, in den Anwendungsbereich von Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, und zwar auch dann, wenn durch diese Wirkungen der potenzielle Wettbewerb eines oder mehrerer Unternehmen beeinträchtigt wird, die auf dem relevanten Markt zwar nicht vertreten, aber in der Lage sind, in diesen einzutreten, und so das Verhalten der bereits auf dem Markt vertretenen Unternehmen beeinflussen. Nachzuweisen hat solche Wirkungen auf den potenziellen Wettbewerb die Kommission.

339    Nach einer ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie sie das Gericht in Rn. 1076 des angefochtenen Urteils dargestellt hat, ist bei der Feststellung wettbewerbswidriger Wirkungen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen die durch die Vereinbarung entstandene Wettbewerbssituation mit der Wettbewerbssituation zu vergleichen, die ohne die Vereinbarung bestehen würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 304, vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 161, und vom 18. November 2021, Visma Enterprise, C‑306/20, EU:C:2021:935, Rn. 74).

340    Mit dieser sogenannten „kontrafaktischen“ Methode wird im Rahmen der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV ermittelt, ob zwischen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen und der Struktur oder dem Funktionieren des Wettbewerbs auf dem Markt, auf dem die Vereinbarung ihre Wirkungen entfaltet, ein Kausalzusammenhang besteht. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass Vereinbarungen nur dann als bewirkte Einschränkungen des Wettbewerbs eingestuft werden, wenn sie mit einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation auf diesem Markt nicht nur zusammenfallen, sondern die Ursache für diese Verschlechterung sind.

341    Der Rückgriff auf die kontrafaktische Methode ist erforderlich, weil die Aufdeckung eines solchen Ursache-Wirkung-Zusammenhangs daran scheitert, dass es nicht möglich ist, den Zustand des Marktes mit und ohne die betreffende Vereinbarung real zu ein und demselben Zeitpunkt zu beobachten. Die beiden Zustände schließen sich nämlich begriffsnotwendig gegenseitig aus. Die Situation, die beobachtet werden kann, nämlich die durch die Vereinbarung entstandene Situation, muss deshalb verglichen werden mit der, die entstanden wäre, wenn die Vereinbarung nicht geschlossen worden wäre. Nach der kontrafaktischen Methode ist demnach eine beobachtbare Situation zu vergleichen mit einem Szenario, das begriffsnotwendig insoweit hypothetisch ist, als es sich nicht verwirklicht hat. Die Beurteilung der Wirkungen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen im Hinblick auf Art. 101 AEUV erfordert aber eine Berücksichtigung des jeweiligen konkreten Rahmens, in den sich die Vereinbarung einfügt, nämlich des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem die betreffenden Unternehmen tätig sind, der Natur der betroffenen Waren und Dienstleistungen, der auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und der Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte. Das kontrafaktische Szenario, bei dem die Vereinbarung weggedacht wird, muss also realistisch und plausibel sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 115 bis 120).

342    Für eine richtige Anwendung der kontrafaktischen Methode ist es deshalb unbedingt erforderlich, sich zu vergewissern, dass dem vorgenommenen Vergleich sowohl bei der beobachteten Situation – Situation, wie sie durch die Vereinbarung zwischen Unternehmen entstanden ist – als auch beim kontrafaktischen Szenario vernünftige und überprüfbare Annahmen zugrunde liegen. Hierbei muss der zeitliche Bezugspunkt, der einen solchen Vergleich ermöglicht, sowohl bei der beobachteten Situation als auch beim kontrafaktischen Szenario derselbe sein. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Handlung wettbewerbswidrig ist, ist nämlich der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem sie begangen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, AstraZeneca/Kommission, C‑457/10 P, EU:C:2012:770, Rn. 110).

343    Wie die Generalanwältin in Nr. 318 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann das kontrafaktische Szenario daher, da mit ihm ein realistisches Bild der Situation des Marktes gezeichnet werden soll, wie sie sich ohne die geschlossene Vereinbarung dargestellt hätte, nicht auf Ereignissen beruhen, die nach dem Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eingetreten sind, weil solche Ereignisse zu diesem Zeitpunkt ja gerade noch nicht eingetreten sind – und im vorliegenden Fall wegen des Bestehens der Vereinbarungen Servier/Krka auch in Zukunft nicht eintreten konnten.

344    Im Gegensatz zum kontrafaktischem Szenario handelt es sich bei der beobachteten Situation um die, die den zum Zeit des Abschlusses der Vereinbarung gegebenen und durch die Vereinbarung entstandenen Marktbedingungen entspricht. Diese Situation ist real, weshalb bei ihrer Beurteilung nicht auf realistische Hypothesen zurückgegriffen werden braucht. Bei der Beurteilung der beobachteten Situation können daher Ereignisse, die nach dem Abschluss der Vereinbarung eingetreten sind, im Rahmen der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV berücksichtigt werden. Nach der oben in Rn. 342 dargestellten Rechtsprechung sind solche Ereignisse aber nur insoweit relevant, als sie zur Bestimmung der zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung bestehenden Wettbewerbsbedingungen beitragen, wie sie sich unmittelbar aus dem Bestehen der Vereinbarung ergeben.

345    Im vorliegenden Fall hat das Gericht geprüft, welchen Ansatz die Kommission im streitigen Beschluss bei der Einstufung der von Servier mit den Generikaherstellern geschlossenen Vergleiche über die gütliche Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten, die Gegenstand des streitigen Beschlusses sind, verfolgt hat, und festgestellt, dass sich die Kommission dabei auf Hypothesen gestützt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1078 bis 1103). Weiter hat es festgestellt, dass die Rechtsprechung, wonach eine Vereinbarung zwischen Unternehmen aufgrund ihrer potenziellen Wirkungen als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden könne, nicht mehr anwendbar sei, wenn die Vereinbarung durchgeführt worden sei (angefochtenes Urteil, Rn. 1107 bis 1139).

346    Da die tatsächlichen Wirkungen einer solchen Vereinbarung auf den Wettbewerb anhand der nach dem Abschluss der Vereinbarung eingetretenen Ereignisse beobachtet werden könnten, wäre es paradox, zuzulassen, dass die Kommission wettbewerbswidrige Wirkungen lediglich anhand einer auf der Grundlage allein der potenziellen Wirkungen einer Vereinbarung durchgeführten kontrafaktischen Analyse nachweise, obwohl sie hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Vereinbarung über beobachtbare Umstände verfüge und ihre Verpflichtung zum Nachweis der wettbewerbswidrigen Wirkungen nur bei einer bezweckten Einschränkung des Wettbewerbs erleichtert werden könne (angefochtenes Urteil, Rn. 1122 und 1123).

347    Auf diese Weise hat das Gericht drei Hauptmerkmale der kontrafaktischen Methode, die im Rahmen der Anwendung von Art. 101 AEUV bei der Beurteilung einer bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs durchzuführen ist, verkannt.

348    Als Erstes hat das Gericht entschieden, dass die Beurteilung der wettbewerbswidrigen Wirkungen des Vergleichs Servier/Krka, da die Kommission den tatsächlichen Ablauf der nach der Vereinbarung eingetretenen Ereignisse nicht in das kontrafaktische Szenario einbezogen habe, auf einem hypothetischen Ansatz und einer unvollständigen Prüfung dieser Wirkungen beruhe. Das Gericht hat dabei aber nicht berücksichtigt, dass es für die Aufdeckung der wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Vereinbarung erforderlich ist, auf ein kontrafaktisches Szenario zurückzugreifen, das begriffsnotwendig insoweit hypothetisch ist, als es sich nicht verwirklicht hat, und deshalb nicht auf Umständen beruhen kann, die nach dem Abschluss der Vereinbarung eingetreten sind (siehe oben, Rn. 341 bis 343). Folglich hat das Gericht Art. 101 Abs. 1 AEUV rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt. Die Rn. 1078 bis 1103, 1089, 1090, 1102, 1151, 1170, 1181, 1203, 1210, 1219 bis 1223 und 1227 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

349    Als Zweites hat sich das Gericht bei seiner Annahme in den Rn. 1107 bis 1139 des angefochtenen Urteils, dass die Rechtsprechung, wonach eine Vereinbarung zwischen Unternehmen aufgrund ihrer potenziellen Wirkungen als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden könne, wenn die Vereinbarung durchgeführt worden sei, nicht mehr anwendbar sei, weil die tatsächlichen Wirkungen der Vereinbarung auf den Wettbewerb festgestellt werden könnten, von einem unrichtigen Verständnis der Daseinsberechtigung, des Zwecks und der Funktionsweise der kontrafaktischen Methode (siehe oben, Rn. 340 bis 344) leiten lassen.

350    Bei einer Vereinbarung, durch deren Durchführung die Zahl oder das Verhalten bereits auf ein und demselben Markt vertretener Unternehmen verändert worden ist, kann die Anwendung der kontrafaktischen Methode je nach den Umständen des Einzelfalls praktisch auf einen Vergleich zwischen dem Zustand des Wettbewerbs zwischen diesen Unternehmen vor dem Abschluss der Vereinbarung und der durch die Durchführung der Vereinbarung erfolgten Abstimmung zwischen diesen Unternehmen hinauslaufen, die gegebenenfalls durch Ereignisse, die nach Abschluss der Vereinbarung eingetreten sind, bestätigt werden kann.

351    In Fällen, in denen eine Vereinbarung, indem der Eintritt eines neuen Wettbewerbers in den Markt verhindert oder verzögert wird, dazu führt, dass die Zahl oder das Verhalten bereits auf dem Markt vertretener Wettbewerber nicht verändert wird, sondern unverändert bestehen bleibt, würde ein bloßer Vergleich zwischen den vor und nach der Durchführung der Vereinbarung auf dem Markt festgestellten Situationen indessen nicht genügen, um auf das Fehlen wettbewerbswidriger Wirkungen schließen zu können. In solchen Fällen besteht die wettbewerbswidrige Wirkung nämlich darin, dass durch die Vereinbarung mit Gewissheit eine Quelle von Wettbewerb beseitigt wird, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung insoweit potenziell bleibt, als sie von einem Unternehmen ausgeübt wird, das zwar noch nicht auf dem betreffenden Markt vertreten ist, aber in der Lage ist, durch die glaubwürdige Androhung seines Markteintritts das Verhalten der bereits auf dem Markt vertretenen Unternehmen zu beeinflussen.

352    Wie die Generalanwältin in Nr. 326 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist die Unterscheidung, die das Gericht in den Rn. 1107 bis 1139 des angefochtenen Urteils bei von Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen im Rahmen der Einstufung als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs danach vorgenommen hat, ob diese durchgeführt worden sind oder nicht, auch nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu vereinbaren, wonach die den Wettbewerb einschränkenden Wirkungen sowohl tatsächlich als auch potenziell sein können, aber hinreichend spürbar sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juli 1969, Völk, 5/69, EU:C:1969:35, Rn. 7, und vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 50), und würde darauf hinauslaufen, dass die volle Wirksamkeit des Verbots von Art. 101 Abs. 1 AEUV geschmälert würde.

353    Als Drittes ist festzustellen, dass mit der kontrafaktischen Methode nicht vorhergesehen werden soll, wie sich eine Vertragspartei verhalten hätte, wenn sie mit ihrem Wettbewerber oder ihren Wettbewerbern keine Vereinbarung geschlossen hätte. Vielmehr soll anhand eines kontrafaktischen Szenarios, das zwar hypothetisch ist, aber realistisch und plausibel sein muss, ein Kausalzusammenhang zwischen der Vereinbarung und einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation auf dem Markt aufgezeigt werden (siehe oben, Rn. 340). Insoweit hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit einem Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits gegen eine umgekehrte Zahlung entschieden, dass mit dem kontrafaktischen Szenario lediglich bestimmt werden soll, welche realistischen Verhaltensmöglichkeiten der Generikahersteller gehabt hätte, wenn die Vereinbarung nicht geschlossen worden wäre. Die Erfolgsaussichten des Generikaherstellers im Patentrechtsstreit bzw. die Wahrscheinlichkeit des Abschlusses einer den Wettbewerb weniger einschränkenden Vereinbarung sind insoweit durchaus relevant. Es handelt sich aber lediglich um zwei Gesichtspunkte einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten, die zu berücksichtigen sind. Es ist deshalb nicht Sache der Einheit, die die Beweislast für das Vorliegen spürbarer potenzieller oder tatsächlicher Wirkungen auf den Wettbewerb trägt, bei der Erstellung des kontrafaktischen Szenarios verbindliche Feststellungen zu den Erfolgsaussichten des Generikaherstellers in dem Patentrechtsstreit oder der Wahrscheinlichkeit des Abschlusses einer den Wettbewerb weniger einschränkenden Vereinbarung zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 119 bis 121).

354    Danach hat die Kommission nachzuweisen, dass das kontrafaktische Szenario, auf das in einem Beschluss, mit dem eine bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs festgestellt wird, abgestellt wird, realistisch und plausibel ist.

355    Im vorliegenden Fall hatte das Gericht zu prüfen, ob das kontrafaktische Szenario der Kommission diese Kriterien erfüllt. Da die im streitigen Beschluss festgestellte Einschränkung des Wettbewerbs darin bestand, dass eine Quelle des von Krka gegenüber Servier mit seinem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, ausgeübten potenziellen Wettbewerbs absichtlich und mit Gewissheit ausgeschaltet wurde, entsprach die Prüfung des kontrafaktischen Szenarios allerdings im Wesentlichen der Prüfung der Frage, ob es einen solchen potenziellen Wettbewerb gab. Die Beseitigung einer solchen Quelle von Wettbewerb – unterstellt, sie ist nachgewiesen – stellt nämlich begriffsnotwendig eine hinreichend spürbare Wirkung auf den Wettbewerb im Sinne der oben in Rn. 352 dargestellten Rechtsprechung dar. Um zu bestimmen, ob sich die Vereinbarungen Servier/Krka dadurch, dass Krka mit ihnen verboten wurde, in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich einzutreten, nachweislich auf den potenziellen Wettbewerb ausgewirkt haben, war nach der oben in Rn. 101 dargestellten Rechtsprechung und den Ausführungen oben in Rn. 351 mithin zu prüfen, ob Krka über wirkliche und konkrete Möglichkeiten verfügte, in einer Frist, die geeignet war, Wettbewerbsdruck auf Servier auszuüben, in diese Märkte einzutreten, so dass die Androhung eines solchen Markteintritts als realistisch und plausibel hat angesehen werden können.

356    Indem es angenommen hat, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Krka ohne die in dem Vergleich Servier/Krka enthaltene Bestimmung über das Nichtinverkehrbringen wahrscheinlich in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich eingetreten wäre (angefochtenes Urteil, Rn. 1142 bis 1168) und dass es die Fortsetzung der Verfahren, mit denen die Gültigkeit des Patents EP1296947 angefochten worden sei, ohne die in dem Vergleich Servier/Krka enthaltene Bestimmung über die Nichtanfechtung „wahrscheinlich oder gar in plausibler Weise erlaubt hätte, dieses Patent schneller oder umfassender für ungültig erklären zu lassen“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1203, Rn. 1188 bis 1213), hat das Gericht aber Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht richtig ausgelegt und angewandt. Die Rn. 1147 bis 1168 und die Rn. 1188 bis 1213 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

357    Wegen dieser Rechtsfehler sind die in den Rn. 1075 bis 1234 des angefochtenen Urteils enthaltenen Ausführungen des Gerichts zur Einstufung der Vereinbarungen Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs insgesamt rechtswidrig.

358    Folglich ist dem siebten Rechtsmittelgrund stattzugeben, ohne dass gesondert über die einzelnen Teile dieses Rechtsmittelgrundes – insbesondere den fünften Teil, mit dem eine Verfälschung des streitigen Beschlusses geltend gemacht wird, und den sechsten Teil, mit dem geltend gemacht wird, dass das Gericht die Würdigung der Kommission durch seine eigene ersetzt habe – entschieden zu werden braucht.

C.      Zu dem achten, dem neunten, dem zehnten und dem elften Rechtsmittelgrund betreffend die Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV

359    Die Kommission rügt, dass dem Gericht bei der Beurteilung der Bedeutung, die dem Preis und der therapeutischen Substituierbarkeit von Perindopril bei der Bestimmung des relevanten Produktmarkts beigemessen worden sei (achter und neunter Rechtsmittelgrund), und bei der Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril (elfter Rechtsmittelgrund) Rechtsfehler unterlaufen seien und dass bestimmte Anlagen, die Servier ihren Schriftsätzen im ersten Rechtszug beigefügt habe, unzulässig seien (zehnter Rechtsmittelgrund).

1.      Einschlägige Randnummern des streitigen Beschlusses und des angefochtenen Urteils

a)      Streitiger Beschluss

360    Bei der Anwendung von Art. 102 AEUV hat die Kommission im streitigen Beschluss zunächst auf der Grundlage von Beobachtungen, die von 2000 bis 2009 in Frankreich, in den Niederlanden, in Polen und im Vereinigten Königreich gemacht wurden, den relevanten Markt als den Markt für Perindopril definiert und sich dabei im Wesentlichen auf zwei Gesichtspunkte gestützt.

361    Zum einen habe Perindopril unter den 16 ACE‑Hemmern, die dieselbe Wirkungsweise und vergleichbare therapeutische Indikationen und Nebenwirkungen hätten, bestimmte besondere Merkmale, die von Servier bei Werbemaßnahmen bei Ärzten hervorgehoben würden, um sich gegenüber den anderen ACE‑Hemmern abzugrenzen (streitiger Beschluss, Rn. 2445 bis 2457).

362    Zum anderen habe die nach dem Aufkommen der Generika erfolgte starke Senkung der Preise der übrigen ACE‑Hemmer weder zu einer Senkung der Preise für Perindopril und der Werbeausgaben von Servier geführt, die während des gesamten relevanten Zeitraums unverändert geblieben seien, noch zu einer Abnahme der abgesetzten Mengen von Perindopril, die stetig zugenommen hätten. Die Senkung der Preise für die übrigen ACE‑Hemmer habe mithin nicht zu einer Abwanderung der Nachfrage nach Perindopril zu diesen übrigen ACE‑Hemmern geführt. Servier sei somit, da von den übrigen ACE‑Hemmern im relevanten Zeitraum kein erheblicher Wettbewerbsdruck ausgegangen sei, in der Lage gewesen, sich gegenüber den Herstellern dieser Arzneimittel in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten. Diese Situation unterscheide sich stark von derjenigen, die nach dem Auftreten der Perindopril-Generika entstanden sei, wodurch die durchschnittlichen Preise für Perindopril in Frankreich um 27 %, in den Niederlanden um 81 %, in Polen um 17 % und im Vereinigten Königreich um 90 % gefallen seien (streitiger Beschluss, Rn. 2460 bis 2495, 2528 und 2546).

363    Servier habe auf dem Markt für Perindopril in Frankreich, in den Niederlanden, in Polen und im Vereinigten Königreich eine beherrschende Stellung gehabt (streitiger Beschluss, Rn. 2561 bis 2600). Servier habe auch auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril eine beherrschende Stellung gehabt (streitiger Beschluss, Rn. 2601 bis 2758).

364    Die einheitliche und fortgesetzte Strategie von Servier, den Markteintritt von Perindopril-Generika zu verzögern, insbesondere durch den Erwerb der Technologie für den Wirkstoff dieses Arzneimittels verbunden mit dem Abschluss von Vergleichen zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten gegen umgekehrte Zahlung, stelle eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV dar (streitiger Beschluss, Rn. 2759 bis 2998).

b)      Angefochtenes Urteil

365    Das Gericht hat festgestellt, dass die Kommission den relevanten Produktmarkt zu Unrecht unter Ausschluss der übrigen ACE‑Hemmer auf Perindopril begrenzt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1367 bis 1592).

366    Nachdem es eine erste Rüge von Servier zurückgewiesen hat, mit der geltend gemacht wurde, dass die Kommission nicht sämtliche Umstände des wirtschaftlichen Kontexts berücksichtigt habe, hat das Gericht einer Rüge stattgegeben, mit der ein Fehler bei der Beurteilung der Substituierbarkeit von Perindopril durch die übrigen ACE‑Hemmer gerügt wurde. Es hat insoweit festgestellt, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass es zwischen Perindopril und den übrigen ACE‑Hemmern therapeutische Unterschiede gebe (angefochtenes Urteil, Rn. 1418 bis 1482), dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Unbeweglichkeit und die Treue der Verordner gegenüber Perindopril ein Grund sei, warum von den übrigen ACE‑Hemmern nur ein begrenzter Wettbewerbsdruck ausgehe (angefochtenes Urteil, Rn. 1483 bis 1513), dass die Kommission die Neigung der mit Perindopril behandelten Patienten, das Arzneimittel zu wechseln, zu gering eingeschätzt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1514 bis 1540) und dass die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass Servier in großem Umfang Werbung betrieben habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1541 bis 1566).

367    Schließlich hat das Gericht der Rüge von Servier stattgegeben, dass die Kommission bei der Bestimmung des relevanten Marktes den Preisen eine viel zu hohe Bedeutung beigemessen habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1567 bis 1585), und festgestellt, dass über die Rüge, mit der Servier geltend mache, dass die von der Kommission vorgenommene ökonometrische Analyse methodisch fehlerhaft sei, nicht zu entscheiden sei (angefochtenes Urteil, Rn. 1586).

368    Die Feststellungen der Kommission zum Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für Perindopril und auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff dieses Medikaments träfen nicht zu (angefochtenes Urteil, Rn. 1595 bis 1608 und 1611 bis 1622). Dasselbe gelte wegen des Fehlens einer richtigen Definition des relevanten Produktmarkts für die Feststellungen, die die Kommission im streitigen Beschluss zu dem Servier zur Last gelegten Missbrauch einer beherrschenden Stellung getroffen habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1625 bis 1632).

369    Entsprechend hat das Gericht Art. 6 und Art. 7 Abs. 6 des streitigen Beschlusses für nichtig erklärt.

2.      Zum achten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

370    Mit dem achten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sie den Preisen bei der Definition des relevanten Produktmarkts eine viel zu große Bedeutung beigemessen habe. Der achte Rechtsmittelgrund besteht aus sechs Teilen.

371    Mit dem ersten, dem dritten und dem fünften Teil des achten Rechtsmittelgrundes wendet sich die Kommission im Wesentlichen gegen die in den Rn. 1380 bis 1405 und 1567 bis 1586 des angefochtenen Urteils enthaltenen Ausführungen zur Definition des relevanten Marktes.

372    Sie meint, das Gericht habe in den Rn. 1567 bis 1586 des angefochtenen Urteils bei der Abgrenzung des relevanten Marktes den Preisen für Perindopril eine sehr geringe Bedeutung beigemessen und stattdessen Erwägungen zur Qualität des Arzneimittels angestellt. Es habe außer Acht gelassen, dass die Preise für Perindopril stabil geblieben seien und die abgesetzten Mengen gestiegen seien, während die Preise für die übrigen ACE‑Hemmer nach dem Eintritt entsprechender Generika stark gefallen seien (um 28 % bis 90 % in Polen, um 47 % bis 58 % in Frankreich, um 88 % bis 90 % im Vereinigten Königreich und um 94 % bis 97 % in den Niederlanden). Das Gericht habe zwischen qualitativen und „preislichen“ Zwängen unterschieden. Eine solche Unterscheidung sei künstlich, abstrakt und nicht mit der anerkannten Methode der Bestimmung des relevanten Marktes und dem Urteil vom 6. Dezember 2012, AstraZeneca/Kommission (C‑457/10 P, EU:C:2012:770), zu vereinbaren.

373    Außerdem habe das Gericht bei der Beurteilung der Merkmale der Nachfrage nach Perindopril der Rolle der verordnenden Ärzte eine zu große Bedeutung beigemessen. Erstens habe es in den Rn. 1393 bis 1395 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die Nachfrage allein durch die verordnenden Ärzte bestimmt werde, ohne andere relevante Faktoren zu berücksichtigen. Zweitens habe Servier, da die Verordner nicht auf die Preise achteten, mehr Spielräume. Sie müsse ihre Preise nicht anpassen, um die Ärzte davon zu überzeugen, ihr Perindopril zu verordnen. Indem es anstatt auf die für Servier bestehenden Zwänge auf die für die Verordner bestehenden Zwänge abgestellt habe, habe das Gericht den Begriff des relevanten Marktes nicht richtig angewandt.

374    In den Rn. 1385, 1395, 1397, 1401, 1404, 1576 bis 1579 und 1584 des angefochtenen Urteils habe das Gericht dem Umstand, dass von den Perindopril-Generika ein erheblicher Wettbewerbsdruck ausgegangen sei, eine zu geringe Bedeutung beigemessen. Nachdem es diesen Umstand festgestellt habe, hätte das Gericht feststellen müssen, dass von den übrigen ACE‑Hemmern kein Druck auf Perindopril ausgegangen sei. Es sei künstlich anzunehmen, wie das Gericht es in Rn. 1392 des angefochtenen Urteils getan habe, dass der von den Generika ausgehende Wettbewerbsdruck erst berücksichtigt werden könne, wenn die Generika tatsächlich auf dem Markt verfügbar seien.

375    Mit dem zweiten, dem vierten und dem sechsten Teil des achten Rechtsmittelgrundes macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass die in den Rn. 1392 und 1567 bis 1586 des angefochtenen Urteils enthaltene Begründung unzureichend oder widersprüchlich sei.

376    Servier meint, dass die Begründung des angefochtenen Urteils ausreiche und keine Widersprüche aufweise.

377    Was die Begründetheit angeht, vertreten Servier und die EFPIA die Auffassung, dass das Gericht dem Faktor Preis rechtsfehlerfrei eine geringere Bedeutung beigemessen habe als es die Kommission getan habe. Im Arzneimittelsektor würden therapeutische Aspekte den über die Preise ausgeübten Wettbewerbsdruck abschwächen. Das Gericht habe nicht außer Acht gelassen, dass die Preise für die übrigen ACE‑Hemmer stark gesunken seien. Es habe vielmehr entschieden, dass die Stabilität des Preises für Perindopril nicht genüge, um auszuschließen, dass von den übrigen ACE‑Hemmern Wettbewerbsdruck ausgehe. Das Gericht habe nicht angenommen, dass es auf die Analyse der abgesetzten Mengen an Perindopril nicht ankomme, sondern lediglich, dass die Kommission der Stabilität des Preises für Perindopril eine zu hohe Bedeutung beigemessen habe. Im Übrigen habe es in den Rn. 1499 und 1500 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die abgesetzten Mengen auch bei den übrigen ACE‑Hemmern zugenommen hätten, und zwar bei Ramipril stärker als bei Perindopril. Was die Rentabilität von Servier angehe, habe das Gericht in Rn. 1559 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes nicht auf diesen Gesichtspunkt abgestellt habe. Das Gericht habe eine Gesamtwürdigung der verschiedenen Faktoren, von denen Wettbewerbsdruck ausgehe, vorgenommen, ohne eine Rangordnung festzulegen.

378    Das Vorbringen der Kommission zu dem Umstand, dass die Verordner nicht auf die Preise achteten, sei unzulässig. Es beziehe sich nämlich auf tatsächliche Feststellungen des Gerichts. Es sei aber auch nicht begründet. Denn das Gericht habe den Preisfaktoren nicht eine sehr geringe Bedeutung beigemessen, sondern sie, indem es berücksichtigt habe, dass die besonderen Merkmale des Arzneimittelsektors den vom Preis ausgehenden Wettbewerbsdruck begrenzten, durchaus gewürdigt und dabei auch die Funktion der Definition des Marktes nicht verkannt.

379    Das Gericht habe auch den von den Generika ausgehenden Wettbewerbsdruck auf Perindopril nicht außer Acht gelassen. Vielmehr habe es in Rn. 1579 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Rückgang des Preises für diese Arzneimittel nach dem Markteintritt von Generika nicht den Schluss zulasse, dass es vorher keinen Wettbewerbsdruck gegeben hätte. Dass die Generika die nächsten Wettbewerber von Perindopril gewesen seien, bedeute nicht, dass von anderen ACE‑Hemmern kein Wettbewerbsdruck auf Perindopril ausgegangen sei. Dass es einen solchen Wettbewerbsdruck gegeben habe, werde, wie sich aus den Rn. 1550, 1577 und 1590 des angefochtenen Urteils ergebe, durch die Werbepolitik und die interne Strategie von Servier bestätigt.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

380    Entgegen dem Vorbringen von Servier betrifft das Vorbringen der Kommission zu dem Umstand, dass sich Ärzte bei der Verordnung eines Arzneimittels weniger von Erwägungen betreffend den Preis des Arzneimittels als von Erwägungen therapeutischer Art leiten lassen, nicht die Tatsachenfeststellungen des Gerichts, sondern die rechtliche Einstufung der festgestellten Tatsachen. Die Kommission wendet sich mit ihrem Vorbringen nämlich sowohl gegen die Begründung als auch gegen die rechtlichen Kriterien, auf deren Grundlage das Gericht angenommen hat, dass sie im streitigen Beschluss bei der Definition des relevanten Marktes den Preisen für Perindopril eine zu hohe Bedeutung beigemessen habe. Die Einrede der teilweisen Unzulässigkeit des achten Rechtsmittelgrundes ist daher zurückzuweisen.

381    Zur Begründetheit des achten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass die Abgrenzung des relevanten Marktes im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV grundsätzlich eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung des betreffenden Unternehmens ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission, 6/72, EU:C:1973:22, Rn. 32). Durch sie soll ermittelt werden, für welchen Bereich zu beurteilen ist, ob das betreffende Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden‑Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, EU:C:1983:313, Rn. 37, und vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127).

382    Der relevante Markt ist als Erstes in sachlicher Hinsicht und als Zweites in räumlicher Hinsicht abzugrenzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 10 und 11).

383    Was den sachlich relevanten Markt betrifft, ist festzustellen, dass der Begriff des relevanten Marktes nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den zu ihm gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen voraussetzt, so dass ein hinreichender Grad an Austauschbarkeit zwischen allen zum gleichen Markt gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen im Hinblick auf die gleiche Verwendung erforderlich ist. Die Austauschbarkeit oder Substituierbarkeit beurteilt sich nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen. Es müssen auch die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt in Betracht gezogen werden (Urteil vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

384    Bei der Bestimmung der Substituierbarkeit zweier Erzeugnisse ist demnach nicht nur zu prüfen, ob die Erzeugnisse in funktioneller Hinsicht geeignet sind, denselben Bedarf zu decken, sondern auch, ob die Erzeugnisse wirtschaftlich betrachtet de facto tatsächlich substituierbar sind. Zwei Erzeugnisse sind wirtschaftlich substituierbar, wenn es bei Preisänderungen zu einer Übertragung der Verkäufe von einem auf das andere kommt. Nach Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes (siehe oben, Rn. 2), auf die das Gericht in Rn. 1384 des angefochtenen Urteils Bezug nimmt, stellt die Möglichkeit der Nachfragesubstitution aus wirtschaftlicher Sicht die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt. Sie wird im Wesentlichen dadurch bestimmt, dass die Preiskreuzelastizität ermittelt wird, indem geprüft wird, ob sich die Verbraucher eines Produkts, bei dem der Preis leicht, aber dauerhaft erhöht wird, Substitutionsprodukten zuwenden würden.

385    Im vorliegenden Fall hat das Gericht die fehlende relative Elastizität der Nachfrage nach Perindopril gegenüber dem Preis der übrigen ACE‑Hemmer festgestellt (angefochtenes Urteil, Rn. 1404), und hervorgehoben, dass Servier diese Tatsache auch nicht bestritten habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1573). Diese Feststellung beruht auf der in den Rn. 2460 bis 2495 des streitigen Beschlusses beschriebenen Beobachtung, dass bei Perindopril der Preis trotz des starken Rückgangs der Preise der ACE‑Hemmer mit derselben therapeutischen Verwendung stabil geblieben ist und die abgesetzten Mengen im relevanten Zeitraum gestiegen sind.

386    Das Gericht hat jedoch angenommen, dass der Umstand, dass die Nachfrage nach Perindopril trotz des starken Rückgangs der Preise der übrigen ACE‑Hemmer stabil geblieben sei, „nicht den Schluss auf das Fehlen von Wettbewerbsdruck qualitativer und außerpreislicher Art“ bis zum Markteintritt von Perindopril-Generika „zulässt“, da der Wettbewerb insbesondere wegen der Besonderheiten des Arzneimittelsektors nicht nur über die Preise, sondern auch über die Qualität der Arzneimittel, wie sie von den Verordnern anerkannt werde, erfolge, und zwar insbesondere durch Maßnahmen der Verkaufsförderung der Hersteller der übrigen ACE‑Hemmer (angefochtenes Urteil, Rn. 1574 bis 1586). Das Gericht hat daraus gefolgert, dass die Kommission dem Faktor Preis im streitigen Beschluss bei der Definition des relevanten Produktmarkts eine viel zu große Bedeutung beigemessen habe (angefochtenes Urteil, Rn. 1584).

387    Bei der Definition des relevanten Marktes sind der Preis und die abgesetzten Mengen eines Produkts aber nicht Ausdruck einer gesonderten Art von Wettbewerb, die das Gegenstück wäre zu dem Wettbewerb, der von der Qualität des Produkts oder den Anstrengungen, die zur Verkaufsförderung unternommen werden, abhängt. Vielmehr spiegelt die wirtschaftliche Substituierbarkeit sämtliche Merkmale der betreffenden Produkte wider, einschließlich derer, die die Aufwendungen für Verkaufsförderung und die objektive oder angenommene Qualität betreffen. Denn auch wenn die Nachfrage nach Arzneimitteln – wie das Gericht zu Recht festgestellt hat – eher durch die Entscheidungen der Verordner als durch die der Patienten bestimmt wird und die Patienten wegen des Greifens verschiedener Mechanismen der Versicherung im Gesundheitsbereich den Preis – unabhängig davon, ob er reguliert ist oder nicht – im Allgemeinen nicht in voller Höhe tragen, beruht der Anreiz, ein Qualitätsprodukt zu liefern, letztlich darauf, dass der Verbraucher bereit ist, für die Qualität zu zahlen.

388    Bei der Prüfung der Frage, ob Arzneimittel wirtschaftlich substituierbar sind, ist daher – unabhängig von den besonderen Merkmalen des Arzneimittelsektors, wie sie durch die einschlägigen Rechtsvorschriften, die Rolle der Verordner und die Übernahme der Kosten der Arzneimittel durch Versicherungsmechanismen bedingt sind – darauf abzustellen, ob es bei Arzneimitteln mit derselben therapeutischen Indikation bei Änderungen der Preise zu Übertragungen von Verkäufen kommt. Die Feststellung des Fehlens einer solchen Substituierbarkeit offenbart das Vorliegen eines gesonderten Marktes, und zwar unabhängig davon, was die Gründe dafür sind – seien es die objektive Qualität des oder der Arzneimittel, die zu dem betreffenden Markt gehören, oder die Anstrengungen, die von ihren Herstellern zur Verkaufsförderung unternommen werden.

389    Das Gericht hat diese Erwägungen bei der Darstellung der für die Abgrenzung des relevanten Produktmarkts im Arzneimittelsektor geltenden Grundsätze (angefochtenes Urteil, Rn. 1380 bis 1398) eigentlich ordnungsgemäß berücksichtigt. Es hat festgestellt, dass „[d]ie preisrelevanten Faktoren … durch die Besonderheiten, die die Wettbewerbsmechanismen im Arzneimittelsektor kennzeichnen, nicht ihre Relevanz für die Beurteilung des Wettbewerbsdrucks [verlieren], jedoch in ihrem eigenen Kontext zu bewerten [sind]“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1386), dass „der Umstand, dass der von den Preisen ausgehende Wettbewerbsdruck im Arzneimittelsektor stark abgemildert wird …, … eine enge Marktabgrenzung rechtfertigen kann“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1390) und dass, wenn „eine Gruppe von Erzeugnissen keinem erheblichen Wettbewerbsdruck durch andere Erzeugnisse ausgesetzt ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass diese Gruppe einen relevanten Produktmarkt bildet, … der Art oder dem Wesen der Faktoren, die diese Produktgruppe vor jedem erheblichen Wettbewerbsdruck schützen, nur begrenzte Relevanz zu[kommt], weil die Feststellung, dass kein solcher Wettbewerbsdruck vorliegt, den Schluss zulässt, dass ein beherrschendes Unternehmen auf dem so definierten Markt die Verbraucherinteressen auf diesem Markt dadurch beeinträchtigen kann, dass es durch missbräuchliches Verhalten die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs verhindert“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1391).

390    Mit der Feststellung, dass die fehlende relative Elastizität der Nachfrage nach Perindopril gegenüber dem Preis für die Bestimmung des relevanten Marktes wenig relevant sei, weil sie durch die Qualität dieses Arzneimittels und die großen Anstrengungen, die der Hersteller zur Verkaufsförderung unternehme, erklärt oder gerechtfertigt werden könne (angefochtenes Urteil, Rn. 1399 bis 1405 und 1574 bis 1586), hat sich das Gericht also offensichtlich widersprochen und gegen die Grundsätze verstoßen, die es gerade zuvor noch richtig dargestellt hatte. Dem Gericht ist folglich ein Rechtsfehler unterlaufen. Die Rn. 1399 bis 1405 und 1574 bis 1586 des angefochtenen Urteils sind deshalb rechtswidrig.

391    Dem achten Rechtsmittelgrund ist daher in vollem Umfang stattzugeben.

3.      Zu dem neunten und dem zehnten Rechtsmittelgrund

392    Mit dem neunten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1418 bis 1566 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass die bei der Bestimmung des Marktes für Perindopril vorgenommene Analyse der therapeutischen Substituierbarkeit dieses Arzneimittels durch andere ACE‑Hemmer nicht zutreffe. Mit dem zehnten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1461 bis 1463 des angefochtenen Urteils bestimmte Anlagen, die Servier ihren Schriftsätzen im ersten Rechtszug beigefügt habe, um ihre Bewertung der therapeutischen Substituierbarkeit von Perindopril durch andere ACE‑Hemmer in Zweifel zu ziehen, zu Unrecht für zulässig erachtet habe.

393    In Anbetracht der Ausführungen zum achten Rechtsmittelgrund, wonach die Begründung der Feststellung des Gerichts in Rn. 1585 des angefochtenen Urteils, dass die Kommission anhand einer auf wirtschaftlichen Erwägungen zum Preis beruhenden Analyse der Substituierbarkeit der Produkte zu Unrecht festgestellt habe, dass Perindopril und die übrigen ACE‑Hemmer nicht substituierbar seien, widersprüchlich ist, braucht über den neunten und den zehnten Rechtsmittelgrund, da sich diese auf die therapeutische Substituierbarkeit der ACE‑Hemmer beziehen, nicht entschieden zu werden.

4.      Zum elften Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

394    Mit dem elften Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1611 bis 1622 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass die Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril und die Feststellung, dass Servier auf diesem Markt eine beherrschende Stellung habe, nicht zuträfen. Das Gericht habe sich ausschließlich auf die Fehler gestützt, die es hinsichtlich der Definition des Marktes für Perindopril festgestellt habe. Die Kommission erhebt insoweit drei Rügen.

395    Mit der ersten Rüge macht die Kommission geltend, dass der Markt für Perindopril und der Markt für die Technologie für den Wirkstoff dieses Arzneimittels, auch wenn sie benachbarte Märkte seien, sowohl was das Angebot als auch was die Nachfrage angehe, verschiedene Merkmale aufwiesen. Deshalb habe das Gericht in Rn. 1615 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass, weil der Markt für Perindopril nicht richtig abgegrenzt sei, automatisch auch der Markt für die Technologie für den Wirkstoff dieses Arzneimittels nicht richtig abgegrenzt sei und damit auch die Feststellung, dass Servier auf diesem Markt eine beherrschende Stellung gehabt habe, nicht zutreffe. Das Gericht habe diese Annahme zu Unrecht damit begründet, dass sich aus den Rn. 2648 bis 2651 des streitigen Beschlusses ergebe, dass sich die Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril von der nach Perindopril ableite. Aus den genannten Randnummern des streitigen Beschlusses gehe nämlich in keiner Weise hervor, dass die Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril von der Definition des Marktes für dieses Arzneimittel abhinge.

396    Mit der zweiten Rüge macht die Kommission geltend, dass das Gericht in den Rn. 1618 bis 1621 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass sie im streitigen Beschluss das Vorliegen einer beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril nicht habe daraus ableiten können, dass sich diese auf dem Markt gezeigt habe, da dieser Markt, wie es festgestellt habe, nicht auf Perindopril beschränkt gewesen sei. Denn, da es sich bei diesen beiden Märkten um gesonderte Märkte handele, hänge die Feststellung der beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril nicht von dem Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für Perindopril ab.

397    Mit der dritten Rüge macht die Kommission geltend, dass das Gericht die Analyse des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril (streitiger Beschluss, Rn. 2632 bis 2647: Merkmale der Nachfrage, Rn. 2671 bis 2757: beherrschende Stellung von Servier auf diesem Markt) zu Unrecht außer Acht gelassen habe. Das Gericht habe somit die geltend gemachten Verteidigungsgründe übergangen.

398    Servier meint, der elfte Rechtsmittelgrund gehe in vollem Umfang ins Leere. Die Kommission wende sich damit gegen Ausführungen zur Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril. Das Gericht habe über diese Frage aber überhaupt nicht entschieden. Denn anders, als die Kommission behaupte, habe das Gericht nicht über die Definition dieses Marktes entschieden, sondern festgestellt, dass die im streitigen Beschluss enthaltenen Feststellungen zum Vorliegen einer beherrschenden Stellung von Servier auf diesem Markt wegen Fehlern bei der Definition des Marktes für Perindopril als Arzneimittel nicht zuträfen.

399    Abgesehen davon könne der elfte Rechtsmittelgrund nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, da die Kommission die Rn. 1627 bis 1631 des angefochtenen Urteils, auf denen der Tenor des angefochtenen Urteils beruhe, nicht angegriffen habe. Aus diesen Randnummern des angefochtenen Urteils gehe hervor, dass das Gericht zum einen festgestellt habe, dass „bereits das Fehlen einer beherrschenden Stellung von Servier nur auf dem Markt für [Perindopril] das Vorliegen des Servier … vorgeworfenen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung“ auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril „in Frage stellt“, und zum anderen, dass im streitigen Beschluss kein Verhalten von ihr festgestellt werde, dessen Rechtswidrigkeit nicht vom Vorliegen ihrer angeblichen beherrschenden Stellung auf dem Markt für Perindopril abhinge.

400    Im Übrigen gingen die drei Rügen der Kommission ins Leere und träfen in tatsächlicher Hinsicht nicht zu.

401    Die erste Rüge betreffe Fehler bei der Tatsachenfeststellung und verfälsche das angefochtene Urteil. Das Gericht habe in Rn. 1615 des angefochtenen Urteils lediglich festgestellt, dass die Kommission im streitigen Beschluss bei der Analyse des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril auf die Definition des Marktes für Perindopril zurückgegriffen habe.

402    Ebenso beruhe die zweite Rüge auf einer Verfälschung der Rn. 1618 und 1619 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht festgestellt habe, dass die beiden in Rede stehenden Märkte im streitigen Beschluss nicht unabhängig voneinander untersucht worden seien. Es ergebe sich aus Abschnitt 7.2.1.2.3 des streitigen Beschlusses, dass sich die Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril von der Nachfrage nach Perindopril ableite. Die Kommission habe die beherrschende Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril aus der beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für Perindopril abgeleitet.

403    Die dritte Rüge gehe ins Leere. Die Kommission habe nämlich nicht die Feststellung des Gerichts angegriffen, dass die Fehler bei der Definition des Marktes für Perindopril auf die Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff dieses Arzneimittels durchgeschlagen hätten. Außerdem mache sie lediglich geltend, dass ein Verteidigungsgrund übergangen worden sei, ohne anzugeben, um welchen es sich genau handele.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

404    In Rn. 1615 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass sich, was die Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril angehe, aus dem streitigen Beschluss ergebe, dass „… sich die Nachfrage nach [dieser] Technologie … von der nach dem Endprodukt Perindopril [ableite] (Rn. 2648 bis 2651 des [streitigen] Beschlusses)“ und dass „… die Kommission [damit] ihre fehlerhafte Abgrenzung des Marktes für die Endprodukte im Rahmen ihrer Analyse des Marktes für die Technologie herangezogen [hat], insbesondere bezüglich der Beurteilung der Nachfrage auf dem letztgenannten Markt“.

405    Aus den Rn. 2648 bis 2651 des streitigen Beschlusses ergibt sich jedoch, dass die Kommission zwar festgestellt hat, dass sich die Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril von der Nachfrage nach Perindopril ableite, aber auch klargestellt hat, dass dies nicht bedeute, dass die Bedingungen der Nachfrage nach dieser Technologie exakt denen der Nachfrage nach Perindopril entsprächen (streitiger Beschluss, Rn. 2649).

406    Entsprechend ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass wegen der fehlenden relativen Elastizität der Nachfrage nach Perindopril wahrscheinlich auch die Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril unelastisch sei (streitiger Beschluss, Rn. 2651). Anders als sich aus der Formulierung von Rn. 1615 des angefochtenen Urteils ergibt, beruhen die Ausführungen in den Rn. 2648 bis 2651 des streitigen Beschlusses betreffend die Merkmale der Nachfrage nach der Technologie für den Wirkstoff von Perindopril mithin nicht auf der Definition des Marktes für Perindopril als solcher, sondern auf dem Zusammenhang, der zwischen der Nachfrage nach dieser Technologie und der Nachfrage nach dem Arzneimittel besteht, da die beiden Produkte insoweit komplementär sind, als das erste ein Ausgangsstoff für die Herstellung des zweiten ist.

407    Das Gericht hat den Inhalt des streitigen Beschlusses in Rn. 1615 des angefochtenen Urteils, indem es suggeriert hat, dass die Kommission den Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril allein unter Rückgriff auf die Definition des Marktes für Perindopril definiert habe, somit zwar nicht vollständig und nicht richtig wiedergegeben. Es hat die Tragweite dieses Irrtums aber begrenzt, indem es darauf hingewiesen hat, dass „… die Kommission, wie sie geltend macht, im Rahmen ihrer Analyse des Marktes für die Technologie auch andere Faktoren für die Abgrenzung dieses Marktes herangezogen [hat], wie eine Analyse der Substituierbarkeit auf der Angebotsseite (Rn. 2657 ff. des [streitigen] Beschlusses)“ (angefochtenes Urteil, Rn. 1616).

408    Die erste Rüge der Kommission, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass das Gericht den streitigen Beschluss verfälscht habe, indem es die Unterschiede nicht berücksichtigt habe, die zwischen den beiden Märkten sowohl hinsichtlich des Angebots als auch hinsichtlich der Nachfrage bestanden hätten, ist daher – abgesehen von dem Fehler, der soeben festgestellt wurde – nicht begründet.

409    Im Übrigen hat das Gericht in den Rn. 1617 bis 1619 des angefochtenen Urteils angenommen, dass zur Würdigung des Klagegrundes, mit dem geltend gemacht werde, dass die Kommission das Bestehen einer beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril fehlerhaft beurteilt habe, nicht darüber entschieden zu werden brauche, ob dieser Markt fehlerhaft abgegrenzt worden sei, da sich die Kommission bei der Feststellung, dass Servier auf diesem Markt eine beherrschende Stellung innegehabt habe, „in entscheidender Weise“ auf die Abgrenzung des Marktes für Perindopril „gestützt habe“. Aus seiner Feststellung der Unrichtigkeit der Definition des Marktes für Perindopril hat das Gericht gefolgert, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril eine beherrschende Stellung gehabt hätte (angefochtenes Urteil, Rn. 1621), und ist deshalb zu dem Schluss gelangt, dass dem Klagegrund, mit dem gerügt wurde, dass der Kommission beim Nachweis einer beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril Fehler unterlaufen seien, stattzugeben sei (angefochtenes Urteil, Rn. 1622).

410    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 380 bis 390), sind die Ausführungen des Gerichts zur Unrichtigkeit der Definition des Marktes für Perindopril aber selbst rechtsfehlerhaft. Die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 1611 bis 1622 des angefochtenen Urteils zur beherrschenden Stellung von Servier auf dem Markt für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril beruhen somit auf einer unrichtigen Annahme und sind deshalb rechtswidrig. Da sie sich unmittelbar auf Nr. 3 des Tenors des angefochtenen Urteils ausgewirkt haben, mit der das Gericht den streitigen Beschluss insoweit für nichtig erklärt hat, als mit ihm eine Zuwiderhandlung von Servier gegen Art. 102 AEUV festgestellt wird, ist dem elften Rechtsmittelgrund stattzugeben.

D.      Ergebnis zum Rechtsmittel

411    Da dem ersten, dem zweiten, dem dritten, dem vierten, dem fünften, dem sechsten, dem siebten, dem achten und dem elften Rechtsmittelgrund stattgegeben wurde, sind die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des angefochtenen Urteils, mit denen das Gericht erstens Art. 4 des streitigen Beschlusses, soweit mit ihm festgestellt wird, dass sich Servier an den Vereinbarungen Servier/Krka beteiligt habe, zweitens Art. 6 des streitigen Beschlusses, mit dem festgestellt wird, dass Servier eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV begangen habe, und drittens Art. 7 Abs. 4 Buchst. b und Art. 7 Abs. 6 des streitigen Beschlusses, mit denen die Höhe der gegen Servier wegen der in den Art. 4 und 6 des streitigen Beschlusses festgestellten Zuwiderhandlungen verhängten Geldbuße festgesetzt wird, für nichtig erklärt hat, gemäß dem Antrag der Kommission aufzuheben.

VIII. Zu den Folgen der Aufhebung des angefochtenen Urteils

412    Hebt er die Entscheidung des Gerichts auf, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen (Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union).

413    Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof bei den auf die Nichtigerklärung von Art. 4 des streitigen Beschlusses abzielenden Klagegründen, die die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV betreffen, der Auffassung, dass der Rechtsstreit insgesamt noch nicht zur Entscheidung reif ist. Mit dem zweiten Teil des neunten Klagegrundes macht Servier nämlich geltend, dass der Kommission bei der Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs mehrere Beurteilungsfehler unterlaufen seien. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 307), hat das Gericht angenommen, dass die Kommission diese Vereinbarung zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe, dies aber allein damit begründet, dass sie den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft habe, ohne über die Begründetheit des zweiten Teils des neunten Klagegrundes zu befinden. Die Sache ist daher zur Entscheidung über den zweiten Teil des neunten Klagegrundes an das Gericht zurückzuverweisen.

414    Zu den auf die Nichtigerklärung von Art. 6 des streitigen Beschlusses abzielenden Klagegründen, die die Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV betreffen, hat das Gericht – wie zum achten Rechtsmittelgrund ausgeführt – rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Kommission den relevanten Markt zu Unrecht auf Perindopril begrenzt habe. Es hat angenommen, dass dem 14. Klagegrund bereits deshalb stattzugeben sei, ohne dass es erforderlich sei, über dessen ersten Teil zu entscheiden, mit dem Servier geltend machte, dass die ökonometrische Analyse der Kommission in mehrerer Hinsicht fehlerhaft sei. Da das Gericht über den ersten Teil des 14. Klagegrundes nicht entschieden hat, ist der Rechtsstreit insoweit nicht zur Entscheidung reif.

415    Wie oben in den Rn. 404 bis 410 zum elften Rechtsmittelgrund ausgeführt, hat das Gericht den 16. und den 17. Klagegrund, die gegen die Definition des Marktes für die Technologie für den Wirkstoff von Perindopril bzw. das Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf diesem Markt gerichtet sind, nicht gesondert untersucht, sondern lediglich die Gründe wiederholt, aus denen es dem 14. Klagegrund, mit dem ein Fehler bei der Definition des Marktes für Perindopril gerügt wurde, stattgegeben hat. Der Rechtsstreit ist daher nicht zur Entscheidung reif. Die Sache ist zur Entscheidung über die die Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV betreffenden Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen.

416    In diesem Zusammenhang hat die Kommission angeregt, die Sache zur Entscheidung durch einen Spruchkörper, der anders zusammengesetzt ist als derjenige, der das angefochtene Urteil erlassen hat, an das Gericht zurückzuverweisen.

417    Hebt der Gerichtshof ein Urteil einer Kammer auf, so kann der Präsident des Gerichts die Sache einer anderen, mit der gleichen Richterzahl tagenden Kammer zuweisen (Art. 216 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts). Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Zurückverweisung der Sache an einen Spruchkörper, der anders zusammengesetzt ist als derjenige, der die erste Prüfung der Sache vorgenommen hat, im Rahmen des Unionsrechts nicht als allgemeine Verpflichtung angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 57). Dem Antrag der Kommission ist daher nicht stattzugeben.

418    Somit ist die Sache zur Entscheidung über den zweiten Teil des neunten Klagegrundes (Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs), den 14., den 15., den 16. und den 17. Klagegrund (Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV) und die hilfsweise geltend gemachten Klagegründe betreffend die Höhe der Geldbuße an das Gericht zurückzuverweisen.

IX.    Zur Klage

419    Mit dem ersten Teil des neunten Klagegrundes wendet sich Servier gegen die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs, mit dem zehnten Klagegrund gegen die Einstufung des Vergleichs Servier/Krka und der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs.

420    Da diese Klagegründe vor dem Gericht streitig erörtert wurden und für ihre Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erforderlich ist, ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Sache, was den ersten Teil des neunten Klagegrundes und den zehnten Klagegrund angeht, zur Entscheidung reif ist.

A.      Zum ersten Teil des neunten Klagegrundes

1.      Vorbringen der Parteien

421    Mit dem ersten Teil des neunten Klagegrundes wendet sich Servier gegen die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs und erhebt insoweit fünf Rügen. Servier macht erstens geltend, dass „der Beschluss … den Sachverhalt [verfälscht], wenn festgestellt wird, dass Krka in der Lage gewesen sei, kurzfristig in die Märkte einzutreten“, zweitens, dass „der Beschluss … die Absichten der Vertragsparteien und die verfolgten Ziele [verfälscht], die durchaus legitim sind“, drittens, dass „die Vereinbarungen … im Beschluss zu Unrecht als Aufteilung des Marktes eingestuft [werden]“, viertens, dass „der Inhalt der Vereinbarungen … auch nicht die Einstufung als bezweckte Einschränkung [rechtfertigt], sondern … vielmehr [zeigt], dass die Vereinbarungen legitim gewesen sind“, und fünftens, dass „die Vereinbarungen … im Beschluss zu Unrecht als bezweckte Einschränkungen des Wettbewerbs eingestuft [werden], obwohl ihre restriktive Wirkungen hypothetisch sind“. Der Gerichtshof hat zu prüfen, ob die Feststellung der Kommission, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, die in der durch den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka erfolgten Aufteilung der Märkte für Perindopril bestehe, auf den Rechts- und Tatsachenfehlern beruht, die Servier mit diesen fünf Rügen geltend macht.

422    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Servier entgegen.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

423    Ob eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt, lässt sich nur dann richtig beantworten, wenn die in dem streitigen Beschluss angeführten Indizien nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des relevanten Produktmarkts gewürdigt werden (Urteil vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, EU:C:1972:70, Rn. 68). Die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle erstreckt sich auf sämtliche Bestandteile der Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV, deren eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle das Gericht sicherstellt, und zwar auf der Grundlage der von den Parteien geltend gemachten Klage- und Verteidigungsgründe (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 44, und vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 72).

424    Der erste Teil des neunten Klagegrundes besteht zwar aus fünf Rügen. Die Argumente, die Servier in diesem Zusammenhang vorbringt, betreffen aber allesamt die Frage, ob Krka trotz der Niederlagen in den Gerichtsverfahren, die sie bei ihren Versuchen, das Patent EP1296947 für nichtig erklären zu lassen, eine nach der anderen hat einstecken müssen, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier war, bzw. die Frage, ob diese Vereinbarungen insgesamt eine Vereinbarung über die Aufteilung des Marktes darstellten, die als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV einzustufen ist. Dieses Vorbringen von Servier, das sich speziell auf den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka bezieht, überschneidet sich mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Klagegrundes, dass Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten und Vereinbarungen über die Erteilung einer Lizenz an einem Patent bereits ihrem Wesen nach legitim seien.

425    Nach den Ausführungen oben in Rn. 131 ist in einem ersten Schritt – soweit diese Frage von Servier im Verfahren vor dem Gericht aufgeworfen wurde – zu prüfen, ob die Kommission die Vereinbarungen Servier/Krka zu Recht als Einschränkung des von Krka gegenüber Servier ausgeübten potenziellen Wettbewerbsdrucks eingestuft hat. Hierzu ist zu prüfen, ob es für Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka wirkliche und konkrete Möglichkeiten gab, in den Markt für Perindopril einzutreten und mit Servier in Wettbewerb zu treten. Hierzu ist wiederum zu prüfen, ob Krka ausreichende Schritte unternommen hatte, die zeigen, dass sie fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage war, in einer Frist, die geeignet war, Wettbewerbsdruck auf Servier auszuüben, in den Markt einzutreten, und ob dem keine unüberwindlichen Schranken entgegenstanden, wobei die Feststellung eines potenziellen Wettbewerbs gegebenenfalls durch weitere Gesichtspunkte untermauert werden kann.

426    Wenn dies zu bejahen ist, ist nach den Ausführungen oben in Rn. 107 in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Vereinbarung über die Aufteilung des Marktes darstellten, die im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckten, wie die Kommission im streitigen Beschluss angenommen hat. Hierzu sind die Ziele, die mit diesen Vereinbarungen verfolgt wurden, und der wirtschaftliche Zusammenhang, der nach dem streitigen Beschluss zwischen ihnen bestand, zu prüfen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die durch die Lizenzvereinbarung Servier/Krka erfolgte Wertübertragung von Servier an Krka hoch genug war, um Krka dazu zu bewegen, eine Aufteilung der nationalen Märkte für Perindopril unter ihr und Servier zu akzeptieren und als Gegenleistung für die Sicherheit, ihr Perindopril-Generikum auf ihren Hauptmärkten in Verkehr bringen zu können, ohne Gefahr zu laufen, dass Servier hiergegen Patentverletzungsklagen erhebt, wenn auch nur zeitweise darauf zu verzichten, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten. Schließlich sind – soweit diese Frage von Servier in relevanter Weise aufgeworfen wird – die Absichten der Vertragsparteien der Vereinbarungen Servier/Krka zu berücksichtigen, soweit diese zu der Feststellung der objektiven Ziele beitragen können, die mit diesen Vereinbarungen erreicht werden sollten.

a)      Zu dem von Krka auf Servier ausgeübten potenziellen Wettbewerbsdruck

427    Nach den Rn. 1672 bis 1700 des streitigen Beschlusses war Krka der erste Generikahersteller, der Servier ihre Position auf dem Markt für Perindopril streitig machte. Auf den Märkten in der Tschechischen Republik, in Litauen, in Ungarn, in Polen und in Slowenien, wo Krka bereits damit begonnen hatte, ein Perindopril-Generikum in Verkehr zu bringen, waren Servier und Krka schon tatsächliche Wettbewerber. Auf den übrigen nationalen Märkten in der Union war Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier. Krka bereitete ihren Eintritt in diese letztgenannten Märkte mit konkreten und ausreichenden Schritten vor. Sie hatte insbesondere in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich Genehmigungen für das Inverkehrbringen erlangt und verfügte bereits über ein marktreifes Produkt. Auf einigen dieser Märkte arbeitete sie mit Vertriebspartnern zusammen. Die Kommission hat in Rn. 1685 des streitigen Beschlusses festgestellt, dass aus zahlreichen Schriftstücken aus der Zeit vor der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 hervorgehe, dass Krka seinerzeit davon überzeugt gewesen sei, dass sie in den die Gültigkeit der Patente EP0308340 und EP1296947 betreffenden Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr bzw. ihren Vertriebspartnern und Servier obsiegen werde.

428    Demnach stand Krka dem streitigen Beschluss zufolge vor dem Abschluss des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf bestimmten nationalen Märkten bereits mit Servier in Wettbewerb und war auf den Märkten, auf denen sie noch nicht vertreten war, nicht nur in der Lage, kurzfristig in den Markt einzutreten, sondern auch fest dazu entschlossen, dies zu tun. Krka konnte mithin als potenzieller Wettbewerber von Servier angesehen werden.

429    Auch wenn sie behauptet, dass die Strategie von Krka „… sich auf die Märkte Mittel- und Osteuropas, und nicht auf die Märkte Westeuropas [konzentrierte]“, bestreitet Servier diese Tatsachen als solche nicht. Servier macht vielmehr geltend, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass Krka noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als ihr potenzieller Wettbewerber habe angesehen werden können. Servier wirft der Kommission im Wesentlichen vor, dass sie dadurch, dass sie es abgelehnt habe, anzuerkennen, dass Krka aufgrund der Niederlagen, die sie vor Gericht eine nach der anderen habe einstecken müssen, zu der Einschätzung gelangt sei, dass das Patent EP1296947 gültig sei und es deshalb besser sei, mit Servier zu verhandeln, um auf ihren Hauptmärkten eine Lizenz an dem Patent zu erlangen, die Absichten der Vertragsparteien, insbesondere die Absichten von Krka verfälscht habe. Die Niederlagen, die Krka vor Gericht durch die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 erlitten habe, hätten eine unüberwindliche Schranke für den kurzfristigen Eintritt von Krka in ihre Hauptmärkte dargestellt. Aus einem internen Dokument von Krka vom 13. September 2006 gehe hervor, dass Krka ihre Strategie aufgrund der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 geändert habe. Sie habe sich dafür entschieden, das Inverkehrbringen ihres Perindoprils, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthalten habe, aufzugeben und sich ganz auf die Entwicklung einer nicht patentverletzenden Form dieses Arzneimittels zu konzentrieren.

430    Außerdem sei Krka unmittelbar nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 mit dem Wunsch an sie herangetreten, über die Möglichkeit der Erteilung einer Lizenz an dem Patent für bestimmte nationale Märkte zu reden, und sie habe gegen Krka unmittelbar nach dieser Entscheidung im Vereinigten Königreich Klage wegen Verletzung der Patente EP0308340 und EP1296947 erhoben, verbunden mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Krka habe zwar eine Widerklage auf Nichtigerklärung der Patente erhoben, aber wenig Interesse an diesen Klagen gehabt, die auch kostspielig und riskant gewesen seien.

431    Bei der Prüfung der Frage, ob Servier zu Recht geltend macht, dass Krka wegen der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 nicht mehr in der Lage gewesen und auch nicht mehr fest dazu entschlossen gewesen sei, in ihre Hauptmärkte einzutreten, und damit auch keine Quelle potenziellen Wettbewerbs mehr dargestellt habe, ist zu beachten, dass ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung eines gemeinfreien Wirkstoffs für sich genommen keine unüberwindliche Schranke darstellt. Ist ein Generikahersteller tatsächlich fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage, in den Markt einzutreten, und, wie seine Maßnahmen zeigen, bereit, das Patent anzufechten und sich beim Eintritt in den Markt einer Verletzungsklage des Patentinhabers auszusetzen, steht das Verfahrenspatent der Einstufung des Generikaherstellers als potenzieller Wettbewerber des Herstellers des Originalpräparats nicht entgegen (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 46). Und wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 132), sind, wenn zwischen dem Inhaber des Patents und dem Generikahersteller noch Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit des betreffenden Patents anhängig sind, bevor festgestellt wird, dass der Inhaber des Patents und der Generikahersteller keine potenziellen Wettbewerber sind, alle relevanten Gesichtspunkte zu prüfen.

432    Was die feste Entschlossenheit von Krka angeht, ihre Anstrengungen zum Inverkehrbringen ihres Perindoprils fortzusetzen, und die Frage, ob die Niederlagen, die Krka vor Gericht erlitten hat, eine unüberwindliche Schranke dafür dargestellt haben, dass Krka im Sinne der oben in Rn. 101 dargestellten Rechtsprechung in einer Frist in den Markt eintritt, die geeignet war, auf Servier auf deren Hauptmärkten Wettbewerbsdruck auszuüben, geht aus den von der Kommission in den Rn. 1686 bis 1691 des streitigen Beschlusses angeführten Beweisen hervor, dass Krka ihre Anstrengungen, in diese Märkte einzutreten, weder auf die Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 noch auf die Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 hin eingestellt hat. Außerdem hat Krka in dieser Zeit, wie aus den Rn. 1687 und 1700 des streitigen Beschlusses hervorgeht, die von Servier nicht angegriffen werden, im September 2006 in Ungarn erreicht, dass ein von Servier betreffend das Patent EP1296947 gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen wurde, obwohl Krka ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, auf dem ungarischen Markt bereits in Verkehr brachte.

433    Insbesondere hat die Kommission in den Rn. 1687 und 1688 des streitigen Beschlusses Dokumente angeführt, aus denen hervorgeht, dass Krka der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 kritisch gegenübergestanden hat und entschlossen war, sich nicht damit abzufinden. In einer Aussage eines Mitarbeiters von Krka, die in den Rn. 895 und 1688 des streitigen Beschlusses vollständig wiedergegeben ist, heißt es etwa: „Was uns insbesondere stört ist, dass die Generikahersteller in diesem Prozess diskriminiert worden sind. Wir sollten das nicht einfach so hinnehmen.“ Eine solche für Krka gemachte Aussage entkräftet die Behauptung von Servier, dass Krka es aufgegeben habe, die Gültigkeit des Patents EP1296947 in Frage zu stellen, um in die Hauptmärkte von Servier eintreten zu können. Im Übrigen bestätigen auch die konkreten Maßnahmen, die Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 ergriffen hat, dass Krka die Gültigkeit des Patents nicht akzeptiert hat. Krka hat dessen Gültigkeit nämlich vor dem EPA weiter in Frage gestellt und gegen Servier am 1. und am 8. September 2006 im Rahmen der von Servier im Vereinigten Königreich wegen Patentverletzung erhobenen Klagen Widerklagen auf Nichtigerklärung der Patente EP1296947 und EP0308340 erhoben.

434    Außerdem ist in keinem Dokument aus der Zeit des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka davon die Rede, dass sich die Einschätzung der Gültigkeit des Patents durch Krka aufgrund der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 und der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 derart geändert hätte, dass Krka ihre Vorhaben zum Inverkehrbringen ihres eigenen Perindoprils aufgegeben hätte. Das interne Dokument von Krka vom 13. September 2006, auf das sich Servier bezieht, wonach die Aktivitäten betreffend das Perindopril von Krka zugunsten von Tätigkeiten zur Entwicklung einer nicht patentverletzenden Version dieses Arzneimittels eingestellt werden mussten, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass es eine strategische Entscheidung der Leitung von Krka widerspiegelte. Wie die Kommission in Rn. 1687 des streitigen Beschlusses festgestellt hat, sind in diesem internen Dokument nämlich lediglich Auffassungen festgehalten, die in operativen Besprechungen der Abteilung „Forschung und Entwicklung“ von Krka vertreten worden waren. Die von Servier vorgenommene Auslegung dieses Dokuments wird jedenfalls dadurch widerlegt, dass Krka ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, weiter hergestellt hat, wie aus denselben internen Dokumenten von Krka hervorgeht, worauf die Kommission in Fn. 2260 des streitigen Beschlusses hingewiesen hat. Jedenfalls beweist das genannte interne Dokument in Anbetracht der von der Kommission in den Rn. 1686 bis 1691 des streitigen Beschlusses angeführten Gegenbeweise nicht, dass Krka es nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006, wie Servier behauptet, endgültig aufgegeben hätte, mit ihrem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten. Diese Beweise beweisen nämlich objektiv, dass Krka weiter aus eigener Kraft in der Lage war, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten, und die Absicht hatte, dies zu tun.

435    Soweit Servier rügt, dass die Kommission die Absichten der Vertragsparteien „verfälscht“ habe, ist festzustellen, dass die Kommission in den Rn. 1688 und 1690 des streitigen Beschlusses anerkannt hat, dass Krka nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 nicht mehr so fest davon überzeugt gewesen sei, in den Rechtsstreitigkeiten obsiegen zu können, und aufgrund dieser Entscheidung von sich aus an Servier herangetreten sei, um über die Möglichkeit der Erteilung einer Lizenz an dem Patent EP1296947 für bestimmte räumliche Märkte zu reden.

436    Auch dies bedeutet aber nicht, dass Krka es aufgegeben hätte, mit Servier auf deren Hauptmärkten mit ihrem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, in Wettbewerb zu treten. Denn, wie sich aus den Beweismitteln ergibt, die die Kommission in den Rn. 912 und 1688 des streitigen Beschlusses angeführt hat, war sich Krka durchaus bewusst, dass sich Servier nach der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 bereiterklärt hat, mit ihr zu verhandeln, weil sie für Servier, die „davon ausging, dass Krka in dem Widerspruchsverfahren vor dem EPA und in dem Widerrufsverfahren im Vereinigten Königreich über Beweise verfüge, die zu den besten und vollständigsten gehörten“, „eine ernsthafte Bedrohung“ darstellte. Das Bestehen des Streits zwischen Krka und Servier über die Gültigkeit des Patents EP1296947, der Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten beim EPA und im Vereinigten Königreich war und den diese beiden Unternehmen ernst nahmen, stellt deshalb ein weiteres Indiz dafür dar, dass Krka und Servier potenzielle Wettbewerber waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 52), wobei aus diesem potenziellen Wettbewerb im Übrigen innerhalb einer Frist, die im Sinne der oben in der Rn. 101 genannten Rechtsprechung geeignet war, Wettbewerbsdruck auf Servier auszuüben, ein tatsächlicher Wettbewerb werden konnte. Dies ist zwingend der Fall, da das Bestehen dieses Wettbewerbs das geschäftliche Verhalten von Servier tatsächlich beeinflusst hat. Es hat Servier dazu gebracht hat, Krka auf deren Hauptmärkten eine Lizenz zu erteilen.

437    Das Vorbringen von Servier, dass die Initiative zur Aufnahme von Verhandlungen über die Erteilung einer Lizenz von Krka ausgegangen sei, verwechselt die Absichten von Krka im Fall des Scheiterns der Verhandlungen mit den geschäftlichen Zielen, die Krka mit den Verhandlungen verfolgt hat. Für die Frage, ob Servier und Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka potenzielle Wettbewerber waren, sind aber allein Erstere relevant. Die angeblich legitimen geschäftlichen Ziele, die Krka mit den Verhandlungen verfolgte, waren nur für die Beurteilung des mit den Vereinbarungen verfolgten Ziels relevant.

438    Der Abschluss einer Vereinbarung zwischen mehreren Unternehmen, die auf derselben Ebene der Produktionskette tätig sind und von denen einige nicht auf dem betreffenden Markt vertreten sind, ist nämlich ein starkes Indiz für das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen diesen Unternehmen (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

439    Würde es trotz objektiver Beweise wie denen, die die Kommission in den Rn. 1686 bis 1691 des streitigen Beschlusses angeführt hat, genügen, dass Krka mit Servier verhandelt hat, um Vereinbarungen wie den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka zu schließen, um zu beweisen, dass Krka nicht mehr fest entschlossen war, mit Servier mit ihrem Perindopril, das in Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, in Wettbewerb zu treten, oder dass sogar eine unüberwindbare Schranke für einen solchen Eintritt in die Hauptmärkte von Servier bestand, würde dies – in Widerspruch zu der gerade in der vorstehenden Randnummer dargestellten Rechtsprechung – bedeuten, dass die Entscheidung eines Unternehmens, mit einem anderen Unternehmen, das auf derselben Ebene der Produktionskette tätig ist, eine Vereinbarung auszuhandeln und abzuschließen, um Leistungswettbewerb durch Zusammenarbeit zu ersetzen, dazu führen könnte, dass es kein potenzieller Wettbewerber seines Vertragspartners mehr wäre. Dann könnte ein Unternehmer durch seine bewusste Entscheidung für eine Geschäftspolitik, die darin besteht, eine Vereinbarung mit einem wettbewerbswidrigen Ziel zu schließen, die Vereinbarung dem Verbot von Art. 101 Abs. 1 AEUV entziehen und somit dieser Vorschrift einen wesentlichen Teil ihrer praktischen Wirksamkeit nehmen.

440    Das Vorbringen von Servier vermag die Feststellung der Kommission in Rn. 1700 des streitigen Beschlusses, dass Krka zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein potenzieller Wettbewerber von Servier gewesen sei, somit nicht zu entkräften.

441    Das Vorbringen von Servier zu dem potenziellen Wettbewerb durch Krka ist daher zurückzuweisen.

b)      Zum Vorliegen einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte

442    Mit der zweiten Rüge macht Servier geltend, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Aufteilung der Märkte unter ihr und Krka bezweckt worden sei.

443    Servier macht als Erstes geltend, dass diese Vereinbarungen wegen der Anerkennung der Gültigkeit des Patents EP1296947 geschlossen worden seien und darauf abgezielt hätten, eine Lösung für die Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr und Krka zu finden. Krka habe ihr Perindopril wegen des Patents EP1296947 und der Entscheidung des EPA vom 27. Juli 2006 nämlich nicht in Verkehr bringen können.

444    Mit diesem Vorbringen beschränkt sich Servier aber im Wesentlichen darauf, ihr Vorbringen zum Fehlen eines potenziellen Wettbewerbs von Krka und zum Vorliegen einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte zu wiederholen, nämlich, dass die Gültigkeit des Patents EP1296947 anerkannt worden sei. Dieses Vorbringen ist jedoch bereits zurückgewiesen worden (siehe oben, Rn. 427 bis 440 bzw. 178 bis 184).

445    Als Zweitens bestreitet Servier das Vorliegen einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte dahin, dass Krka als Gegenleistung für die Einrichtung eines faktischen Duopols auf ihren Hauptmärkten, auf einen Eintritt in ihre Hauptmärkte verzichtet habe. Nach dem Wortlaut des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka sei mit diesen Vereinbarungen jeweils ein legitimes Ziel verfolgt worden. Insbesondere gebe es keine Beweise dafür, dass mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka ein solches Duopol habe errichtet werden sollen. Vielmehr bewiesen zahlreiche Dokumente aus der Zeit, in der der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka geschlossen worden seien, dass zwischen ihr und Krka ein intensiver Wettbewerb stattgefunden habe. Die Kommission habe in den Rn. 1724 und 1728 des streitigen Beschlusses zu Unrecht angenommen, dass sie sich mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka verpflichtet habe, keinen dritten Wettbewerber in die Hauptmärkte von Krka einzuführen. Außerdem werde im streitigen Beschluss ein dort in Rn. 849 angesprochenes Dokument vom 29. September 2005 verfälscht, in dem ein Mitarbeiter von Krka von einer „gemeinsamen Aktion zur Kontrolle des Marktes“ spreche.

446    Die Lizenzvereinbarung Servier/Krka habe Krka nicht dazu bewegen können, die in dem Vergleich Servier/Krka vorgesehenen Einschränkungen des Wettbewerbs zu akzeptieren. Aber selbst wenn die Lizenzvereinbarung Servier/Krka einen Anreiz dargestellt hätte, den Vergleich Servier/Krka zu schließen, sei dies für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV allein nicht ausreichend, da mit dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka nach den Absichten der Vertragsparteien legitime Ziele verfolgt worden seien. In Rn. 1738 des streitigen Beschlusses habe die Kommission den Gewinn, den Krka mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka habe erzielen können, auf 10 Mio. Euro geschätzt, gleichzeitig aber die wettbewerbsfördernden Wirkungen dieser Vereinbarungen mit der Begründung heruntergespielt, dass es „… nicht klar [ist], in welchem Verhältnis der Vergleich [Servier/Krka] die Wettbewerbssituation in den Mitgliedstaaten, für die die Lizenz galt, verstärkt hat, da Krka ihr Perindopril vor dem [Vergleich Servier/Krka] bereits in fünf dieser Mitgliedstaaten lanciert hatte“ (streitiger Beschluss, Rn. 1833). Im Übrigen habe es Krka auch nach dem Abschluss des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka freigestanden, mit einem nicht patentverletzenden Produkt in ihre Hauptmärkte einzutreten.

447    Soweit Servier geltend macht, dass die Bestimmungen des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka „legitim“ gewesen seien, ist festzustellen, dass für die Frage, ob mit Vereinbarungen ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt wird, die objektiven Ziele, die mit den Vereinbarungen in Bezug auf den Wettbewerb erreicht werden sollen, durchaus relevant sind. Der Umstand, dass die beteiligten Unternehmen ohne die subjektive Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, gehandelt haben, und der Umstand, dass sie bestimmte legitime Zwecke verfolgt haben, sind für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV aber nicht entscheidend (Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Verfolgung einer Geschäftsstrategie, die darin besteht, dass Unternehmen, die auf derselben Stufe der Produktionskette tätig sind, solche Vereinbarungen untereinander aushandeln, um einen Rechtsstreit über die Gültigkeit eines Patents beizulegen, ist daher nicht bereits deshalb wettbewerbsrechtlich zulässig, weil sie aus Sicht dieser Unternehmen logisch und vernünftig ist.

448    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 226), kann ein legitimes Ziel verfolgt werden und kann es völlig rechtmäßig sein, wenn auf der Grundlage der Anerkennung der Gültigkeit des betreffenden Patents durch die Vertragsparteien Vergleiche zur gütlichen Beilegung eines Patentrechtsstreits und damit verknüpfte Lizenzvereinbarungen geschlossen werden. Der Staat hält ja auch zum Abschluss von Vergleichen an, weil damit Mittel eingespart werden können und somit Vorteile für die Allgemeinheit entstehen (Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 79). Und es lässt sich, wie Servier in der Klageschrift zu Recht geltend macht, nicht leugnen, dass eine Lizenzvereinbarung, die es einem Generikahersteller ermöglicht, in bestimmte Märkte einzutreten, die wegen eines Patents für den Wettbewerb geschlossen sind, hypothetisch geeignet ist, wettbewerbsfördernde Wirkungen auf diesen Märkten zu haben.

449    Dass mit Vereinbarungen ein Ziel verfolgt wird, das abstrakt betrachtet durchaus legitim sein kann, bedeutet nach der oben in Rn. 226 dargestellten Rechtsprechung aber nicht, dass deshalb, wenn sich herausstellt, dass mit ihnen auch das Ziel verfolgt wird, Märkte aufzuteilen oder andere Einschränkungen des Wettbewerbs vorzunehmen, Art. 101 AEUV nicht anwendbar wäre. Und dass eine Vereinbarung in einer rechtlichen Form geschlossen wird, die grundsätzlich legitim ist, und ihr Wortlaut kein offensichtliches wettbewerbswidriges Ziel erkennen lässt, ist für die Frage, ob eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegt, allein nicht ausschlaggebend (siehe oben, Rn. 178 bis 184). Denn Vereinbarungen sind stets anhand ihres konkreten Inhalts und ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs zu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf die Situation auf dem relevanten Markt.

450    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Servier bei ihrem Vorbringen zum Inhalt des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka im Rahmen des neunten Klagegrundes erstens außer Acht lässt, dass diese Vereinbarungen derart miteinander verknüpft sind, dass es unerlässlich war, ihre Bestimmungen nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu untersuchen. Zweitens lässt Servier bei ihrem Vorbringen außer Acht, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka es Krka gestattete, ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, auf ihren Hauptmärkten, auf die sich die im streitigen Beschluss festgestellte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht erstreckt, in Verkehr zu bringen, während der Vergleich es Krka verbot, dieses Arzneimittel auf den Hauptmärkten von Servier, auf die sich diese Zuwiderhandlung erstreckt, in Verkehr zu bringen.

451    Was den Zusammenhang zwischen dem Vergleich und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka angeht, geht aus dem Wortlaut dieser Vereinbarungen und den Umständen, unter denen sie geschlossen wurden, wie sie in Rn. 1703 des streitigen Beschlusses beschrieben werden, hervor, dass sie wirtschaftlich insoweit miteinander verknüpft sind, als die eine ohne die andere nicht hätte geschlossen werden können, wie die Kommission in Rn. 1702 des streitigen Beschlusses festgestellt hat. Dieser Zusammenhang wird auch durch die in den Rn. 1746 und 2103 des streitigen Beschlusses angeführten Dokumente bestätigt, aus denen hervorgeht, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka für Krka eine Voraussetzung dafür war, dass sie sich damit einverstanden erklärt hat, es zu unterlassen, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten, wobei die in dem Vergleich Servier/Krka vorgesehenen Einschränkungen unerlässlich waren, um die Lizenz zu erhalten. Soweit Servier – ohne zu bestreiten, dass dieser Zusammenhang als solcher besteht – versucht, die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Vereinbarungen mit einer Argumentation in Zweifel zu ziehen, bei der die Vereinbarungen gesondert untersucht werden, um nachzuweisen, dass ihr Inhalt legitim sei, ist festzustellen, dass diese Argumentation auf einer unzutreffenden Annahme beruht. Es ergibt sich ferner aus diesen Dokumenten, dass es entgegen dem Vorbringen von Servier unabhängig von der Frage, ob der in der Lizenzvereinbarung Servier/Krka vorgesehene Gebührensatz im Hinblick auf die Marktbedingungen angemessen war, der Zugang zu ihren Hauptmärkten ohne das Risiko einer Patentverletzung war, der Krka dazu bewogen hat, darauf zu verzichten, ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, auf den Hauptmärkten von Servier zu verkaufen (siehe oben, Rn. 195).

452    Im Übrigen wird das Vorbringen von Servier, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf den Hauptmärkten von Krka wettbewerbsfördernd gewesen sei, dadurch entkräftet, dass sich diese Vereinbarung nicht auf die Hauptmärkte von Servier erstreckt, auf die allein sich die im streitigen Beschluss festgestellte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV bezieht. Solch ein wettbewerbsfördernder Charakter – unterstellt, er läge vor – hätte positive Wirkungen auf den Wettbewerb allenfalls auf den Hauptmärkten von Krka. Auch wenn die Erteilung einer Lizenz für bestimmte Märkte gegen die Verpflichtung des Lizenznehmers, die Gültigkeit des Patents des Wettbewerbers auf diesen Märkten nicht weiter in Zweifel zu ziehen, – vorbehaltlich einer Beurteilung des konkreten Inhalts und des wirtschaftlichen Kontexts -als wettbewerbsrechtlich zulässig angesehen werden kann, ist dies jedenfalls nicht der Fall, wenn eine Gesamtheit von Vereinbarungen es dem Lizenznehmer erlaubt, ohne das Risiko einer Patentverletzung in bestimmte räumliche Märkte einzutreten, ihm aber gleichzeitig verbietet, in andere Märkte einzutreten.

453    Eine solche Gesamtheit von Vereinbarungen bedingt grundsätzlich eine Aufteilung der betreffenden Märkte und damit eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs, die nicht durch etwaige positive oder wettbewerbsfördernde Wirkungen auf welchem Markt auch immer relativiert oder ausgeglichen werden kann. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs vorliegt, hat die Kommission nämlich nicht zu prüfen, welche Wirkungen eine Vereinbarung oder ein Verhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 159 und 166 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

454    Die Kommission hat in Rn. 1745 des streitigen Beschlusses ausgeführt, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka gerade deshalb, weil sie und die nach dem Vergleich Servier/Krka bestehende Verpflichtung, die Patente nicht zu verletzen, nicht für dieselben nationalen Märkte gegolten hätten, nicht legitim gewesen sei, sondern für Krka einen bedeutenden wirtschaftlichen Anreiz dargestellt habe, die in dem Vergleich Servier/Krka vorgesehenen Einschränkungen hinzunehmen und auf diese Weise die betreffenden Märkte unter sich und Servier räumlich aufzuteilen. Ein solches quid pro quo sei daher wirtschaftlich einer Wertübertragung im Sinne der oben in Rn. 104 dargestellten Rechtsprechung gleichzusetzen. Um festzustellen, ob diese Ausführungen der Kommission zutreffen, ist nach dieser Rechtsprechung zu prüfen, ob sich die Wertübertragung von Servier an Krka allein durch das Interesse von Servier und Krka an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lässt.

455    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 427 und 428), verkaufte Krka nicht nur bereits ihr Perindopril auf bestimmten ihrer Hauptmärkte, sondern war den potenziellen Wettbewerbern von Servier mit ihrem Vorhaben des Inverkehrbringens eines Generikums von Perindopril auch um Einiges voraus, insbesondere in Frankreich und im Vereinigten Königreich, zwei Hauptmärkten von Servier. Außerdem geht aus den insbesondere in den Rn. 2273 bis 2401 des streitigen Beschlusses enthaltenen Daten über die Verkäufe von Perindopril hervor, dass Servier dieses Arzneimittel auf den Märkten in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich zu einem viel höheren Preis verkaufte als Krka ihr Perindopril auf dem Markt in Polen. Servier hatte also ganz offensichtlich ein Interesse daran, den Eintritt des Perindopril von Krka in ihre Hauptmärkte zu verzögern, was im Übrigen auch nicht bestritten worden ist.

456    Was die Frage angeht, ob die Kommission zu Recht angenommen hat, dass die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Gegenleistung für den Vergleich Servier/Krka dargestellt habe, ist zunächst festzustellen, dass mit der Lizenzvereinbarung Servier/Krka die Rechte aus dem Patent EP1296947 für die Hauptmärkte von Krka ausschließlich und unwiderruflich auf Krka übertragen wurden, wobei sich Servier das Recht vorbehielt, diese Rechte auch unmittelbar oder über ihre Tochtergesellschaften oder einen einzigen Dritten pro Land zu nutzen. Nach der Lizenzvereinbarung Servier/Krka war Krka auf allen diesen Märkten außer Servier, deren Tochtergesellschaften oder einem von Servier benannten Dritten das einzige Unternehmen, das in der Lage war, Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha in Verkehr zu bringen, ohne Gefahr zu laufen, dieses Patent zu verletzen.

457    Wie die Kommission in den Rn. 1721, 1724, 1728 bis 1730 und 1819 des streitigen Beschlusses festgestellt hat, entspricht der Verzicht von Servier darauf, dem Inverkehrbringen eines Generikums von Perindopril durch Krka auf deren Hauptmärkten entgegenzutreten, wirtschaftlich in der Tat einer Wertübertragung an Krka. Durch ein solches quid pro quo konnten Servier und Krka auf ihren Hauptmärkten jeweils eine günstigere Position beibehalten. Servier war es gelungen, den von dem Eintritt des Perindopril von Krka, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, in ihre Hauptmärkte ausgehenden potenziellen Wettbewerb auszuschalten, und Krka konnte nun sichergehen, ihr Perindopril auf ihren eigenen Hauptmärkten ohne das Risiko einer Patentverletzung in Verkehr bringen zu können.

458    In diesem Zusammenhang macht Servier geltend, dass die Kommission die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf den Hauptmärkten von Krka und den Vorteil, den diese Vereinbarung Krka gebracht habe, die bereits auf fünf dieser Märkte vertreten gewesen sei, heruntergespielt habe. Die von Krka erlangte Gewissheit, ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, ohne das Risiko einer Patentverletzung in Verkehr bringen zu können, sei demnach, wie die Kommission selbst festgestellt habe, der einzige Vorteil, den die Vereinbarung Krka gebracht habe. Dieser Vorteil habe aber nicht genügt, um Krka dazu zu bewegen, darauf zu verzichten, in ihre Hauptmärkte einzutreten. Aus den Beweisen, die die Kommission in den Rn. 913 und 1748 des streitigen Beschlusses angeführt hat, geht aber hervor, dass Krka selbst sich der Kommission gegenüber am 4. August 2009 auf ein Auskunftsverlangen hin dahin geäußert hat, dass sie die Hauptmärkte von Servier, die „… für Krka weniger wichtig [waren]“, „für einen sofortigen Eintritt in die Märkte Mittel- und Osteuropas“ „geopfert“ habe. Es ergibt sich mithin aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass die Perspektive, die sich Krka auf diese Weise bot, nämlich, auf ihren Hauptmärkten der einzige Hersteller eines Perindopril-Generikums zu sein, aus der subjektiven Sicht von Krka – auch wenn sie ohne die Erteilung einer Lizenz für ihre eigenen Hauptmärkte nicht darauf verzichtet hätte, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten – vorzugswürdig war gegenüber Klagen auf den Hauptmärkten von Servier, bei denen die Gefahr hoher Kosten bestand und der Ausgang ungewiss war und die im Fall des Obsiegens sämtlichen Generikaherstellern zugutegekommen wären, wie die Kommission in den Rn. 844, 874, 914, 1759 und 1763 des streitigen Beschlusses festgestellt hat.

459    Zu dem Vorbringen von Servier, dass auf den Hauptmärkten von Krka kein faktisches Duopol vorgelegen habe, weil eine Tochtergesellschaft von ihr oder ein Dritter, dem sie dies gestattet hätte, in die Hauptmärkte von Krka habe eintreten können, ist festzustellen, dass die Kommission ein „faktisches“ und kein „rechtliches“ Duopol festgestellt hat (siehe oben, Rn. 232) und Servier auf ihr rechtliches Monopol jedenfalls verzichtet hat, indem sie sich verpflichtet hat, es ausschließlich mit Krka zu teilen. Soweit Servier geltend macht, dass Krka und sie auf den Hauptmärkten von Krka in intensivem Wettbewerb zueinander gestanden hätten, ist festzustellen, dass es – auch wenn die Kommission in den Rn. 1728 und 1744 des streitigen Beschlusses nicht geleugnet hat, dass ein gewisser Grad an Wettbewerb zu verzeichnen war – nicht darauf ankommt, in welchem Umfang genau auf den genannten Märkten Wettbewerb stattfand. Dies ändert nämlich nichts daran, dass Servier auf jeden Fall zugunsten von Krka auf Marktanteile und damit auf einen Teil ihrer Gewinne verzichtet hat.

460    Was schließlich die Frage angeht, ob die oben in Rn. 457 angesprochene Wertübertragung hoch genug war, um Krka dazu zu bewegen, den Vergleich Servier/Krka zu schließen, ergibt sich aus Rn. 1738 des streitigen Beschlusses, dass Krka den von Servier auf diese Weise als Gegenleistung für ihre Verpflichtung, davon abzusehen, in die Hauptmärkte von Servier einzutreten, übertragenen wirtschaftlichen Wert selbst auf etwa 10 Mio. Euro in drei Jahren geschätzt hat. Diese Schätzung hat sich als richtig erwiesen. Denn, wie aus den in den Akten befindlichen Dokumenten, die in Fn. 4112 des streitigen Beschlusses angeführt sind, hervorgeht, hat Krka während der Laufzeit des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka mit Perindopril allein auf den Märkten in Ungarn, in Polen und in der Tschechischen Republik einen Gewinn von 10 Mio. Euro erzielt. Selbst wenn man von diesem Betrag die Gebühren abzieht, die Krka aufgrund der Lizenzvereinbarung Servier/Krka jedes Jahr an Servier zu zahlen hatte, kann eine so hohe Wertübertragung von Servier an Krka aber durch keine andere Gegenleistung von Krka erklärt werden als durch die durch Krka eingegangene Verpflichtung, mit Servier auf deren Hauptmärkten nicht in Wettbewerb zu treten.

461    Auch keines der weiteren, spezielleren Argumente, die Servier vorbringt, vermag die Feststellung der Kommission, dass durch den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka eine Marktaufteilung vorgenommen wurde, die eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstellt, zu entkräften.

462    Servier meint, die Kommission habe in Rn. 1747 des streitigen Beschlusses zu Unrecht angenommen, dass „[sich] der räumliche Geltungsbereich der Lizenz … nicht durch Patentunterschiede in diesen Gebieten erklären [lässt]“. In Wirklichkeit bestünden nämlich solche Unterschiede. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Lizenz sei Krka bereits in mehrere der Märkte, für die die Lizenz gegolten habe, eingetreten, wodurch für sie die konkrete und unmittelbare Gefahr der Erhebung von Klagen wegen Patentverletzung bestanden habe. Dieses Vorbringen geht hinsichtlich der Erheblichkeit von Unterschieden, die hinsichtlich der Patentsituation zwischen den räumlichen Märkten bestehen können, fehl.

463    Wie die Kommission in Rn. 1754 des streitigen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, sind solche Unterschiede für die Frage, ob der räumliche Geltungsbereich einer Lizenz wettbewerbsrechtlich legitim ist, nämlich nur von Belang, wenn sie das jeweilige objektive Risiko der Nichtigerklärung des oder der Patente, die Gegenstand der erteilten Lizenz sind, betreffen. Es ist nämlich nicht legitim, bestimmte Märkte zulasten des Wettbewerbs auf ihnen zu „opfern“, um auf anderen Märkten aus subjektiven, mit der geschäftlichen Opportunität zusammenhängenden Gründen eine Lizenz zu erlangen. Deshalb ist auch das Vorbringen von Servier zu dem angeblichen „Paradoxon“, dass die Erteilung einer Lizenz für eine höhere Zahl von Märkten geeigneter sei, einen Anreiz für den Verzicht auf Märkte darzustellen, für die die Lizenz nicht gelte, zurückzuweisen. Denn unabhängig davon, für wie viele Märkte die Lizenz nicht gilt, ist dort der Wettbewerb eingeschränkt.

464    Servier macht geltend, dass die Bestimmungen über die Nichtanfechtung und die Beachtung des Patents auf ihren Hauptmärkten nicht zu einer Aufteilung der Märkte geführt hätten. Krka sei es zwar verboten gewesen, ihr Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthalten habe, da es das Patent verletzt habe, in Verkehr zu bringen. Krka habe es aber freigestanden, eine nicht patentverletzende Version von Perindopril in Verkehr zu bringen, und sei auch dabei gewesen, eine solche Version von Perindopril zu entwickeln. Dass eine Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte die Möglichkeiten eines potenziellen Wettbewerbers einschränkt, mit dem Inhaber eines Patents in Wettbewerb zu treten, ohne dass die Möglichkeit, dass der Wettbewerber durch die Entwicklung eines nicht patentverletzenden Produkts langfristig in Wettbewerb tritt, völlig ausgeschlossen wird, ändert aber nichts daran, dass eine solche Vereinbarung eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs darstellt.

465    Servier macht geltend, dass es auf ihren Hauptmärkten wettbewerbsfördernde Wirkungen gegeben habe, weil Krka durch den Vergleich Servier/Krka bis zum Auslaufen des Patents EP0308340 nicht daran gehindert gewesen sei, mit ihrem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthalten habe, in ihre Hauptmärkte einzutreten. Krka war es durch den Vergleich Servier/Krka aber verboten, dieses Perindopril auf diesen Märkten in Verkehr zu bringen, solange das Patent EP1296947 nicht ausgelaufen war. Das „Zugeständnis“, das Servier hinsichtlich des Patents EP0308340 gemacht hat, entkräftet daher nicht die Feststellung der Kommission, dass mit dem Vergleich Servier/Krka ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt wurde, da Krka durch diesen Vergleich daran gehindert war, kurzfristig, wenn nicht mittelfristig in die Hauptmärkte von Servier einzutreten.

466    Zu dem Vorbringen von Servier, dass ihre übrigen potenziellen Wettbewerber durch den Vergleich Servier/Krka nicht daran gehindert gewesen seien, ihre Verfahren auf Nichtigerklärung des Patents EP1296947 weiter zu betreiben, ist festzustellen, dass dies wettbewerbsrechtlich nicht zu rechtfertigen vermag, dass Krka nach dem Vergleich verpflichtet war, die laufenden Rechtsstreitigkeiten mit Servier über die Gültigkeit des Patents EP1296947 zu beenden. Dies gilt umso mehr, als Servier, wie sich aus den oben in Rn. 436 genannten Beweisen ergibt, „[an]nahm …, dass Krka über Beweise verfüge, die in dem Widerspruchsverfahren vor dem EPA und in dem Widerrufsverfahren im Vereinigten Königreich zu den besten und vollständigen gehörten“, so dass die Rücknahme der Klagen durch Krka geeignet war, die Wahrscheinlichkeit, dass das Patent für nichtig erklärt wird, erheblich zu senken und damit die Herrschaft zu stärken, die Servier auf den betreffenden Märkten ausüben konnte.

467    Zu dem Vorbringen von Servier, dass die Kommission im streitigen Beschluss ein Dokument vom 29. September 2005 verfälscht habe, in dem ein Mitarbeiter von Krka von einer „gemeinsamen Aktion [zusammen mit Servier] zur Kontrolle des Marktes“ gesprochen habe, ist festzustellen, dass aus diesem Dokument zumindest hervorgeht, dass Krka ein Jahr vor dem Abschluss des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka für die Idee, mit Servier auf bestimmten Märkten zusammenzuarbeiten, um sie zusammen zu kontrollieren, offen war, ohne dass sich anhand des Dokuments bestimmen ließe, welche Märkte genau gemeint sind. Jedenfalls gehört dieser Beweis zu einem Bündel übereinstimmender Indizien, die beweisen, dass der Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka wettbewerbswidrig waren, stellt für sich allein aber keine unerlässliche Stütze der von der Kommission getroffenen Feststellungen dar. Selbst unterstellt, die Behauptungen von Servier zu diesem Beweismittel träfen teilweise zu, wäre dem neunten Klagegrund mithin nicht bereits deshalb stattzugeben.

468    Soweit Servier mit bestimmten ihrer Argumente versucht, die Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Vereinbarungen Servier/Krka herunterzuspielen, ist ergänzend festzustellen, dass kein Zweifel daran besteht, dass die von der Kommission festgestellte Einschränkung des Wettbewerbs den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt hat, um als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs angesehen werden zu können (vgl. entsprechend Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach der oben in den Rn. 97 und 238 dargestellten Rechtsprechung haben Vereinbarungen, die auf die Aufteilung der Märkte abzielen, nämlich als solche eine Einschränkung des Wettbewerbs zum Gegenstand und gehören zu einer Kategorie von Vereinbarungen, die Art. 101 Abs. 1 AEUV ausdrücklich verbietet.

469    Somit ist aufgrund der Würdigung des gesamten Vorbringens der Parteien und sämtlicher Beweise, die sich in den Akten befinden, festzustellen, dass die Annahme der Kommission in Rn. 1745 des streitigen Beschlusses, dass eine Lizenz an einem Patent für den Inhaber des Patents zwar durchaus ein legitimes Mittel sein könne, um einem Dritten das Recht zu gewähren, die durch das Patent geschützte Erfindung zu benutzen, die Lizenzvereinbarung Servier/Krka aber als Anreiz gedient habe, um die Verpflichtung von Krka zu erreichen, auf ihren Eintritt in die Hauptmärkte von Servier zu verzichten, und es diesen beiden Unternehmen damit ermöglicht habe, die Märkte untereinander aufzuteilen, nicht zu beanstanden ist. Der Kommission ist insoweit kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.

470    Das Vorbringen von Servier zum Vorliegen einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte ist daher zurückzuweisen.

471    Somit beweisen die im streitigen Beschluss angeführten Beweise, dass die Verhaltensweise, mit der Servier und Krka das Ziel verfolgten, den Markt für Perindopril untereinander aufzuteilen, vorlag, und genügen nach der oben in den Rn. 96 und 97 dargestellten Rechtsprechung, um die Einstufung dieser Verhaltensweise als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs zu rechtfertigen.

472    Soweit Servier hilfsweise beantragt, den streitigen Beschluss insoweit für nichtig zu erklären, als trotz der in der Entscheidung des High Court vom 3. Oktober 2006 enthaltenden einstweiligen Verfügung, mit der Krka verboten worden sei, mit ihrem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthalten habe, in den Markt einzutreten, eine bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs speziell auf dem Markt des Vereinigten Königreichs festgestellt worden sei, ist festzustellen, dass es sich bei einer solchen Verfügung um eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, die der Entscheidung über die Begründetheit einer vom Patentinhaber erhobenen Verletzungsklage in keiner Weise vorgreift (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 53). Die Verkündung der genannten einstweiligen Verfügung hat den von der Möglichkeit eines Eintritts von Krka in den Markt des Vereinigten Königreichs ausgehenden Wettbewerbsdruck also nicht beseitigt und vermag das Ergebnis, zu dem der Gerichtshof in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils hinsichtlich des Marktes des Vereinigten Königreichs gelangt ist, deshalb nicht zu entkräften.

473    Somit ist der erste Teil des neunten Klagegrundes zurückzuweisen und festzustellen, dass es Servier nicht gelungen ist, darzutun, dass die Verhaltensweise, mit der sie und Krka das Ziel verfolgten, sich den Markt für Perindopril mittels des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka untereinander aufzuteilen, im streitigen Beschluss zu Unrecht als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs eingestuft worden wäre.

474    Im Übrigen ist festzustellen, dass sich der erste Teil des vierten Klagegrundes mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass Vergleiche und Lizenzvereinbarungen bereits ihrem Wesen nach allgemein legitim seien, soweit er sich speziell auf den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka bezieht, mit dem rechtlichen Vorbringen von Servier im Rahmen des neunten Klagegrundes überschneidet (siehe oben, Rn. 424). Deshalb ergibt sich aus den Ausführungen oben in den Rn. 423 bis 473, dass der erste Teil des vierten Klagegrundes, soweit er den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka betrifft, ebenfalls zurückzuweisen ist.

B.      Zum zehnten Klagegrund

1.      Vorbringen der Parteien

475    Mit dem zehnten Klagegrund macht Servier geltend, dass die Kommission in Rn. 1817 des streitigen Beschlusses zu Unrecht festgestellt habe, dass sie auf dem Markt, wie er im streitigen Beschluss definiert sei – wogegen sich Servier in den übrigen Klagegründen wendet –, eine beherrschende Stellung gehabt habe. Servier macht auch einen Begründungsmangel geltend. Es lasse sich nicht erkennen, ob die Kommission im streitigen Beschluss eine kontrafaktische Analyse vorgenommen habe. Außerdem sei der Kommission bei der Analyse des kontrafaktischen Szenarios ein Rechtsfehler unterlaufen. Sie hätte unter Berücksichtigung des tatsächlichen Rahmens, in dem die Vereinbarungen Servier/Krka ihre Wirkungen entfaltet hätten, untersuchen müssen, wie sich der Wettbewerb ohne diese Vereinbarungen wahrscheinlich dargestellt hätte. Dass Krka ihre Klagen betreffend die Gültigkeit des Patents EP1296947 zurückgenommen habe, habe keine spürbaren Auswirkungen auf den Ausgang der entsprechenden Verfahren gehabt.

476    Ohne die Vereinbarungen Servier/Krka wäre Krka wahrscheinlich nicht in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich eingetreten. Der Eintritt in den Markt im Vereinigten Königreich sei durch eine gerichtliche Anordnung versperrt gewesen. In Frankreich und in den Niederlanden habe Krka ihre Vorhaben der Lancierung ihres Perindoprils aufgegeben gehabt. Durch die Vereinbarungen Servier/Krka sei Krka aber nicht als potenzieller Wettbewerber von ihr im Fall einer eventuellen Nichtigerklärung des Patents EP1296947 oder der Entwicklung eines das Patent nicht verletzenden Version von Perindopril ausgeschaltet worden. Die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka habe keine Auswirkungen auf den Wettbewerb gehabt, da die Technologie von Krka es nicht ermöglicht habe, das Patent EP1296947 zu umgehen. Nach dem Widerruf des Patents EP1296947 durch die Entscheidung des EPA vom 6. Mai 2009 seien mehrere Generikahersteller in den Markt für Perindopril eingetreten. Dies zeige, dass die Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka in Bezug auf dieses Patent keine gesonderte wettbewerbswidrige Wirkung gehabt habe.

477    Servier wendet sich auch gegen Rn. 1831 des streitigen Beschlusses betreffend die Maßnahmen, die Servier und Krka zum Zeitpunkt des Aushandelns und des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka hätten ergreifen können, um zu vermeiden, dass die Vereinbarungen zu einer Aufteilung der Märkte führen. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Vertragsparteien einen Vergleich mit den Wettbewerb weniger einschränkenden Bestimmungen hätten schließen können.

478    Außerdem habe die Kommission bei der Prüfung der Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka außer Betracht gelassen.

479    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

480    Zunächst ist festzustellen, dass sich das Vorbringen von Servier im Rahmen des zehnten Klagegrundes mit deren Vorbringen im Rahmen des zweiten Teils des vierten Klagegrundes überschneidet, dass die Ausführungen der Kommission zu den Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka unzutreffend seien. Zu dem Vorbringen von Servier, sie habe auf einem angeblich autonomen Markt für Perindopril keine beherrschende Stellung gehabt, von der in Rn. 1817 des streitigen Beschlusses die Rede ist, ist festzustellen, dass diese im Rahmen der Beschreibung der Wettbewerbsposition von Servier getroffene Feststellung für die anschließend in den Rn. 1820 ff. des streitigen Beschlusses vorgenommene Prüfung der Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka auf den potenziellen Wettbewerbsdruck, den Krka auf Servier ausgeübt hat, nicht entscheidend ist.

481    Zu dem Vorbringen, der streitige Beschluss sei nicht hinreichend begründet, weil sich nicht erkennen lasse, ob die Kommission im streitigen Beschluss eine kontrafaktische Analyse vorgenommen habe, ist festzustellen, dass die Kommission in Rn. 1814 des streitigen Beschlusses festgestellt hat, dass es erforderlich sei, „den Wettbewerb, der ohne die Vereinbarung bestanden hätte“, zu berücksichtigen, also insbesondere „das mögliche Wettbewerbsverhalten von Krka ohne die Vereinbarung“. Der streitige Beschluss leidet daher insoweit nicht unter einem Begründungsmangel.

482    Nach den rechtlichen Ausführungen oben in den Rn. 339 bis 358 beruhen die übrigen Argumente betreffend das kontrafaktische Szenario, die Servier im Rahmen des zehnten Klagegrundes vorbringt, auf einem unrichtigen Verständnis der Verpflichtung der Kommission zum Nachweis der den Wettbewerb einschränkenden Wirkungen von Vereinbarungen, die – wie die Vereinbarungen Servier/Krka – darauf abzielen, die Märkte aufzuteilen, indem der Markteintritt eines Generikums verzögert wird.

483    Die Kommission hatte nämlich nachzuweisen, dass das erstellte kontrafaktische Szenario realistisch und plausibel ist (siehe oben, Rn. 354). Da die betreffende Einschränkung des Wettbewerbs im vorliegenden Fall aber dadurch erfolgte, dass eine Quelle von potenziellem Wettbewerbsdruck beseitigt wurde, den Krka auf Servier ausgeübt hat, entsprach die Prüfung des kontrafaktischen Szenarios im Wesentlichen der Prüfung der Frage, ob es einen solchen potenziellen Wettbewerb gab, der durch die Vereinbarungen Servier/Krka beseitigt wurde (siehe oben, Rn. 355). Um festzustellen, ob sich diese Vereinbarungen, nach denen es Krka verboten war, in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich einzutreten, nachweislich auf den potenziellen Wettbewerb ausgewirkt haben, hatte die Kommission mithin zu prüfen, ob Krka ohne die Vereinbarungen über eine wirkliche und konkrete Möglichkeit verfügt hätte, in einer Frist, die geeignet war, Wettbewerbsdruck auf Servier auszuüben, in diese Märkte einzutreten, so dass die Androhung eines solchen Markteintritts als realistisch und plausibel hat angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 117 bis 120).

484    Entgegen dem Vorbringen von Servier hatte die Kommission also nicht nachzuweisen, dass Krka mit den gegen das Patent EP1296947 angestrengten Gerichtsverfahren, wenn der Vergleich Servier/Krka nicht geschlossen worden wäre, schneller oder in größerem Umfang Erfolg gehabt hätte.

485    Die im Hinblick auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang der Vereinbarungen Servier/Krka (streitiger Beschluss, Rn. 1826, 1829 und 1835 bis 1846) getroffene Feststellung der Kommission, dass Krka, weil sie über tatsächliche und konkrete Möglichkeiten verfügt habe, in die Märkte in Frankreich, in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich einzutreten, für Servier eine der unmittelbarsten Bedrohungen dargestellt habe, ist nicht zu beanstanden. Dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob Krka tatsächlich in diese Märkte eingetreten wäre, ändert nichts daran, dass sie, obwohl sie in diese Märkte eintreten wollte und in der Lage war dies zu tun, auf eine solche Möglichkeit verzichtet hat, indem sie mit Servier Vereinbarungen getroffen hat, die für beide Unternehmen Vorteile brachten.

486    Wären die Vereinbarungen Servier/Krka nicht geschlossen worden, wäre diese Möglichkeit von Krka, mit ihrem Perindopril, das Erbumin in der durch das Patent EP1296947 geschützten Kristallform Alpha enthielt, in den Markt einzutreten, nicht ausgeschaltet worden. Folglich hat die Kommission nachgewiesen, dass die Ausschaltung dieser Quelle potenziellen Wettbewerbs durch die Durchführung der Vereinbarungen Servier/Krka eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs bewirkt hat. Eine solche Ausschaltung des potenziellen Wettbewerbs stellte somit eine Wirkung dar, die weder hypothetisch noch potenziell, sondern durchaus real war und geeignet, die in Rn. 1850 des streitigen Beschlusses vorgenommene Einstufung als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs zu rechtfertigen.

487    Zu dem Vorbringen, mit dem sich Servier gegen Rn. 1831 des streitigen Beschlusses wendet, in dem es um die Maßnahmen geht, die Servier und Krka zum Zeitpunkt des Aushandelns und des Abschlusses der Vereinbarungen Servier/Krka hätten ergreifen können, um zu vermeiden, dass die Vereinbarungen zu einer Aufteilung der Märkte führen, ist festzustellen, dass die Kommission dort zu Recht lediglich festgestellt hat, dass Servier und Krka durch nichts daran gehindert gewesen seien, andere Vereinbarungen zu schließen, die nicht zu der oben in den Rn. 442 bis 473 festgestellten Aufteilung der Märkte geführt hätten. Das Vorbringen von Servier beruht also auf der unrichtigen Annahme, dass die Vereinbarungen Servier/Krka keine Aufteilung der Märkte dargestellt hätten, und ist daher zurückzuweisen.

488    Die Prüfung des zehnten Klagegrundes hat mithin keinen Fehler ergeben, der geeignet wäre, die Feststellung der Kommission in Rn. 1850 des streitigen Beschlusses zu entkräften, dass die Vereinbarungen Servier/Krka eine spürbare Einschränkung des von Krka auf Servier ausgeübten potenziellen Wettbewerbsdrucks bewirkt hätten.

489    Zu den angeblichen wettbewerbsfördernden Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka, auf die sich Servier beruft, ist festzustellen, dass diese Vereinbarung Märkte betrifft, auf die sich die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV wegen einer von der Kommission festgestellten bewirkten Einschränkung des Wettbewerbs räumlich nicht erstreckt (siehe oben, Rn. 175, 289, 452 und 454). Wettbewerbsfördernde Wirkungen der Lizenzvereinbarung Servier/Krka auf anderen Märkten als denen, auf die sich diese Zuwiderhandlung erstreckt, vermögen wettbewerbswidrige Wirkungen auf den Märkten, auf denen die Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, aber nicht zu rechtfertigen.

490    Folglich ist der zehnte Klagegrund zurückzuweisen.

491    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 480), überschneidet sich das Vorbringen von Servier im Rahmen des zweiten Teils des vierten Klagegrundes, dass der Kommission bei der Definition des kontrafaktischen Szenarios und der Ex-ante-Prüfung der Wirkungen der Vereinbarungen Servier/Krka Rechtsfehler unterlaufen seien, mit dem Vorbringen von Servier im Rahmen des zehnten Klagegrundes. Soweit er die Einstufung des Vergleichs und der Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bewirkte Einschränkung des Wettbewerbs betrifft, ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes nach den Ausführungen oben in den Rn. 480 bis 490 deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

492    Zwar hat der Gerichtshof mit dem vorliegenden Urteil gemäß Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union über bestimmte Klagegründe entschieden. Der Rechtsstreit ist insgesamt aber nicht zur Entscheidung reif. Die Sache ist daher zur Entscheidung über die Klagegründe, über die der Gerichtshof noch nicht endgültig entschieden hat, an das Gericht zurückzuverweisen.

493    Was die in Art. 4 des streitigen Beschlusses festgestellte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV angeht, hat der Gerichtshof gemäß dem Antrag der Kommission über mehrere Klagegründe entschieden, nämlich über den vierten Klagegrund, soweit er sich speziell auf den Vergleich und die Lizenzvereinbarung Servier/Krka bezieht, den ersten Teil des neunten Klagegrundes und den zehnten Klagegrund. Da der Gerichtshof diese Klagegründe endgültig zurückgewiesen hat, hat das Gericht sie nicht mehr zu prüfen.

494    Mit dem zweiten Teil des neunten Klagegrundes macht Servier jedoch geltend, dass der Kommission bei der Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs mehrere Beurteilungsfehler unterlaufen seien. Das Gericht wird diesen Klagegrund nach der Zurückverweisung zu prüfen haben.

495    Was die in Art. 6 des streitigen Beschlusses in Bezug auf Servier festgestellte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV angeht, wird das Gericht – unter Berücksichtigung der Ausführungen oben in den Rn. 380 bis 390, mit denen der Gerichtshof dem achten Rechtsmittelgrund betreffend die Definition des Marktes für Perindopril und damit auch dem elften Rechtsmittelgrund stattgegeben hat – über den 14., den 15., den 16. und den 17. Klagegrund, die diese Zuwiderhandlung betreffen, und über die hilfsweise geltend gemachten Klagegründe, soweit sie sich auf die Berechnung der wegen dieser Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße beziehen, zu entscheiden haben.

496    Nach alledem ist die Sache zur Entscheidung über den zweiten Teil des neunten Klagegrundes (Einstufung der Übertragungs- und Lizenzvereinbarung Servier/Krka als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 AEUV), den 14., den 15., den 16. und den 17. Klagegrund (Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV) und die hilfsweise geltend gemachten Klagegründe, soweit sie sich auf die Berechnung der wegen der Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV verhängten Geldbuße beziehen, an das Gericht zurückzuverweisen.

 Kosten

497    Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission (T691/14, EU:T:2018:922), werden aufgehoben.

2.      Die Sache wird zur Entscheidung über den zweiten Teil des neunten Klagegrundes betreffend die Einstufung der am 5. Januar 2007 zwischen der Les Laboratoires Servier Ltd und der KRKA, tovarna zdravil, d.d. geschlossenen Übertragungs- und Lizenzvereinbarung als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, über den 14., den 15., den 16. und den 17. Klagegrund betreffend die in Art. 6 des Beschlusses C(2014) 4955 final der Kommission vom 9. Juli 2014 in einem Verfahren zur Anwendung der Artikel 101 [AEUV] und 102 [AEUV] (Sache AT.39612 – Perindopril [Servier]) festgestellte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und über die hilfsweise geltend gemachten Klagegründe, soweit sie sich auf die Berechnung der wegen dieser Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße beziehen, an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.      Die Entscheidung über die Kosten bleibt vorbehalten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.

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